Florian Lipowitz bei der Tour de France: Deutsche Radsport-Fans träumen

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Florian Lipowitz könnte als erster Deutscher nach fast 20 Jahren wieder auf dem Podest der Tour de France stehen. Ein Erfolg, der selbst seine Konkurrenz freut. Nach den ersten beiden Wochen der Tour de France sticht nach den Ausnahmefahrern Tadej Pogačar (UAE Team Emirates-XRG) und Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) vor allem einer heraus: Florian Lipowitz. "Weltklasse gezeigt": Wie ein Deutscher die Tour de France aufmischt Der Deutsche hat in den ersten 15 Etappen beeindruckende Leistungen gezeigt und sich so nicht nur auf den dritten Platz im Gesamtklassement gekämpft, er trägt aktuell auch das Weiße Trikot für den besten Nachwuchsfahrer. Sollte Lipowitz dieses in Paris auch noch tragen, wäre er der erst dritte Deutsche, dem dieses Kunststück nach Dietrich Thurau (1977) und Jan Ullrich (1996 bis 1998) gelingen würde. Lipowitz begeistert – und erfüllt eine langgehegte Sehnsucht der deutschen Radsport-Fans. "Am Ende muss jeder Fahrer mit sich im Reinen sein" Seit Jahren konnte kein deutscher Fahrer auf dem Podium des Radsport-Großereignisses landen. Zwar gab es immer wieder deutsche Etappensiege, etwa durch Nils Politt (2021) oder auch Lennart Kämna (2020) – aber ein Deutscher unter den besten Drei? Das war zuletzt 2006 der Fall. Damals wurde Andreas Klöden Dritter. 2019 schaffte es Emanuel Buchmann auf den vierten Platz. Topleistung bei der Tour: Zabel macht deutschem Rad-Star Hoffnung Die ganz großen Erfolge der deutschen Rad-Stars liegen weit zurück und sind zudem vom Doping überschattet. 1997 gewann Jan Ullrich die Tour und die Nachwuchswertung. Ein Jahr später wurde er Zweiter und sicherte sich am Ende das Weiße Trikot. Vor zwei Jahren sagte er erstmals: "Ja, ich habe gedopt." Im Rahmen einer Podiumsdiskussion erklärte Ullrich: "Wenn ich meine Geschichte erzählt hätte, hätte ich viele schöne Jahre gewinnen können. Ich hatte die Eier nicht. Es tut total gut, es auszusprechen." In den 1990er-Jahren wurde Doping im Peloton flächendeckend betrieben. Heutige Radfahrer wie Lipowitz werden daher immer wieder auf das Thema angesprochen. Der 24-Jährige erklärte am Ruhetag der Tour: "Ich beschäftige mich damit nicht wirklich. Am Ende muss jeder auf sich selbst schauen. Ich mache alles regelkonform und will auch beruhigt ins Bett gehen können." Daher betonte der "Red Bull – Bora-hansgrohe"-Fahrer: "Am Ende muss jeder Fahrer mit sich im Reinen sein. Ich bin es." Lipowitz war Biathlet – Verletzungen machten ihn zum Rad-Star Für die deutschen Radsport-Anhänger ist Lipowitz ein Hoffnungsträger – auch für die Zukunft. Ingo Zamperoni gehört zu seinen Bewunderern und schwärmte vom deutschen Profi. Der ARD-Moderator hob besonders die "Geschichte" von Lipowitz hervor, die "irre" sei. Deutscher Tour-Star: Freundin von Florian Lipowitz ist selbst erfolgreich Vor rund fünf Jahren war der Radfahrer noch als Biathlet unterwegs . Weil Lipowitz jedoch immer wieder mit Verletzungen konfrontiert war, musste er viel auf dem Rad trainieren – und fand Gefallen daran. So sehr, dass er sich für die Karriere auf dem Rad entschied. Im Juni hatte Lipowitz bereits gezeigt, dass er mit den ganz Großen der Szene mithalten kann. Bei der Dauphiné-Rundfahrt wurde er Dritter hinter Pogačar und Vingegaard. Sein Sportchef Rolf Aldag betonte, dass Lipowitz "Weltklasse gezeigt" habe. Nun könnte das Tour-Podium am 27. Juli genauso aussehen , sollte