Die Schwarz-Gelben stolpern mehr schlecht als recht in die neue Saison. Große Aussicht auf Besserung gibt es auf den ersten Blick nicht – denn den Klub plagen mehrere Problemfälle. Immerhin: An Union Berlin hat Borussia Dortmund allerbeste Erinnerungen. Denn das letzte Aufeinandertreffen der beiden Klubs entschied der BVB klar für sich. Am 23. Spieltag der vergangenen Saison war das, damals gewannen die Schwarz-Gelben mit einem wahren Torrausch mit 6:0 gegen die "Eisernen". Am kommenden Sonntag kommt es dann zum Wiedersehen im Signal Iduna Park. Viel mehr gibt es aber nicht, was den Dortmundern aktuell Mut macht – und das schon direkt zum Auftakt der neuen Bundesligasaison. Denn das enttäuschende 3:3 nach 3:1-Führung beim FC St. Pauli war offenbar ein Wirkungstreffer. Und es gibt gleich mehrere Unruheherde, die dem BVB Sorgen bereiten. Die Mannschaft "Das kannst du den Leuten irgendwann auch nicht mehr erklären", sagte Angreifer Julian Brandt direkt nach der Partie und wirkte spürbar frustriert. Anlass: Der Platzverweis für Debütant Filippo Mané, der beim Stand von 3:1 in der 85. Minute mit Rot vom Platz musste. Durch den von ihm leichtfertig verursachten Elfmeter kam St. Pauli nochmals heran – und schaffte letztlich den Ausgleich. "Wir müssen langsam mal lernen, in den wichtigen Momenten nicht mit einem Mann weniger zu spielen." Die vielen Platzverweise waren schließlich bereits in der vergangenen Saison ein Problem beim BVB. Sechsmal wurde ein Dortmund-Profi in der Liga vorzeitig zum Duschen geschickt. Bei keinem Team flogen mehr Spieler vom Platz. "Das tut einfach auf Dauer weh", so Brandt weiter. Brandts Teamkollege Gregor Kobel bestätigte: "Wir haben zwei Ziele ausgerufen: Weniger Rote Karten kassieren und auch solche Spiele über die Bühne bringen. Das ist leider wieder nicht gelungen." Und setzte zu einer Generalkritik an: "Intensität, Laufstärke, Teamgedanke und Zweikampfstärke" seien nicht ausreichend gewesen. Tatsächlich war St. Pauli über Strecken dem hoch gehandelten BVB mindestens ebenbürtig, das 3:3 war am Ende völlig verdient. Besonders im Mittelfeld bekam Dortmund kaum Zugriff, verteidigte zudem fahrlässig. Dabei hatte t-online-Kolumnist Stefan Effenberg vor Saisonstart noch vorhergesagt : "Wenn der BVB in die neue Saison startet, wie er die alte beendet hat – mit 22 von 24 möglichen Punkten aus den letzten acht Spielen –, dann sind sie ganz schnell wieder der schärfste Rivale der Bayern." Zwar setzte es bei St. Pauli keine Niederlage für die Dortmunder – trotzdem stimmt der wechselhafte Auftritt nur wenig zuversichtlich. Schon in der 1. Runde des DFB-Pokals eine Woche zuvor mühte sich die Elf von Trainer Niko Kovač zu einem 1:0-Sieg bei Drittligist Rot-Weiss Essen. Und: Große Besserung ist aktuell nicht in Sicht. "Die Dortmunder haben ja auch Sorgen", sprach Effenberg die Verletztenmisere beim BVB an: "Nico Schlotterbeck fehlt noch bis Oktober, Kapitän Emre Can wird auch noch lange nicht dabei sein, zuletzt hat sich auch noch Niklas Süle verletzt. Da hat Kovač eine riesige Baustelle in der Abwehr." Nach seiner Roten Karte wird nun auch Pechvogel Mané länger fehlen. Immerhin aber: Die Dortmunder sollen Berichten zufolge vor der Verpflichtung zweier Spieler stehen: Der vom FC Chelsea ausgeliehene Carney Chukwuemeka soll fest verpflichtet, dessen Teamkollege Aarón Anselmino wiederum ausgeliehen werden . Anselmino ist Innenverteidiger. Aber