Die betriebliche Altersvorsorge bleibt bisher oft ein Privileg der Beschäftigten von großen Firmen. Ein neues Gesetz von Arbeitsministerin Bas soll das ändern. Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) gilt als eine tragende Säule der deutschen Rentenpolitik . Doch bislang profitieren vor allem Beschäftigte großer, tarifgebundener Unternehmen davon. Rund die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat aktuell eine Anwartschaft – bei kleinen Betrieben, Teilzeitkräften oder Geringverdienenden sieht es hingegen oft düster aus. Das soll sich nun ändern. Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem sie die Verbreitung der Betriebsrente deutlich erhöhen will. Ziel sei es, dass die Betriebsrente "ein selbstverständlicher Teil der Alterssicherung" werde, sagte Bas der "Süddeutschen Zeitung". Der Entwurf wurde am Dienstag zur Ressortabstimmung an die anderen Ministerien verschickt. Das steckt im "Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetz" Der Gesetzentwurf sieht unter anderem folgende Änderungen vor: Erleichterungen für kleine Betriebe: Arbeitgeber sollen künftig auch ohne Tarifvertrag, etwa über eine Betriebsvereinbarung, eine Betriebsrente anbieten können. Damit wird das bisherige Sozialpartnermodell geöffnet, in dem Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften betriebliche Altersversorgung vereinbaren können. Einfacher Einstieg mit Opting-out: Beschäftigte sollen automatisch in Betriebsrenten einbezogen werden, können aber widersprechen. Solche Opting-out-Modelle gelten als effektiv, um die Beteiligung zu erhöhen. Flexiblere Kapitalanlage: Pensionskassen sollen risikoreicher investieren dürfen, um höhere Renditen zu erzielen. Der Arbeitgeber bleibt aber weiterhin in der Pflicht, für zugesagte Leistungen einzustehen. Lesen Sie hier, wie der Klassiker der Betriebsrenten aktuell funktioniert. Mehr steuerliche Förderung: Die Einkommensgrenzen für Förderungen sollen dynamisiert und jährlich erhöht werden. Bislang entfällt die Förderung, sobald das Einkommen steigt. Mehr Geld vom Staat: Ab 2027 sollen jährlich rund 150 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt werden, um die Reform zu finanzieren. "Damit wollen wir besonders Betriebsrenten auf tarifvertraglicher Basis weiter stärken, denn diese sind effektiv, kostengünstig und sicher", sagte Bas der SZ. Auch Teilzeitkräfte sollen künftig stärker profitieren. Große Lücken bei kleinen Einkommen Tatsächlich ist die betriebliche Altersvorsorge bislang eine Frage des Arbeitsplatzes und damit der sozialen Gerechtigkeit. Während in großen Firmen mit Tarifbindung die bAV fast selbstverständlich ist, sind es gerade Beschäftigte kleinerer Betriebe, die kaum Angebote erhalten. Laut Gesetzentwurf haben derzeit 18,1 Millionen Beschäftigte eine aktive Anwartschaft. Das entspricht 52 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die Quote ist damit zuletzt sogar leicht gesunken. Lesen Sie auch: Diese Optionen gibt es bei der betrieblichen Altersvorsorge Diese Lücke ist politisch brisant. Denn mit dem Renteneintritt der Babyboomer-Generation steht das deutsche Alterssicherungssystem unter Druck. Die betriebliche Rente soll die gesetzliche Rente abfedern. Dies funktioniert bislang nur begrenzt. Warum die zweite Säule schwächelt Bereits 2001 wurde das deutsche Rentensystem auf drei Säulen umgestellt: gesetzliche, betriebliche und private Vorsorge. Doch die Realität hinkt dem Anspruch hinterher. Mehr als jeder Dritte verfügte im Jahr 2023 laut einer Umfrage unter sozialversicherungspflichtig Beschäftigten über gar keine zusätzliche Altersvorsorge, weder betrieblich noch privat. Die Gründe sind vielfältig: Viele halten die Produkte für unrentabel, andere können sich das Sparen schlicht nicht leisten. Besonders betroffen sind jüngere Menschen, Teilzeitkräfte, Familien mit mehreren Kindern sowie Personen mit Migrationshintergrund. Auch die Verteilung der Verantwortung führt zu Stillstand: Während viele Arbeitnehmer angeben, vom Arbeitgeber kein Angebot zu bekommen, berichten zwei Drittel der Unternehmen, dass die Beschäftigten nicht nachfragen. Die Deutsche Rentenversicherung warnt daher vor Versorgungslücken im Alter. Die Zukunft: Betriebsrente als Standard? Mit dem neuen Gesetz wollen Union und SPD endlich den Durchbruch schaffen. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz hat die Koalition als vorrangiges Vorhaben eingestuft. Die Verabschiedung im Bundeskabinett ist für September geplant, noch in diesem Jahr soll das Gesetz im Bundestag beschlossen werden.