Lipowitz weiter konstante Leistungen zeigen. Rolf Aldag weiß jedoch auch, wie schwer das ist. Er erklärte: "Im Moment sind wir auf dem Podium. Aber Angreifen ist immer einfacher als Verteidigen. Wir müssen jetzt sehen, wie wir da oben bleiben." "Wir müssen immer da sein" Dafür brauche es einen Lipowitz mit einem Team, das "immer fokussiert und hellwach" sei. "Wir müssen immer da sein, das muss jedem bewusst sein", so Aldag weiter. Dass jede Etappe ernst genommen werden muss, zeigte auch die Strecke am vergangenen Sonntag. Lipowitz und Top-Star Vingegaard stürzten. Sie hatten Glück, dass Pogačar das Peloton verlangsamte und sein Team auf die beiden Klassement-Fahrer wartete. So wie es das Hauptfeld getan hatte, als der Slowene und dreifache Toursieger wenige Tage zuvor stürzte. Deutscher profitiert: Rad-Star Evenepoel muss bei Tour aufgeben Lipowitz weiß selbst, dass er Pogačar und Vingegaard nicht schlagen kann, da sie in ihrer eigenen Liga fahren. Er erklärte: "Wenn man ehrlich ist, sind Pogačar und Jonas außer Reichweite. Aber ich denke, im Kampf um den dritten Platz haben wir auf jeden Fall gute Karten." Lipowitz hat aktuell eine Minute und 25 Sekunden Vorsprung auf den Gesamtvierten, Oscar Onley ("Team Picnic PostNL"). "Keine Garantie, dass wir in Paris auf dem Podium stehen" Aldag betonte dennoch: "Es gibt keine Garantie, dass wir in Paris auf dem Podium stehen. Aber im Moment sieht es ganz gut aus. Wir werden es natürlich versuchen." Sechs Etappen liegen noch vor dem Jubel in Paris und drei harte Tage in den Bergen. Am Dienstag müssen sich die Fahrer auf der 16. Etappe am Mont Ventoux beweisen. Lipowitz: "Fühlt sich an wie ein Märchen" Am Donnerstag geht es dann auf den Col de la Loze. Den Berg, an dem Tadej Pogačar vor zwei Jahren den berühmten Funkspruch "Ich bin tot. Ich bin völlig am Ende" an sein Team durchgegeben hatte und Vingegaard den Toursieg überlassen musste. Auch in diesem Jahr werden die Gebirgsstrecken kurz vor Ende wieder entscheidend im Kampf um das Podest sein. Lipowitz weiß, dass die Erwartungen an ihn groß sind. Deutsche Fahrer finden Lipowitz-Erfolg "geil" Zuletzt gab er zu, dass er "ein bisschen mehr Druck" verspüre. Daher wolle er auch nur "Tag für Tag schauen", was passiere. Dass ihm aber auch seine deutschen Konkurrenten aus dem Peloton viel Erfolg für den Endspurt wünschen, sagt einiges über die Leistungen von Lipowitz aus. So sagte Phil Bauhaus ("Bahrain Victorious") in der ARD : "Dritter zu sein ist in jedem Rennen schwer, bei der Tour natürlich extrem. Ich glaube, es ist lange her. Ich würde sagen, Emanuel Buchmann war so der Letzte, der Richtung Podium gefahren ist. Es ist schön zu sehen." Auch Jonas Rutsch ("Intermarché-Wanty") lobte Lipowitz: "Ich denke, der macht ein gutes Rennen hier. Wie die Reaktionen in Deutschland sind, wird ihn hier erst mal relativ wenig interessieren, weil er sich aufs Rennen konzentriert. Alles andere kommt nach dem Rennen." Überschwänglich war auch Pascal Ackermann ("Israel – Premier Tech"), der sagte: "Geil, das zu sehen. Ich denke, dass es in Deutschland ein paar Herzen höher schlagen lässt und für uns ist es cool zu sehen. Er ist ein super Typ, verdammt nett und er gehört da vorne hin. Ich hoffe einfach, dass nichts Außergewöhnliches passiert, dass er seine Beine spielen lassen kann und zeigen kann, dass er da auch hingehört." Sollte ihm das gelingen, würde nach fast 20 Jahren wieder ein Deutscher auf dem Podium in Paris stehen.
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