Ein Messroboter verschwand unter dem Eis der Antarktis. Neun Monate später tauchte er wieder auf – mit Daten, die Forschern Sorgen bereiten. Ein autonomer Ozeanroboter ist in der Antarktis nach neunmonatigem Verschwinden unter dem Eis wieder aufgetaucht. Das Gerät hat nach Angaben der australischen Forschungsorganisation CSIRO während dieser Zeit fast 200 Temperatur- und Salzgehaltsprofile aus bislang unerforschten Regionen gesammelt. Die Wissenschaftler hatten den sogenannten Argo-Float im Jahr 2020 in der Nähe des Totten-Gletschers in der Ostantarktis ausgesetzt. Der Roboter sollte messen, wie viel Ozeanwärme den sich rasch verändernden Gletscher erreicht. NASA-Mission: Neuer Satellit verfolgt Bewegung der Erdoberfläche Raumfahrt: Klimasatellit der Nasa gestartet Doch starke Gezeitenströmungen ließen die frei treibende Messboje weiter nach Süden abdriften, bis sie schließlich unter das Denman-Eisschelf gelangte – eine massive Eisplatte, die auf dem Meer schwimmt und mit dem Gletscher an Land verbunden ist. "Wir rechneten nicht mehr damit, das Instrument jemals wiederzusehen", erklärten die Forscher laut einem Beitrag auf der Wissenschaftsplattform "The Conversation". Einzigartige Messungen unter dem Eis Der Roboter verbrachte insgesamt zweieinhalb Jahre in den abgelegenen Gewässern der Antarktis. In dieser Zeit driftete er neun Monate lang unter den Eisschilden von Denman und Shackleton umher, wo er alle fünf Tage Profile vom Meeresboden bis zur Eisbasis sammelte. Die nun in der Fachzeitschrift "Science Advances" veröffentlichte Analyse zeige laut CSIRO erstmals einen ozeanografischen Querschnitt unter einem ostantarktischen Eisschild. Eine besondere Herausforderung stellte die fehlende GPS-Position dar. Da das Eis den Roboter daran hinderte, an die Meeresoberfläche zu gelangen, konnte er nicht mit Satelliten kommunizieren. "Wir mussten Detektivarbeit leisten", sagte der Ozeanograf Steve Rintoul von CSIRO. Die Forscher rekonstruierten die Route, indem sie die vom Roboter gemessenen Eistiefen mit Satellitendaten abglichen. Jedes Mal, wenn das Gerät gegen die Eisdecke stieß, zeichnete es die Tiefe der Eisunterkante auf – diese Werte ließen sich später bestimmten Positionen zuordnen. Denman-Gletscher in kritischem Zustand Die Ergebnisse offenbaren ein differenziertes Bild der Lage und zeigen, wie unterschiedlich gefährdet die Eisschelfe sind. Eisschelfe wirken wie natürliche Barrieren, die den Abfluss der Gletscher ins Meer bremsen. Wird das Eis von unten durch warmes Meerwasser geschmolzen, verlieren sie ihre stabilisierende Wirkung. Die Messungen des Roboters zeigen: Der nördliche Shackleton-Eisschelf ist derzeit noch geschützt, denn kein warmes Wasser erreicht seine Unterseite. Beim Denman-Gletscher sieht es anders aus. Dort fließt warmes Wasser unter den Eisschelf und treibt das Abschmelzen voran. Der Denman-Gletscher befinde sich in einem fragilen Gleichgewichtszustand, heißt es in dem Gastbeitrag auf "The Conversation". Würde mehr warmes Wasser unter das Eisschelf gelangen, könnte das eine noch stärkere Schmelze auslösen. Gletscher bedrohen den Meeresspiegel weltweit Der Denman-Gletscher allein enthält nach Angaben der Forscher so viel Eis, dass sein vollständiges Abschmelzen den weltweiten Meeresspiegel um 1,5 Meter anheben würde. Zusammen mit dem Totten-Gletscher, der 3,5 Meter zum globalen Meeresspiegelanstieg beitragen könnte, halten diese beiden Gletscher Eis, das einem Anstieg von insgesamt fünf Metern entspreche. Steve Rintoul betonte laut CSIRO, dass die Float-Messungen nun verwendet würden, um Computermodelle zu verbessern und die Unsicherheit bei Projektionen des zukünftigen Meeresspiegelanstiegs zu reduzieren. Die Wissenschaftler planen, weitere Messsonden in entlegenen Regionen einzusetzen, um präzisere Klimamodelle zu entwickeln.