Elon Musk zündelt in Europa: Unterstützung für AfD und Farage

latest news headlines 8 std vor
Flipboard
2024 war ereignisreich. Das gilt auch für die sozialen Netzwerke. Unsere Kolumnistin Nicole Diekmann fasst ein Jahr zusammen, in dem sehr viel schieflief – aber nicht nur. Der absolute Tiefpunkt des Social-Media-Jahres hat einen Namen. Er lautet (wenig überraschend, das gebe ich zu): Elon Musk . Musks Beleidigung von Olaf Scholz und seine Forderung nach dem Rücktritt des Kanzlers direkt nach dem Attentat von Magdeburg – noch bevor überhaupt wirkliche Fakten über den mutmaßlichen Täter und seinen Hintergrund vorlagen – reihen sich ein in äußerst schwierige Äußerungen des Besitzers von X. Musk versucht nun hierzulande und auch anderswo in Europa das, was ihm in den USA längst gelungen ist: In der Politik mitzumischen. Musk und der designierte US-Präsident Donald Trump verfahren unverhohlen nach dem in ihrem Fall und aus Sicht aller Demokratiefreunde schmutzigen Prinzip: Eine Hand wäscht die andere. Mit über 250 Millionen Dollar und seiner Plattform X (vormals Twitter) unterstützte der reichste Mann der Welt Trumps Wahlkampf. Künftig soll Musk nun Co-Chef der unter einer Regierung Trump neu geschaffenen Behörde namens Department of Government Efficiency werden, die sich des durchaus wichtigen und nicht nur in den USA drängenden Themas "Bürokratieabbau" widmen soll. Schwierig nur, wenn ein völlig unberechenbarer Mensch wie Musk Mitverantwortung für dieses Anliegen trägt. Erstens weiß man nicht, ob etwas für alle oder zumindest eine Mehrheit Sinnvolles dabei herauskommt – und zweitens könnten seine Eskapaden das wichtige Thema an sich überschatten. Von Meldepflicht befreit Die Gefahren, die diese unheilige Allianz der mächtigen Zündler mit sich bringt, sind vielfältig. So berichtet die Nachrichtenagentur Reuters, dass Trumps Team schon jetzt, vor seinem Amtsantritt, Druck auf die US-Autobahnbehörde National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) ausübe: Die ist derzeit noch verpflichtet, Unfälle zu dokumentieren, an denen Full Self-Driving-Systeme beteiligt sind – also selbstfahrende Autos. Und wer würde von der Abschaffung der Meldepflicht sehr profitieren? Elon Musk. Dem ja nicht nur X gehört, sondern auch Tesla . Tesla hat sich bereits in der Vergangenheit gegen die Berichtspflicht ausgesprochen. Gerade dessen Assistenzsysteme sind es, "die den Löwenanteil in der NHTSA-Datenbank stellen. Darunter auch zahlreiche Unfälle mit Todesopfern, wobei die Verantwortung meistens dem Fehlverhalten von Fahrern zugeschrieben wird", berichtet der österreichische "Standard". Man darf gespannt sein, was da noch kommt – und das meine ich nicht im positiven Sinne. Er unterstützt unverhohlen die AfD Denn Musk hat Gefallen gefunden daran, wie einfach sich Politik steuern lässt: Nun will er auch in Europa noch stärker mitmischen, als er es durch seine Plattform X ohnehin tut: "Die Menschen in Großbritannien haben genug von einem tyrannischen Polizeistaat", schrieb er dort im November und verbreitete damit lupenreine Desinformation. "Sie lassen verurteilte Pädophile frei, um Leute wegen ihrer Beiträge in den sozialen Medien einsperren zu können." Jetzt geht er noch einen Schritt weiter: Mitte Dezember traf er sich mit Nigel Farage, dem Chef der rechtspopulistischen Partei Reform UK. "Er will uns helfen", berichtete Farage anschließend der BBC. Die Rede ist von einer Großspende von bis zu 100 Millionen Dollar. Und auch in den deutschen Wahlkampf mischt Musk sich ein: Nur die AfD könne