FC Bayern: Das hat Kompany Tuchel und Nagelsmann voraus

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Der FC Bayern erklärt Vincent Kompany zum Langzeitprojekt. Auch, weil er sich grundlegend von seinen Vorgängern Tuchel und Nagelsmann unterscheidet. Mit der Vertragsverlängerung bis 2029 hat der FC Bayern offenbar sogar Vincent Kompany überrascht. Der kurzfristig anberaumte Termin am Dienstagvormittag auf der Chefetage kam Kompany eigentlich sogar ein bisschen ungelegen. "Mein Fokus ist ein bisschen gemischt, weil ich eigentlich nur morgen gewinnen will", sagte der Trainer des FC Bayern nachdem die Papiere unterschrieben waren. "Klar freut mich das", ergänzte der Belgier mit einem zarten Lächeln, "aber ich will die drei Punkte im nächsten Spiel!" Seine einzige Bitte an den Verein sei gewesen, "dass das alles schnell erledigt ist", erklärte Kompany. "Mir war wichtig, dass es kein großes Thema wird – keine großen Gespräche, keine Spekulation. Einfach schnell und deutlich." Diesem Wunsch kamen die Bayern mit einer rekordverdächtig geräuschlosen und in Rekordzeit vollzogenen Vertragsverlängerung nach, wie es sie beim Rekordmeister wohl noch nie zuvor gegeben hat. Bayern-Boss bestätigt: Boateng-Rückkehr trotz Fanprotesten bereits fix "Den würde ich sofort holen": Ex-Bayern-Kapitän überrascht mit Transferforderung "Ab morgen ist das auch vorbei", sagte Kompany auf seiner Pressekonferenz vor der Partie in der Champions League gegen Club Brügge am Mittwoch (ab 21.00 Uhr im Liveticker bei t-online) zufrieden, "dann können wir wieder den ganzen Fokus auf das Spiel richten." Das hat Kompany Tuchel und Nagelsmann voraus Typisch Kompany eben. Der 39-Jährige blieb sich und seinem Stil auch an diesem Tag treu, der für ihn in seiner noch jungen Karriere als Cheftrainer sicher bedeutend war. Er nahm sich selbst auch diesmal nicht zu wichtig und stellte stattdessen lieber seine Arbeit mit der Mannschaft in den Mittelpunkt. Damit unterscheidet er sich insbesondere von seinen beiden Vorgängern Thomas Tuchel und Julian Nagelsmann , die stets viel Aufmerksamkeit auf sich zogen – und auch deshalb bereits nach nicht einmal zwei Jahren schon wieder gehen mussten. Kompany ist so etwas wie der Gegenentwurf zu den beiden und tritt in der Öffentlichkeit deutlich behutsamer in Erscheinung, trägt keinerlei interne Unstimmigkeiten nach außen. Und genau deshalb ist er bei den Bayern so beliebt – sowohl bei den Bossen als auch beim Team. Kompanys Handschrift klar zu erkennen Jonathan Tah bestätigte diese Eindrücke einmal mehr. "Wir haben uns alle darüber gefreut", sagte der Nationalspieler angesprochen auf die Vertragsverlängerung seines Trainers. "Die Mannschaft ist sehr happy darüber, der ganze Verein ist sehr happy darüber." Kompany habe "kein großes Ding bisher draus gemacht, weil der Fokus viel auf dem Spiel morgen ist", so Tah. In der Mannschaftsbesprechung sei es ausschließlich um den Gegner und das nächste Spiel gegangen, verriet Tah grinsend. "Er bringt eine Ruhe rein, einen Fokus auf das nächste Spiel", so Tah weiter. "Auf das, was wir am besten können, was unser Job ist. Das macht ihn aus." Kompany ist es in den vergangenen 17 Monaten eindrucksvoll gelungen, nach unruhigen Vorjahren den Fokus beim FC Bayern wieder aufs Wesentliche, den Fußball, zu rücken. Dabei hat er der Mannschaft mit seiner offensiven und auf Ballbesitz und Dominanz ausgerichteten Spielidee von Anfang an seine klare Handschrift verpasst. In der vergangenen Saison ist es ihm gelungen, die zuvor an Leverkusen verlorene Meisterschaft zurück nach München zu holen. In die neue Spielzeit ist er mit den Bayern nun mit elf Siegen in elf Pflichtspielen gestartet. Der Erfolg gibt Kompany also momentan recht. Bei der zurückgewonnenen Dominanz der Bayern spiele Kompany "vielleicht die größte Rolle", sagte Ex-Bayern-Kapitän Thomas Helmer zuletzt im Interview mit t-online . "Er moderiert das sehr gut. Er wirkt nie nervös oder unruhig, lässt nichts an sich ran. Das ist eine Stärke", so Helmer weiter. "Er hat diese Authentizität und Autorität, und die Spieler glauben ihm. Das ist ganz wichtig." So gelang es ihm auch, mit