Anno 117: Pax Romana im Test – Römischer Städtebau begeistert

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Die beliebte "Anno"-Reihe wagt den Sprung ins Römische Reich. Ob der Städtebau in der Antike Fans und Neulinge begeistert, zeigt unser Test. Nach sechs Jahren Wartezeit kehrt die "Anno"-Reihe zurück – und wagt dabei den größten Zeitsprung der Seriengeschichte. "Anno 117: Pax Romana" versetzt Spieler ins Jahr 117 nach Christus, mitten in die sogenannte Pax Romana – jene Epoche des römischen Friedens, in der das Imperium seine größte Ausdehnung erreichte und Handel sowie Kultur eine beispiellose Blütezeit erlebten. Als frisch ernannter Statthalter gilt es, Provinzen aufzubauen, Handelsketten zu meistern und das Imperium zu formen. Entwickler Ubisoft Mainz verspricht nicht nur ein neues Setting, sondern auch frische Mechaniken wie das Romanisierungs-System, einen Forschungsbaum und erstmals seit langer Zeit wieder Landkämpfe. Die Ausgangslage klingt vielversprechend: "Anno 1800" gilt als einer der besten Teile der Serie und wurde über Jahre mit Erweiterungen unterstützt. Kann der Nachfolger an diesen Erfolg anknüpfen? Story: Kampagne mit dünnem roten Faden "Anno 117: Pax Romana" bietet erstmals in der Seriengeschichte die Wahl zwischen zwei Hauptcharakteren. Als Marcus, einem von Selbstzweifeln geplagten Statthalter, oder als Marcia, die in politische Intrigen verwickelt wird, durchlaufen Spieler eine Story-Kampagne mit sechs bis 18 Stunden Spielzeit. Die Handlung ist allerdings eher schmückendes Beiwerk als treibende Kraft. Die Story dient vor allem dazu, Spielmechaniken schrittweise einzuführen und verschiedene Regionen zu erkunden. Wer ein tiefgründiges narratives Erlebnis erwartet, wird enttäuscht. Die Dialoge und Zwischensequenzen wirken stellenweise konstruiert und reißen einen aus dem eigentlichen Spielgeschehen – dem Städtebau – heraus. Immerhin: Die Kampagne erfüllt ihren Zweck als Tutorial und führt Einsteiger behutsam an die komplexen Systeme heran. Wer bereits "Anno"-Erfahrung hat, wird aber schneller im freien Endlos-Modus glücklich. Dieser erlaubt es Spielern auch, gemeinsam mit Freunden im Koop- oder im Wettkampfmodus zu spielen. Gameplay: Komplexität trifft auf Zugänglichkeit Das Herzstück von "Anno 117: Pax Romana" ist der Aufbau florierender Städte. Das Spielprinzip folgt dabei bewährten Mustern: Straßen anlegen, Wohnhäuser bauen, Produktionsketten etablieren und die Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllen. Je zufriedener die Bewohner, desto mehr steigen sie in höhere Bevölkerungsschichten auf und desto anspruchsvoller werden ihre Wünsche. Das Spielprinzip klingt simpel, entpuppt sich jedoch schnell als vielschichtiges Puzzle. Jede Ware durchläuft mehrere Produktionsschritte: Für Brot braucht man Getreide vom Feld, eine Mühle zum Mahlen und eine Bäckerei für die Fertigstellung. Hinzu kommen Transportwege, Lagerkapazitäten und die strategisch kluge Platzierung von Gebäuden. Manche Produktionen stinken – wie Schweinefarmen – oder bergen ein gewisses Brandrisiko und sollten fernab von Wohngebieten errichtet werden. Andere Elemente wie Lavendelfelder verschönern die Umgebung oder steigern die Produktion oder den Ertrag der umliegenden Gebäude. Richtig komplex wird es zum Beispiel, wenn die Insel, auf der wir unsere Siedlung errichtet haben, nicht fruchtbar genug ist, um dort die für die Wurstproduktion nötigen Kräuter zu züchten. Dazu müssen wir zunächst ein Schiff aussenden und uns auf einer anderen Insel niederlassen, nur um dort komplett von vorn anzufangen (Holz, Wohnhäuser, Ziegel, Brot etc.), damit wir am Ende endlich die Kräuter für die Wurst ernten und auf den anderen von uns geführten Inseln verwenden können und die Produktionskette aufrechterhalten. Zwei Provinzen, zwei Welten Erstmals in der "Anno"-Geschichte können Spieler ihre Startprovinz wählen. Latium, das römische Herzland, präsentiert sich mit mediterranem Flair: Lavendelfelder, azurblaue Gewässer und sonnige Landschaften. Hier lässt sich entspannt bauen und wirtschaften. Albion hingegen, die keltischen Feuchtgebiete im heutigen Britannien, fordert deutlich mehr strategisches Geschick. Nebelverhangene