Zwei Spieltage sind absolviert in der 2. Bundesliga. Einige Experten dürften sich aufgrund der bisherigen Spielausgänge verschaukelt fühlen. Das hatten sich viele Topklubs der 2. Bundesliga ganz anders vorgestellt – doch das deutsche Unterhaus zeigt schon jetzt sein verrücktes Gesicht. Nach nur zwei Spieltagen ist klar: Vorhersagen lassen sich in dieser Liga so gut wie gar nicht treffen. Zwar ist die Tabelle in dieser Frühphase der Saison noch nicht aussagekräftig, erste Tendenzen lassen sich aber durchaus erkennen. Einige vor der Saison hoch gehandelte Mannschaften tun sich erstaunlich schwer, während andere, nicht so hoch gehandelte Teams wiederum noch ungeschlagen sind. Kennet Eichhorn: Hertha BSC setzt jüngsten Spieler der Ligageschichte ein Polizei-Großeinsatz: 500 Fußballfans liefern sich Massenschlägerei Vor der Saison wurden von vielen Experten immer wieder sechs Klubs genannt, die den Aufstieg unter sich ausmachen dürften: die Absteiger VfL Bochum und Holstein Kiel sowie die mittlerweile etablierten Zweitligisten Hertha BSC, Hannover 96 , Fortuna Düsseldorf und der 1. FC Kaiserslautern . Doch zu überzeugen wusste aus diesem Sextett bisher nur ein Team. Vier Klubs feiern Sechs-Punkte-Start Die Rede ist von Hannover 96. Bei den Niedersachsen läuft es nach dem Riesenumbruch mit 16 Neuzugängen erstaunlich gut, die Mannschaft von Neu-Trainer Christian Titz hinterlässt den bisher wohl besten Eindruck der Liga. Das belegen zwei Zu-Null-Siege gegen die vermeintlichen Mit-Aufstiegskandidaten Kaiserslautern (1:0) und Düsseldorf (2:0). Neben Aufsteiger Arminia Bielefeld haben sonst nur Darmstadt 98 und Eintracht Braunschweig die Maximalausbeute von sechs Punkten erreicht. Wer hätte das gedacht? Die Arminia reitet die Erfolgswelle mit dem Drittligaaufstieg und dem DFB-Pokalfinale einfach weiter, Braunschweig startet nach einer dürftigen Saison mit glücklichem Klassenerhalt in der Relegation überraschend gut, und Darmstadt profitiert davon, keinen allzu großen Umbruch im Kader gehabt zu haben. In der zweiten Hälfte der noch wenig aussagekräftigen Tabelle tummeln sich hingegen die vermeintlichen Aufstiegskandidaten. Ihr Start in die neue Spielzeit – alles andere als souverän. 1. FC Kaiserslautern Der 1. FC Kaiserslautern hat einen kompletten Fehlstart gerade noch abgewendet. Nach der enttäuschenden 0:1-Niederlage in Hannover rang der FCK den FC Schalke 04 mit 1:0 nieder. Der Treffer fiel nach einem individuellen Fehler von Schalkes Ron Schallenberg, der Lautern-Spieler Daniel Hanslik im Sechzehner ein Bein stellte. Marlon Ritter verwandelte den fälligen Strafstoß sicher. Bis zum Elfmeter in der 55. Minute sah es allerdings nicht so aus, als würde Lautern das Traditionsduell auf dem Betzenberg gewinnen. Auch am ersten Spieltag war die Leistung der "Roten Teufel" eher dürftig, in Hannover hatte Kaiserslautern nicht eine nennenswerte Torchance. Umso erleichterter dürfte Trainer Torsten Lieberknecht nach dem ersten Dreier der Saison sein. VfL Bochum Ähnlich erleichtert wie Lieberknecht dürfte Dieter Hecking , Trainer des VfL Bochum, nach dem zweiten Spieltag sein. Als Absteiger möchte der VfL oben mitspielen und im Optimalfall direkt wieder aufsteigen. Dann setzte es am ersten Spieltag allerdings eine heftige 1:4-Pleite bei Darmstadt 98. Nach der enttäuschenden Vorsaison mit dem aussichtslosen Abstieg ging es also direkt wieder mit einer Niederlage los. Auch gegen die SV Elversberg tat sich Bochum schwer, obwohl die Saarländer nach der frühen Gelb-Roten-Karte gegen Jan Gyamerah (5.) über 85 Minuten in