Chinas Autoindustrie: Verkaufsskandal deckt Tricks auf

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Eine Verkaufspraxis chinesischer Autobauer führt international zu Unruhe und zu weitreichenden Konsequenzen. Sogar Peking kritisiert die Hersteller – obwohl der Staat deren Praxis wohl teilweise aktiv unterstützt. Chinas Hersteller steigern ihre Exportzahlen mit einem ungewöhnlichen Trick: Sie verkaufen neue Fahrzeuge als Gebrauchtwagen. Wie eine Recherche der Nachrichtenagentur Reuters zeigt, deklarieren die Autobauer Neuwagen als "gebraucht", um sie günstiger ins Ausland bringen zu können. Die Autos – oft mit null Kilometern auf dem Tacho – landen vor allem in Russland , Zentralasien und im Nahen Osten. Dort kaufen Kunden für wenig Geld vermeintlich gebrauchte Autos – und erhalten stattdessen fabrikneue Fahrzeuge. Das mag auf den ersten Blick als nicht problematisch erscheinen. Aber dieser Eindruck täuscht. Scheinbar harmlos, aber folgenreich Denn was wie ein cleverer Rabatt-Trick wirkt, hat weitreichende Konsequenzen. Durch die Umdeklarierung lassen sich Importzölle, technische Auflagen und Steuern in vielen Zielländern umgehen. Das verschafft chinesischen Herstellern unfaire Vorteile – und unterläuft lokale Regulierungen. Besonders brisant: Behörden in China unterstützen diese Praxis teilweise aktiv – etwa durch erleichterte Exportlizenzen und schnellere Steuererstattungen. Verzerrter Wettbewerb, politischer Druck Die Auswirkungen dieser Praxis sind deutlich: Indem sie fabrikneue Autos als Gebrauchtwagen deklarieren, können chinesische Hersteller ihre Fahrzeuge zu günstigeren Konditionen exportieren – zulasten fairer Wettbewerbsbedingungen. Dadurch wird der globale Automarkt verzerrt, und die Spannungen im internationalen Handel verschärfen sich. Als Reaktion darauf hat Russland den Import solcher "Null-Kilometer"-Fahrzeuge ausgewählter Marken bereits untersagt. Auch in der EU gewinnen Forderungen nach schärferen Kontrollen an Gewicht, insbesondere vor dem Hintergrund der ohnehin angespannten Wirtschaftsbeziehungen mit China. Preiskampf als Treiber Branchenkenner führen die umstrittene Exportpraxis auf den harten Preiskampf auf dem chinesischen Heimatmarkt zurück. "Die Unternehmen sind gezwungen, jeden erdenklichen Umsatz zu machen", sagt Tu Le, Gründer der Beratungsfirma Auto Insights. Nach Einschätzung von Wang Meng, Berater des Verbands chinesischer Autohändler, sind rund 90 Prozent der exportierten "Gebrauchtwagen" de facto fabrikneu. Für die Hersteller lohnt sich das Vorgehen: China war 2024 mit 6,41 Millionen ausgeführten Fahrzeugen erneut Exportweltmeister vor Japan. Rund sechs Prozent dieser Ausfuhren liefen offiziell als Gebrauchtwagen – vor allem Verbrenner, für die es im Inland kaum noch eine Nachfrage gibt. Aber auch Elektroautos werden auf diesem Weg ins Ausland verkauft. Kritik aus der Branche – und aus Peking Die Debatte gewann an Schärfe, als der Hersteller Great Wall öffentlich Stellung gegen den Verkauf angeblicher Gebrauchtwagen bezog. In der Folge machte eine staatliche Zeitung diese Praxis mitverantwortlich für den eskalierenden Preiskampf auf dem chinesischen Automarkt und forderte schärfere Aufsicht. Kurz darauf lud das Handelsministerium mehrere Autobauer zu Gesprächen ein. Offiziell kritisch, praktisch fördernd Trotz wachsender Kritik hielt die chinesische Regierung an der Praxis fest – und trieb sie teils aktiv voran. Erleichterte Exportlizenzen, schnelle Steuerrückerstattungen und ambitionierte Vorgaben für das Exportwachstum förderten den Absatz zusätzlich. Eine offizielle Reaktion aus Peking oder von regionalen Behörden steht bislang aus. Andere sind da schneller. In Ländern wie Jordanien denkt man inzwischen sogar über eine neue Definition des Begriffs "Gebrauchtwagen" nach.
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