Sümpfe, karge Landschaften und begrenzter Bauraum machen jeden Quadratmeter wertvoll. Die düstere Atmosphäre bietet einen spannenden Kontrast zu Latium und zwingt zum Umdenken. Das ist eine willkommene Abwechslung, die auch optisch überzeugt. Eine zentrale Neuerung ist das Romanisierungs-System, das in Albion zum Tragen kommt. Als römischer Statthalter können Spieler entscheiden, ob sie lokale keltische Traditionen respektieren oder römische Werte durchsetzen wollen. Beide Wege haben Vor- und Nachteile und beeinflussen, welche Gebäude, Waren und Bevölkerungsschichten verfügbar sind. Dadurch bietet das System interessante Entscheidungsmöglichkeiten und einen Wiederspielwert, da verschiedene Ansätze unterschiedliche Strategien erfordern. Forschung und Religion: Strategie mit Weitsicht Eine wichtige Neuerung in "Anno 117" ist der Forschungsbaum mit drei Hauptzweigen: Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Militär. Um Entdeckungen freizuschalten, müssen Spieler Wissen durch den Bau spezieller Gebäude wie Schulen oder Theater generieren. Die Entscheidung, welche Technologien priorisiert werden, kommt verschiedenen Spielstilen durch passende Boni zugute, erfordert jedoch jede Menge Weitsicht und strategische Planung. Ähnlich verhält es sich mit dem Religionssystem. Auf jeder Insel kann eine Gottheit verehrt werden, die spezifische Bonusattribute gewährt. Wird dieselbe Gottheit auf mehreren Inseln angebetet, schalten sich zusätzliche globale Vorteile frei. Je nach Spielphase und Strategie gilt es, die passende Gottheit klug zu wählen. Beide Systeme fügen der bewährten Anno-Formel interessante Ebenen hinzu, ohne überladen zu wirken. Grafik: Antike Pracht im Detail Optisch macht "Anno 117: Pax Romana" eine hervorragende Figur. Die Spielwelt wirkt lebendig und authentisch, von den imposanten römischen Aquädukten bis zu den bescheidenen keltischen Rundhäusern. Besonders beeindruckend ist die Liebe zum Detail: Architektur, Kleidung und Sprache der verschiedenen Kulturen wurden sorgfältig recherchiert und umgesetzt. Die Atmosphäre ist stimmig – sei es in den sonnendurchfluteten Landschaften Latiums oder den nebelverhangenen Sümpfen Albions. Die Licht- und Nebeleffekte tragen erheblich zum Eintauchen in die Spielwelt bei. Wer heranzoomt, entdeckt eine Welt voller Leben: Fleißige Arbeiter liefern ihre Waren aus, kleine Kinder jagen durch die Gassen, schaulustige Bürger strömen ins Amphitheater. Diese kleinen Alltagsszenen verleihen den Städten eine besondere Lebendigkeit und motivieren dazu, nicht nur funktionale, sondern auch ästhetisch ansprechende Metropolen zu erschaffen. Fazit: Suchtfaktor Römisches Reich Mit "Anno 117: Pax Romana" ist Ubisoft Mainz ein starkes Comeback gelungen. Das Spiel vereint bewährte Mechaniken der Spielreihe mit frischen Ideen und einem faszinierenden Setting. Die Detailverliebtheit, die atmosphärische Grafik und das ausgeklügelte System aus verzahnten Handelsketten machen so süchtig (im positiven Sinne), dass man die Zeit völlig vergisst. Ständig kam während des Tests die Meldung: "Zwei Stunden sind um, mein Herr – wie wäre es mit einer Erfrischung?" Also nur noch schnell ein Gebäude bauen, doch plötzlich sind wieder zwei Stunden vorbei. Je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad kommen sowohl Genre-Neulinge als auch Veteranen auf ihre Kosten. Einziger Kritikpunkt: Einsteiger ohne "Anno"-Erfahrung könnten sich von der Komplexität anfangs überfordert fühlen. Zwar gibt es eine Kampagne als Tutorial und einen Berater mit vielen wichtigen Tipps, doch einige Mechaniken werden nicht ausreichend erklärt. Hier hätten ein paar zusätzliche Hinweise geholfen. Wer sich auf die Lernkurve einlässt, bekommt mit "Anno 117: Pax Romana" ein hervorragendes Spiel. Das römische Setting fühlt sich frisch an, auch wenn die Spielmechaniken "Anno 1800"-Fans vertraut vorkommen werden. Die Mischung aus Bekanntem und Neuem funktioniert bestens, und das hohe Suchtpotenzial ist garantiert. "Anno 117: Pax Romana" erscheint am 13. November für Playstation 5, Xbox Series X|S und PC. Das Spiel hat eine Altersfreigabe der USK ab 12 Jahren.
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