Unterzahl spielten. Als Dosenöffner musste ein Pingpong-Tor von Ibrahima Sissoko nach einer Ecke her, am Ende gewann der VfL mit 2:0 und kam mit einem blauen Auge davon. Schließlich sind drei Punkte nach zwei Spielen akzeptabel. Hertha BSC Ausgeglichener Kader mit Bundesliga-Erfahrung sowie vielversprechenden jungen Spielern und das angeblich beste Sturmduo der Liga – für nahezu jeden Zweitligaexperten war Hertha BSC vor der Saison der Top-Favorit auf den Aufstieg. Und nicht nur von den Experten, auch die Verantwortlichen selbst betonten offensiv, dass der Bundesliga-Aufstieg das klare Ziel sei. So auch Topstar Fabian Reese, der mehrfach von diesem Ziel sprach. Nach der 1:2-Auftaktniederlage auf Schalke spielte die Hertha zu Hause gegen den KSC 0:0 unentschieden – und das war eher glücklich, die bessere Mannschaft waren die Karlsruher. Das belegt der xG-Wert (expected goals, auf Deutsch: erwartete Tore). Während der Wert der Hauptstädter mit 0,66 noch deutlich unter 1 lag, hatten die Badener einen xG-Wert von 1,4. Insofern hätten sich die Berliner nicht beschweren dürfen, wenn das Spiel verloren gegangen wäre, erspielten sie sich im Laufe der Partie doch nicht eine Großchance. Am vielversprechendsten war noch ein Lattenschuss aus der Distanz von Maurice Krattenmacher. Bei der Hertha ist also noch ordentlich Sand im Getriebe. "Wir können nicht zufrieden sein mit den ersten beiden Spielen", sagte Sportdirektor Benjamin Weber, während Cheftrainer Stefan Leitl um Geduld warb: "Wir haben einen Punkt geholt. Lasst die Kirche im Dorf und malt nicht zu schwarz, wir haben noch 32 Spieltage." Stimmt, doch an denen wird sich die Hertha mächtig steigern müssen. Holstein Kiel Null Punkte, 1:4 Tore – so stellt sich ein Absteiger den Start in die neue Liga mal gar nicht vor. Auf eine unglückliche 1:2-Last-Minute-Niederlage beim SC Paderborn folgte für Holstein Kiel eine verdiente 0:2-Heimpleite gegen Aufsteiger Bielefeld. Auch die "Störche" galten für viele als ein Aufstiegskandidat, weil ein Großteil des Kaders aus der Bundesliga gehalten werden konnte. Doch abgeschlossen ist die Kaderplanung beim KSV noch lange nicht. Armin Gigović, bisher einziger Holstein-Torschütze in dieser Saison, stand gegen die Arminia nicht im Kader, weil er für Gespräche mit anderen Klubs freigestellt wurde. Kiels Trainer Marcel Rapp sagte auf der Pressekonferenz nach der jüngsten Pleite: "Es macht keinen Sinn, auf die Tabelle zu gucken. Es geht darum, auf die Leistung zu gucken." Diese habe von seinem Team in der zweiten Halbzeit gestimmt. Doch eine gute Halbzeit reicht in der zweiten Liga meist nicht, seine Mannschaft lag da schon mit 0:2 hinten. Fortuna Düsseldorf Nach dem Spiel gegen Hannover 96 (0:2) verwunderte Fortuna-Trainer Daniel Thioune etwas mit seiner Einschätzung: "Ich hatte nicht den Eindruck, dass der Gegner uns kontrolliert hat, sondern beide Mannschaften das Spiel kontrolliert haben." Die Niedersachsen wirkten jedoch über die komplette Spielzeit gefährlicher, während die Fortuna mit einem Kopfball nach einer Ecke von Jamil Siebert nur einmal wirklich für Gefahr sorgte. Auf das Auftakt-1:5 in Bielefeld folgte also der nächste Nackenschlag. Mehrfach betonte Thioune bereits, dass er sich für seinen Kader noch einen Stürmer wünschen würde. Auch von dem dürfte Düsseldorfs Erfolg in den nächsten Wochen abhängen. Nach den ersten Spieltagen wird die Tabelle nun erst einmal eingefroren, weil die Teams im DFB-Pokal gefordert sind. Weiter geht es am übernächsten Wochenende – und da stehen einige Favoriten schon mächtig unter Druck.