Härtefällen im Kader wie Leon Goretzka , João Palhinha, Sacha Boey oder Min-jae Kim bislang gekonnt umzugehen. Diesen Makel haben die Bayern jetzt beseitigt Mit ihrem frühzeitigen Vertrags-Signal haben die Bayern-Bosse die Arbeit ihres Trainers in den vergangenen 17 Monaten nun belohnt. Als Kompany damals kam, galt er nach den zahlreichen Absagen der eigentlichen Wunschkandidaten wie Xabi Alonso , Nagelsmann oder Ralf Rangnick als eine Art Verlegenheitslösung der Bayern. Diesen Makel haben die Bayern aber spätestens jetzt mit der vorzeitigen Vertragsverlängerung als eindeutigem Bekenntnis zu Kompany beseitigt. Kompany ist für die Bayernbosse von der vermeintlichen D-, E- oder gar F-Lösung längst zum Glücksfall geworden. Als solchen hatte ihn unter anderem Ehrenpräsident Uli Hoeneß unlängst schon bezeichnet. Auch Eberl wiederholte das nun noch einmal. "Mit Vincent haben wir einen Coach, der den Spaß zurückgebracht hat. Wir haben eine Mannschaft, die Freude am Fußballspielen hat", sagte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen mit besten Grüßen zwischen den Zeilen an Ex-Coach Tuchel. "Es ist auch eine Botschaft nach innen an die Spieler, dass wir Kontinuität wollen, dass wir langfristig mit Vincent zusammenarbeiten möchten", so Dreesen weiter. "Es ist auch ein Zeichen nach außen: Wir glauben langfristig an unseren Coach!" Bayern macht Kompany zum Langzeitprojekt Vereinspräsident und Aufsichtsratschef Herbert Hainer sprach von "einem starken Vertrauensbeweis". Dreesen benannte als langfristige Ziele "natürlich immer auch Titel". Eine Zielsetzung, die Sportvorstand Max Eberl in seinem Statement aufgriff: "Ganz oben anzukommen heißt: Wir wollen so viele Titel wie möglich sammeln, nicht nur in dieser Saison, sondern auch in Zukunft. Und da sind wir überzeugt, dass Vincent der richtige Trainer ist für den FC Bayern." Nach dem gescheiterten Langzeitprojekt mit Nagelsmann, der ebenfalls einen Fünf-Jahres-Vertrag hatte, träumen die Münchner endlich wieder von Kontinuität auf dem Trainerposten. Kompany sprach bereits von "dem Gefühl, dass ich schon viel länger hier bin. Ich verstehe, wie der Verein denkt, wie die Jungs denken. Und wir haben die gleichen Ziele. Ich möchte, dass wir gemeinsam eine Geschichte schreiben." Er sieht sich erst am Beginn "einer wunderbaren Reise". Nach Rassismusskandal: Brisantes Wiedersehen für Kompany Die geht für Kompany nun in seinem 63. Pflichtspiel als Bayern-Coach gegen Brügge und damit erstmals gegen einen Verein aus seiner Heimat weiter. "Für den Trainer ist das ein sehr wichtiges Spiel. Dementsprechend müssen wir gewinnen", sagte Mittelfeldchef Joshua Kimmich . Die Bayern treffen nämlich nicht auf irgendeinen Klub. Kompany war schließlich Spieler und Trainer beim RSC Anderlecht. Und zwischen dem Rekordmeister aus der Hauptstadt Brüssel und dem Rekord-Pokalsieger aus Brügge, dem "Stolz von Flandern", herrscht die wohl größte Rivalität im belgischen Vereinsfußball. Diese überschritt im Dezember 2021 allerdings Grenzen. Als Anderlecht-Trainer musste Kompany beim 2:2 in Brügge miterleben, wie er selbst und Mitglieder seines Trainerstabs als "braune Affen" beleidigt wurden, wie er am Dienstag erzählte. "Nach dem Spiel war ich sprachlos! Und vier Jahre später bin ich immer noch sprachlos!" Er sei schließlich über viele Jahre Nationalspieler und sogar Kapitän der belgischen Nationalelf gewesen. Beim Wiedersehen in München soll es für ihn als Fußballer mit der großen Anderlecht-Vergangenheit aber nicht nur "um das persönliche Rivalitätsgefühl" mit dem FC Brügge gehen. Für die Bayern geht es darum, ihren Startrekord mit einem weiteren Sieg auszubauen. Und damit auch in der Champions League die Tabellenführung wieder zu übernehmen. Zumal an den nächsten beiden Spieltagen in der Königsklasse dann die beiden Auswärtsspiele in Paris bei Titelverteidiger Paris Saint-Germain und in London beim FC Arsenal warten. Man darf gespannt sein, ob das Signal, das Kompany und die Bayern mit der Vertragsverlängerung gesetzt haben, bei diesen beiden Standortbestimmungen Wirkung zeigen wird.
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