Deutschland retten, behauptete er am 20. Dezember auf seinem Netzwerk – als Reaktion auf ein Video einer rechtsradikalen Influencerin. Mithilfe der laut Journalisten auf ihn zugeschnittenen Algorithmen, die seine Tweets verstärkt in die Timeline aller Nutzerinnen und Nutzer spült, und dank seiner 200 Millionen (!) Follower konnte Musk diese steile Wahlkampfhilfe an die in Teilen rechtsextremistische Partei platzieren. All das und noch viel mehr schreit nach Regulierung – und damit kommen wir zu den positiven Social-Media-Nachrichten dieses Jahres. Trump macht den Trump Denn ja, es muss endlich viel stärker reguliert werden (siehe oben), und nein, die Politik hat das Problem in seiner vollständigen Dimension immer noch nicht verstanden – aber es tut sich was. Und das ist mehr, als man lange Zeit sagen konnte. Das sichtlich überforderte Gebaren der politisch Verantwortlichen im Umgang mit X, Facebook und anderen hat da schon demütig gemacht und die Erwartung bis zum Nullpunkt heruntergedrückt. Die Debatte um das Verbot von TikTok in den USA ist ein Schritt in die richtige Richtung. Republikaner und Demokraten haben gemeinsam ein Gesetz extra zu diesem Zweck verabschiedet. Das könnte allerdings Donald Trump zum Opfer fallen: Der hatte sich in seiner ersten Amtszeit noch für das Verbot ausgesprochen – jetzt aber macht Trump den Trump und will es doch nicht. Nun weiß man nicht, ob und wann und wie oft sich an Trumps Haltung auch in dieser Frage noch etwas ändern wird – aber: Allein die Diskussion ist gut. Sie zeigt: Es ist möglich. Wenn man denn will. Australien geht mit gutem Beispiel voran Dass es den USA dabei nicht um gesellschaftliche Gefahren – wie die Verbreitung von Desinformation, Hass und Hetze geht – gehört dabei allerdings auch zur Wahrheit. Denn sonst hätte man ja auch beim Facebook- und Instagram-Mutterkonzern Meta und natürlich auch bei X längst durchgegriffen. Das tut nun indirekt aber Australien . Dort nämlich sollen soziale Netzwerke erst ab 16 Jahren freigegeben werden. Der Senat hatte dieses Gesetz Ende November beschlossen. Dass sich daran gehalten wird – das sollen die Netzbetreiber sicherstellen. Ein Jahr lang haben Meta, TikTok und andere Zeit, die Bestimmungen umzusetzen. Damit ist Australien weltweit das erste Land, das mit der Begründung "Jugendschutz" eine Altersbeschränkung für die Nutzung von Social Media einführt. Berechtigte Kritik Es gibt viel Kritik. Die erste Frage lautet meist, wie man die Einhaltung denn sicherstellen will. Tatsächlich dürfte das ziemlich schwierig sein. Ein zweiter Kritikpunkt: Marginalisierte Gruppen sind oft angewiesen auf die Plattformen. Aus der LGBTQ-Community gab es deshalb schon viel Gegenrede, als die Pläne des australischen Premierministers öffentlich wurden. Auch dieser Einwand ist fraglos ein wichtiger und berechtigter. Grundsätzlich aber ist das Beispiel Australien ein gutes, denn auch hier zeigt sich: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Den Plattformen wurde viel Zeit gelassen, sich selbst darum zu bemühen, Kinder- und Jugendschutz einzuhalten. Ob der Zugang zu Pornografie, die Verstärkung von Essstörungen und anderer psychischer Erkrankungen oder auch die politische Radikalisierung von jungen Leuten – all das ist hinreichend als Folge von Social-Media-Konsum belegt. Konsequenzen vonseiten der Plattformbetreiber gab es trotzdem so gut wie keine. Die waren allesamt halbherzig – der Profit schlägt nun mal alles andere. Jetzt zieht Australien andere Saiten auf. Und das ist gut so.
Aus der Quelle lesen