Erbschaftsteuer: CDU-Politiker Jens Spahn deutet Reform an

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Die Bundesregierung könnte sehr bald gezwungen werden, die Erbschaftsteuer zu reformieren. Mittlerweile gibt sogar Jens Spahn zu: Die aktuelle Regelung ist nicht gerecht. Es kommt nicht oft vor, dass Unionsfraktionschef Jens Spahn von SPD und Grünen gelobt wird. Das ist nach seinem Auftritt in der Talkshow "Maybrit Illner" jetzt aber passiert: "Wir hatten in den letzten Jahren, gerade in der Niedrigzinsphase, die Situation, dass Vermögen eigentlich ohne größeres eigenes Zutun von allein fast gewachsen ist. Immobilienwerte, Aktienwerte und anderes mehr", so Spahn in der Sendung. "Es ist ein Problem, die Vermögensverteilung." Die SPD sieht das nun als Chance, gemeinsam in der Regierungskoalition eine Reform der Erbschaftsteuer anzustoßen. Verfassungsgericht könnte Reform erzwingen Die ist ohnehin überfällig – und aufgrund eines bevorstehenden Verfassungsurteils könnte die Regierung bald zu einer Reform gezwungen werden. Bayern hat bereits 2023 einen sogenannten Normenkontrollantrag in Karlsruhe gestellt , unter anderem weil die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer seit 2009 nicht geändert wurden. In diesem Zeitraum sind die Preise, vor allem für Immobilien, aber sehr stark angestiegen, sodass immer mehr Menschen diese Grenze reißen und die Steuer zahlen müssen. Das Gericht hat ein Urteil noch für dieses Jahr angekündigt. Die SPD-Bundestagsfraktion reagierte positiv auf Spahns Äußerungen. "Wir freuen uns, dass auch Jens Spahn die ungleiche und massiv ungerechte Vermögensverteilung in unserem Land als Problem ansieht", sagte Fraktionsvize Wiebke Esdar den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wir werden uns nun gemeinsam auf den Weg machen und Maßnahmen umsetzen, die dafür sorgen, dass die Reichen in diesem Land nicht immer reicher und die Armen nicht immer ärmer werden", fügte sie hinzu. Richtig vererben: Diese Fehler beim Vererben von Immobilien kosten Geld Richtig vorsorgen: Das passiert mit Ihrem Erbe, wenn Sie kein Testament schreiben Das erwartete Verfassungsgerichtsurteil könne "ein guter Startpunkt" sein, um die Vermögensverteilung in Deutschland gerechter zu machen. Die Reform der Erbschaftsteuer sei dabei eine von mehreren Säulen. Es gehe "nicht um das vererbte Haus von Oma und auch nicht um den kleinen Handwerksbetrieb im Nachbarort", sondern darum, "dass die Reichsten der Reichen einen gerechteren Beitrag für das Gemeinwesen in diesem Land leisten". Die SPD fordert höhere Steuern für Vermögende , was die Union bisher ablehnt. Die Grünen reagierten ähnlich. "Jetzt spricht auch der Fraktionsvorsitzende der CDU , Jens Spahn, öffentlich darüber, dass die Ungleichheit von Vermögen in Deutschland ein Problem ist und die Erbschaftsteuer reformiert werden muss", sagte die Co-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge in Berlin . "Sollte dahinter tatsächlich die Absicht stehen, zu handeln und die Erbschaftsteuer gerechter zu machen, wäre das eine erfreuliche Kehrtwende der CDU", betonte sie. Bürger fordern gerechtere Steuer Eine Reform der Erbschaftsteuer und der Vermögensteuer erfreut sich unter den Bürgerinnen und Bürgern großer Beliebtheit. In Umfragen wird dies immer wieder festgestellt, jüngst forderte das auch ein Bürgerparlament aus 40 zufällig gelosten Personen, die an sechs Tagen im Juni gemeinsam erarbeiteten, wie sie das Steuer- und Sozialsystem in Deutschland neu aufstellen würden. Dabei forderten sie auch eine gerechtere Besteuerung von großen Vermögen und würden auch das Erben von großen Unternehmensvermögen höher besteuern. Im Anschluss haben 18.000 Menschen in einer Onlinebefragung über die Vorschläge des Bürgerparlaments abgestimmt. Dabei kam heraus, dass 92,3 Prozent der Befragten eine Reform der Erbschaftsteuer befürworten würden. Anfang des Jahres hat das Ifo-Institut ebenfalls eine Reform der Vermögen- und Erbschaftsteuer angeregt. Das Wirtschaftsinstitut machte dabei folgende Vorschläge: Freibeträge dynamisch anpassen unter Berücksichtigung der Immobilienpreisinflation Es sollte einen einheitlichen Steuersatz (5–10 Prozent) für alle Vermögensarten geben, Ausnahmen sollten grundsätzlich gestrichen werden Bei Unternehmensvermögen sollte die Steuer über mehrere Jahre aus dem laufenden Gewinn bezahlt werden, um den Betrieb nicht zu gefährden Keine Sonderbehandlung für Immobilienvermögen mehr Aus Sicht des Ifo-Instituts würde sich durch eine gerechtere Erbschaftsteuer eine Anpassung der Vermögensteuer erübrigen. Milliarden werden jedes Jahr vererbt In Deutschland werden aktuell jedes Jahr rund 300 bis 400 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt, etwa die Hälfte davon geht an die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung. Laut Netzwerk Steuergerechtigkeit wird mittlerweile rund die Hälfte des deutschen Vermögens nicht mehr erwirtschaftet, sondern vererbt oder verschenkt. Das Netzwerk macht daher auch Vorschläge, wie man eine Reform anstoßen könnte. So könnte man einen lebenslangen Freibetrag für jede Person in Höhe von einer Million Euro einführen. Erst jenseits dieser Grenze würden dann Steuern anfallen, die progressiv je nach Höhe des Vermögens ansteigen (ab 15 Prozent bis auf 30 Prozent für besonders große Vermögen). Der Freibetrag sollte alle zehn Jahre angepasst werden. Außerdem sollte das selbst genutzte Elternhaus komplett steuerfrei sein – so wie es aktuell auch schon der Fall ist. Auf andere Immobilien müsste dann eine Steuer entsprechend der Freibeträge gezahlt werden. Reform der Erbschaftsteuer gegen Kürzungen im Sozialen? Wie und ob die Bundesregierung sich auf eine Reform einigt, ist noch unklar. Bisher hat die Union jegliche Steuererhöhungen – auch bei der Erbschaftsteuer – strikt abgelehnt. Die Aussage von Jens Spahn deutet nun darauf hin, dass doch etwas Bewegung drin ist. Möglicherweise könnten CDU und CSU einer großen Reform zustimmen, wenn die SPD sich für mehr Leistungskürzungen im Sozialen offen zeigt.
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