ist er auch die erhoffte Verstärkung? Ist er es nicht, dann hat der BVB ein noch viel ernsteres Problem. Das Umfeld Am Tag nach dem 3:3 auf St. Pauli erregte eine Meldung Aufsehen: Mark Bellingham, Vater von BVB-Neuzugang Jobe, soll kurz nach Abpfiff Sportdirektor Sebastian Kehl im Kabinengang zur Rede gestellt haben . Von einer "längeren und emotionalen Diskussion" wird berichtet. Bellingham habe sich sowohl über die Auswechslung seines Sohnes zur Halbzeit als auch über die "biedere und unkreative Spielweise" der Dortmunder aufgeregt. Das Verhalten des 49-Jährigen sei den Verantwortlichen der Dortmunder übel aufgestoßen. Kurios dabei: Jobe Bellingham hatte ein schwaches Bundesligadebüt absolviert, die Auswechslung war durchaus gerechtfertigt. Von t-online gab es Note fünf für den Auftritt des 19-Jährigen . Kehl reagierte am Sonntag deutlich auf die Konfrontation: "Wir sind alle enttäuscht über das Ergebnis gestern. Und trotzdem ist und bleibt der Aktivenbereich bei uns Spielern, Trainern und Verantwortlichen vorbehalten, nicht Familien und Beratern." Kehls Ansage: "Das wird es nicht noch einmal geben. Darüber haben wir alle Beteiligten klar informiert." Sportchef Lars Ricken beteuerte am Sonntag: "Es ist alles geklärt, kein Drama", sagte der Ex-Profi in der Sendung "Sky90 - die Fußball-Debatte" und ergänzte: "Das war kein Krach, sondern ein emotionaleres Gespräch. Aufgrund des sehr guten Verhältnisses ist das aber auch gar kein Problem." Trotzdem: Bleibt Bellingham Senior künftig ruhig, wenn sein Sohn erneut früh aus dem Spiel genommen wird? Hier droht der nächste Streit. Die Klubführung "Niemals geht man so ganz" hat sich der langjährige BVB-Macher Hans-Joachim Watzke wohl gedacht. Zwar ist der 66-Jährige aus dem Management von Borussia Dortmund ausgeschieden, wird im Herbst allerdings für das Präsidentenamt beim Klub kandidieren. Und hier sah zeitweise viel nach einem Machtkampf um die Spitze bei den Schwarz-Gelben aus. Denn der bisherige Amtsinhaber Reinhold Lunow wollte sich ursprünglich zur Wiederwahl stellen. Ein öffentliches Duell drohte, Watzke hatte bereits angekündigt: Sollte der Wahlausschuss Lunow nominieren, werde er seine Kandidatur zurückziehen. Es kam aber unerwartet doch ganz anders: Lunow erklärte am Freitag seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur – und somit ist der Weg für den mitteilungsfreudigen Watzke, lange Jahre das Gesicht der BVB-Führungsetage in der Öffentlichkeit, frei. "In ausführlichen Gesprächen mit Hans‑Joachim Watzke, der sein Interesse am Präsidentenamt bekundet hat, habe ich von ihm das Versprechen erhalten, die genannten Punkte im Falle seiner Wahl zum Vereinspräsidenten zu berücksichtigen", wird Lunow in einer Erklärung zitiert. "Mit dieser Zusage sehe ich meine inhaltlichen Anliegen gewährleistet und kann die Amtsgeschäfte guten Gewissens übergeben." Klar ist damit: Watzke hat den Machtkampf mit Lunow – das Verhältnis der beiden gilt Berichten zufolge seit geraumer Zeit als zerrüttet – klar gewonnen. Watzke-Kritiker befürchten nun allerdings Verhältnisse ähnlich derer beim FC Bayern . Bei denen gilt der langjährige Manager Uli Hoeneß noch immer weitestgehend als Alleinherrscher, der zumindest noch immer ein gewichtiges Wort bei allen großen Entscheidungen des Managements mitredet – und ganz offensichtlich nicht loslassen kann. Ob Hans-Joachim Watzke ähnliche Zustände beim BVB herbeiführt?