Bitcoin rutscht weiter ab. Gerade jetzt, wo immer mehr Deutsche auf die Kryptowährung setzen. Doch was steckt wirklich hinter der Marktschwäche? Nach mehreren Tagen stabiler Seitwärtsbewegung oberhalb von 91.500 US-Dollar schien der Bitcoin-Markt eine gewisse Widerstandskraft aufgebaut zu haben. Doch die Ruhe täuschte: In der Nacht von Sonntag auf Montag verlor Bitcoin innerhalb von drei Stunden fast fünf Prozent an Wert, zeitweise sogar acht Prozent, und rutschte damit unter die Marke von 84.000 Dollar (rund 72.375 Euro). Allein im November büßte Bitcoin mehr als 18.000 Dollar ein. Das ist der stärkste Einbruch seit Mai 2021, als eine Reihe führender Digitalwährungen massiv unter Druck geriet. Die erneute Schwächephase wirft jedoch nicht nur Fragen zur kurzfristigen Marktstabilität auf. Sie trifft auf eine Zeit, in der immer mehr Deutsche Kryptowährungen als Baustein ihrer Altersvorsorge entdecken. Steht Bitcoin also wirklich vor dem nächsten Abwärtsrutsch – und wie lange hält die "bärische" Stimmung an den Kryptomärkten noch an? Warum der Yen-Carry-Trade die Kryptomärkte erschüttert Ein entscheidender Auslöser der aktuellen Schwächephase ist der sich beschleunigende Abbau des sogenannten Yen-Carry-Trades. Dabei handelt es sich um eine sehr verbreitete Strategie, bei der Investoren sich zu besonders niedrigen Zinsen in den japanischen Yen verschulden, um das geliehene Geld anschließend in höher verzinste Anlageformen weltweit zu investieren. Johanna Belitz, Expertin beim Krypto-Emittenten Valour, erklärt, dass genau dieser Mechanismus derzeit ins Wanken gerät. Grund sind die wachsenden Erwartungen an steigende Leitzinsen in Japan. Anleger haben bereits begonnen, US-Staatsanleihen in großem Stil abzustoßen – unter anderem deshalb, weil Japan der größte ausländische Halter dieser Papiere ist. Auslöser der Nervosität waren Äußerungen von Kazuo Ueda, dem Gouverneur der japanischen Notenbank. Er betonte, die Bedingungen für eine Zinserhöhung verbesserten sich und die Bank of Japan werde bei ihrer nächsten Sitzung die "Vor- und Nachteile" abwägen. Tom di Galoma von Mischler Financial formulierte es so: Für japanische Investoren gebe es aktuell "kaum einen Grund, US-Anleihen zu halten". Ein Blick auf die Zinsen verrät es: So gesund ist die Weltwirtschaft Rekordquartal mit Signalwirkung: Nvidia überstrahlt alles: Zu schön, um wahr zu sein? Diese sich abzeichnende geldpolitische Wende stärkte den Yen deutlich, während die Renditen japanischer Staatsanleihen im November 2025 kräftig anzogen. Das hat Folgen: Investoren müssen ihre auf Yen-Basis aufgenommenen Kredite zurückführen und ziehen Geld aus riskanteren Anlagen ab. Dazu zählen traditionell auch Kryptowährungen. Die Reaktion der Märkte fiel entsprechend heftig aus: Innerhalb von 24 Stunden wurden Krypto-Positionen im Wert von über 646 Millionen US-Dollar liquidiert, allein 185 Millionen Dollar davon entfielen auf Bitcoin. Wie tief kann der Rücksetzer gehen? Trotz der aktuellen Verluste erwartet Simon Peters, Krypto-Analyst bei eToro, keinen längerfristigen Abwärtstrend. Seine Einschätzung: Die Märkte hätten zuletzt wieder an Schwung zugelegt – unter anderem wegen der wachsenden Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung durch die US-Notenbank Fed im Dezember. "Händler und Investoren gehen inzwischen mit einer Wahrscheinlichkeit von über 85 Prozent davon aus, dass die Fed am 10. Dezember den Leitzins um 25 Basispunkte senken wird", sagt Peters. Darüber hinaus reagierten die Märkte laut Peters auf angebliche "Leaks", wonach Kevin Hassett, derzeit Direktor des National Economic Council, als Favorit für den nächsten Vorsitz der Fed gilt. Hassett gilt als Trump-nah und Befürworter einer lockereren Geldpolitik. Die Amtszeit des aktuellen Fed-Chefs Jerome Powell endet im Mai kommenden Jahres. Powell hatte sich bislang gegen den Druck von Präsident Trump gestellt, die Zinsen früher und stärker zu senken. Niedrigere Leitzinsen würden Kredite verbilligen und damit mehr Kapital für Risikoinvestitionen freisetzen – ein Umfeld, das Bitcoin und anderen Kryptowährungen in der Regel zugutekommt, so Peters. Signal der Bodenbildung: ETF-Ströme stabilisieren sich Ein weiteres Signal für nachlassenden Verkaufsdruck liefert der Blick auf die Bitcoin-Spot-ETFs. Diese börsengehandelten Fonds kaufen und halten echte Bitcoins und gelten für viele institutionelle Anleger als zentraler Zugang zum Markt. "Zuflüsse und Abflüsse in die bzw. aus den Bitcoin-Spot-ETFs haben sich vergangene Woche ebenfalls stabilisiert", sagt Peters. Die Nettozuflüsse beliefen sich auf 70,2 Millionen US-Dollar – aus seiner Sicht ein Zeichen, dass das Schlimmste der Korrektur, "wenn nicht sogar die Korrektur selbst", möglicherweise bereits überstanden sei. Auch Johanna Belitz schätzt den Markt kurzfristig zwar weiterhin anfällig ein, blickt aber optimistisch auf das kommende Jahr. Die mögliche nächste Phase des Marktes dürfe man nicht ausblenden, sagt sie. Sobald der erste Schock verdaut sei, könne der globale Risikoabbau den sogenannten Debasement Trade wieder antreiben. Damit ist die verstärkte Nachfrage nach Vermögenswerten gemeint, die als Schutz vor geldpolitischer Entwertung dienen – insbesondere Gold , zunehmend aber auch Bitcoin und Ethereum . Kryptowährungen für deutsche Anleger immer attraktiver Trotz erheblicher Kursausschläge gewinnen Kryptowährungen in Deutschland an Bedeutung, insbesondere als Baustein der privaten Altersvorsorge. Das belegt eine aktuelle, repräsentative Studie im Auftrag von Bison, der Krypto-Plattform der Gruppe Börse Stuttgart . Demnach nutzen 48 Prozent der in Kryptowährungen investierten Anlegerinnen und Anleger Bitcoin und Co. für längerfristige Vermögensbildung, vor allem zur Altersvorsorge – trotz der bekannten hohen Volatilität. Zum Vergleich: Nur 37 Prozent setzen auf kurzfristiges Trading. Auffällig ist der konservative Ansatz vieler Krypto-Investoren: Deutlich mehr als die Hälfte (rund 62 Prozent) priorisiert Sicherheit gegenüber reinen Gewinnchancen (34 Prozent). Für sie steht langfristige Stabilität und Absicherung im Vordergrund – ein Trend, der die Bedeutung digitaler Assets weiter untermauert, obwohl die Märkte kurzfristig schwanken.