Wirtschaftsvertreter drängen auf eine Aufholjagd im All, um die Sicherheit Deutschlands zu verbessern. Der Verteidigungsminister wird konkret. Die Bundesregierung will nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius bis 2030 insgesamt 35 Milliarden Euro für Weltraumprojekte und eine Sicherheitsarchitektur im All bereitstellen. Der SPD-Politiker nannte beim Auftakt des Weltraumkongresses des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) in Berlin eine belastbare Struktur aus Satellitenkonstellationen, Bodenstationen, gesicherten Startfähigkeiten ins All und den nötigen Services als Ziel des Programms. Diese Architektur werde eine ganze Reihe von Maßnahmen umfassen, sagte Pistorius. "Wir härten unsere Systeme gegen Störungen und Angriffe. Das schließt ganz ausdrücklich die Cybersicherheit für alle Weltraumsysteme ein." Zudem werde die Lageerfassung im Orbit durch Radare, Teleskope und den zukünftigen Einsatz von Wächtersatelliten verbessert. Zusätzlich müssten Redundanzen durch mehrere, vernetzte Satellitenkonstellationen geschaffen werden. Pistorius spricht sich auch für Offensivfähigkeiten im All aus Pistorius sprach sich dafür aus, dass auch über Offensivfähigkeiten gesprochen werden müsse – also darüber, im Weltall notfalls auch militärisch wirksam zu sein oder gar angreifen zu können. "Auch im Weltraum müssen wir abschrecken können, um verteidigungsfähig zu sein", sagte Pistorius. Deutschland brauche außerdem gesicherte, verfügbare Transportkapazitäten ins All: "Hier setzen wir auf einen Mix: kleine Trägerraketen für flexible Starts, mittelfristig aber auch europäische Schwerlastträger, die im Wettbewerb entstehen – und vor allem bestehen müssen." Im Weltraumkommando der Bundeswehr werde ein eigenes militärisches Satelliten-Betriebszentrum nötig sein. Pistorius sagte: "Nur so behalten wir die Kontrolle über unsere Systeme und können im Ernstfall schnell reagieren." Zuvor hatte Forschungsministerin Dorothee Bär (CSU) auf dem Kongress gesagt, dass die Sicherheit Deutschlands "auch ganz massiv" im All verteidigt werde. Deutschland und Europa müssten sich "insgesamt resilienter aufstellen, mit einem wirklich unabhängigen Zugang zum All". Der Grund laut Bär: "Wir müssen selbst erkennen können, was da oben los ist, welchen Gefahren wir und welchen Gefahren unsere Satelliten ausgesetzt sind." Weltraum: Bundeswehr strebt nach eigenem Satellitensystem Mysteriöses Radiosignal: Abgeschalteter US-Satellit funkt plötzlich zur Erde BDI fordert Aufholjagd im Weltraum Auch der BDI dringt auf eine Aufholjagd Deutschlands und Europas. "Raumfahrt ist in einer geopolitisch unsicheren Welt weit mehr als Technologie – sie ist notwendige sicherheitsrelevante Infrastruktur", sagte BDI-Präsident Peter Leibinger kurz vor dem Weltraumkongress. Wer keine eigenen Weltraumfähigkeiten besitze, sei abhängig und verwundbar. Laut einer vom BDI in Auftrag gegebenen Studie der Unternehmensberatung Roland Berger, "Aufholjagd im All", ist der Rückstand mittlerweile groß. Deutschland betreibe derzeit nur etwas mehr als 80 eigene Satelliten, die USA dagegen mehr als 10.000 und China mehr als 900. Bei beiden Ländern sei die Tendenz stark steigend. Dadurch entstünden problematische Abhängigkeiten, etwa bei der Satellitenkommunikation. Dabei seien Satelliten heute für die Volkswirtschaften, Logistik, Mobilität und die Verteidigungsfähigkeit entscheidend. Neue Satelliten der Bundeswehr Unterdessen wird der Raketenbetreiber Arianespace zwei deutsche Verteidigungssatelliten mit der "Ariane 6" ins All schicken. Das teilte das Unternehmen mit. Die Verteidigungssonden sollen der Bundeswehr eine sichere militärische Telekommunikation der nächsten Generation garantieren. Daten aus dem Weltraum sind entscheidend, etwa für die Kommunikation oder auch zur Truppenbeobachtung. Die Satelliten sollen von Europas Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana starten, zwei ältere Satellitenmodelle ablösen und mindestens 15 Jahre im All bleiben. Ein Zeitpunkt für den Start wurde nicht genannt.