Der Discounter-Riese Aldi Nord löst sich mit zwei Personalien weiter aus der Kontrolle der Familie Albrecht. Damit wachsen die Chancen auf eine Fusion mit Aldi Süd. Aldi Nord hat den früheren Lidl-Chef Sven Seidel in den Aufsichtsrat geholt. Wie die "Lebensmittelzeitung" berichtet, zieht Seidel gemeinsam mit Puma-Chef Arthur Hoeld in das Kontrollgremium des Discounters ein. Damit erweitert Aldi Nord den Aufsichtsrat auf acht Mitglieder. Der Schritt ist Teil einer größeren Reform, die zu einer Fusion mit Aldi Süd führen könnte. Seidel bringt langjährige Erfahrung im Discountgeschäft mit. Nach seiner Zeit als Unternehmensberater bei Porsche Consulting stieg er 2009 in die Schwarz-Gruppe ein und wurde 2014 Lidl-CEO. Dort modernisierte er die Kette, verschlankte die Führungsstrukturen und leitete den Umbau der Filialen ein. Unter seiner Leitung testete Lidl den Einstieg in den Onlinehandel – ein Bruch mit dem bisherigen Kurs. Digitalisierung : Umstrittene Neuerung bei Aldi Süd – alle Filialen betroffen Milliardäre : Essener Familie gehört zu den zehn reichsten Deutschen Nach drei Jahren musste Seidel das Unternehmen wegen strategischer Differenzen verlassen, wie Reuters damals berichtete. Kurze Zeit arbeitete er im Vorstand der Otto Group, 2019 übernahm er dann die Leitung des Pharmagroßhändlers Phoenix Group . Neues Kontrollgremium mit Symbolwirkung Der Aufsichtsrat von Aldi Nord ist erst 2023 eingeführt worden – ein historischer Schritt in der Geschichte des Familienunternehmens. Die Entscheidung fiel, nachdem Aldi Nord im Geschäftsjahr 2022/23 erstmals operativ rote Zahlen geschrieben hatte. Das neue Kontrollgremium soll dazu beitragen, das Unternehmen stabiler und strategisch schlagkräftiger zu machen. Neben vier Vertretern der beiden Familienstämme Theo und Berthold Albrecht sitzen dort nun auch vier externe Manager. Außer Seidel und Hoeld gehören auch Weleda-Chefin Tina Müller und Ex-McKinsey-Manager Frank Mattern dazu. Gemeinsam sollen sie die Arbeit des künftigen Vorstands begleiten: Zum Jahreswechsel übernimmt Nicolas de Lope den Posten des CEO von Torsten Hufnagel. Gespräche über eine mögliche Fusion Parallel zu diesen Reformen laufen laut "Wirtschaftswoche" Gespräche über eine mögliche Wiedervereinigung von Aldi Nord und Aldi Süd. Demnach prüfen die Eigentümerfamilien eine gemeinsame Holdingstruktur, um IT, Einkauf und Logistik zu bündeln. Eine Fusion wäre der größte Einschnitt in der Unternehmensgeschichte seit der Teilung der beiden Aldis in den 1960er-Jahren. Noch gilt ein Zusammenschluss als offen, doch die neue Führungsstruktur bei Aldi Nord schafft die organisatorische Grundlage dafür. Seit der Trennung der Brüder Karl und Theo Albrecht ist Deutschland klar aufgeteilt: Der Norden, Westen und Osten gehören zu Aldi Nord, der Süden mit Bayern und Baden-Württemberg zu Aldi Süd. Auch international agieren beide Unternehmen strikt getrennt. Aldi Nord ist in Nord- und Osteuropa sowie in den USA aktiv, wo es die Kette Trader Joe’s betreibt. Aldi Süd hingegen konzentriert sich auf Süd- und Westeuropa, Australien , China und weite Teile Amerikas. Auf dem US-Markt trennt die beiden Unternehmen dabei keine geografische Linie, sondern gänzlich unterschiedliche Strategien. Aldi Süd betreibt mehr als 2.500 klassische Discounterfilialen, während Trader Joe’s nur rund 500 Märkte führt. Die Kette setzt jedoch jährlich 15 Milliarden Dollar um und gilt mit ihrem besonderen Konzept aus Eigenmarken und kuratiertem Sortiment als eines der erfolgreichsten Einzelhandelsformate des Landes. Aldi Nord selbst betreibt jedoch keine Filialen in den USA.