Hunger, Hitzewellen, Hurrikans: Die Klimakrise trifft Milliarden Menschen. Aber ein Minibruchteil von Superreichen jettet um die Welt und produziert so viel CO2, wie ein Normalbürger in zehn Leben nicht zustande bringen könnte. Die Folgen der Klimakrise sind gewaltig, und das schon jetzt: Seit 1900 hat sich die von Dürren betroffene Landfläche global verdoppelt. Weltweit sinken Flusspegel, versiegen Brunnen, vertrocknen Felder und brechen Ernteerträge ein. Die Armut wächst, Menschen flüchten, Migrationsbewegungen nehmen zu, Konflikte brechen aus. Andernorts rauscht der Regen nur so vom Himmel. Die Böden können ihn nicht mehr aufnehmen, Fluten reißen Autos, Häuser und Menschen mit sich . 2021 war es die Ahr, die in Deutschland alles flutete , was ihr im Weg stand. Fast 200 Menschen starben. "Vermutlich bereits verloren": Erde steuert auf gefährliche Kipppunkte zu Auf dem Weg in die Katastrophe: Dieser Staat stellt China und die USA in den Schatten Das Leid der betroffenen Familien lässt sich kaum ermessen, der rein ökonomische Schaden schon: Die Autoren des Weltrisikoberichts 2025 schätzen, dass seit dem Jahr 2000 allein durch Überflutungen 650 Milliarden US-Dollar Kosten weltweit entstanden sind. Aber wer soll diese Kosten tragen? Wer kommt für die zunehmenden Schäden der Klimakrise auf – und wer für die notwendigen Anpassungen und Investitionen, die die Energiewende erfordert? Über Antworten auf diese Fragen streiten derzeit bei der Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém die Lenker von mehr als 190 Staaten. Die "Klimakluft": 800 Kilogramm hier, zwei Kilogramm da Die Entwicklungsorganisation Oxfam sieht in dieser Frage die vermögendsten 0,1 Prozent der Weltbevölkerung in der Verantwortung: Denn die Superreichen haben nicht nur das nötige Geld, sondern auch einen gewichtigen Anteil am Klimawandel . Oxfam beschreibt den Unterschied zwischen dem CO2-Fußabdruck von einem kleinen, sehr reichen Teil und dem Rest der Weltbevölkerung mit dem Begriff "Klimakluft". Es ist eine sehr tiefe und breite Kluft. Berechnungen der Organisation zufolge produzieren die reichsten 0,1 Prozent der Weltbevölkerung jeden Tag durchschnittlich mehr als 800 Kilogramm CO2-Emissionen – ein Mensch aus den ärmsten 50 Prozent verursacht hingegen nur zwei Kilogramm. In anderen Worten: Was ein Reicher, bildlich gesprochen, an einem Tag in die Luft bläst, emittiert ein Mensch aus der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung im ganzen Jahr nicht. Normalbürger haben Flugscham, Superreiche steigern Emissionen Aber während sich Normalbürger Umfragen zufolge zunehmend Gedanken machen und rund die Hälfte aller Deutschen inzwischen angibt, bei Flugreisen von einem schlechten Gewissen geplagt zu werden, haben sich Oxfam zufolge die Pro-Kopf-Emissionen der Superreichen massiv erhöht: Zwischen 1990 und 2023 seien sie um 92 Tonnen pro Person gestiegen. Das ist eine Zunahme um 45 Prozent. Der CO2-Fußabdruck der Superreichen wächst also beträchtlich. Das stellt einen scharfen Kontrast dar zu dem Pro-Kopf-Ausstoß der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung, der im selben Zeitraum um 16 Prozent gesunken ist. Bezos-Hochzeit in Venedig : Ein Superreichen-Aufgebot mit Folgen So viel verbrauchen allein Elon Musks Privatjets Je extremer der Reichtum wird, umso deutlicher wird die Schieflage. 0,1 Prozent der Weltbevölkerung, das sind etwa 8,2 Millionen Menschen. Der Kreis der Dollar-Milliardäre ist noch um einiges exklusiver: 3.028 zählte das "Forbes Magazine" zuletzt. Die 50 reichsten dieser Menschen blasen laut Oxfam innerhalb von 90 Minuten so viele klimaschädliche Emissionen in die Luft wie ein durchschnittlicher Weltbürger im ganzen Leben. Allein die Privatjets von Elon Musk stoßen demnach in einem Jahr so viel CO2 aus, wie ein Normalbürger produzieren würde, wenn er 834 Jahre alt würde. Zum Luxuslebensstil der Milliardäre zählen darüber hinaus Superyachten, ausgestattet mit Hubschrauberlandeplätzen, Schwimmbädern und jedem erdenklichen Luxus. Oxfam hat eigenen Angaben zufolge 23 einzelne Superyachten identifiziert und 18 der 50 vermögendsten Menschen der Welt zuordnen können. Diese Yachten haben auch dann einen beträchtlichen CO2-Ausstoß, wenn sie nur vor Anker liegen. Denn die Crews der Schiffe müssen sie jederzeit einsatzbereit halten. Die Walton-Yachten: So viel CO2 wie 1.714 Walmart-Angestellte Stechen die schwimmenden Villen in See, schnellen die Emissionen erst richtig in die Höhe: Die 23 von Oxfam beobachteten Superyachten legten in einem Jahr durchschnittlich 12.465 Seemeilen zurück und setzten damit geschätzt je 5.672 Tonnen CO2 frei. Insgesamt ist das rund das Dreifache der Emissionen der Privatjets der Milliardäre. Ein besonders deutliches Beispiel: Die Erben der Walmart-Handelskette besitzen drei Superyachten. In einem Jahr reiste die Familie Walton damit 56.000 Seemeilen. Das macht laut Oxfam 18.000 Tonnen CO2 – was in etwa dem Jahresverbrauch von 1.714 Angestellten ihres für niedrige Löhne bekannten Unternehmens entspricht. Was machen die Superreichen mit ihrem Kapital? Noch weit schwerer als der private Luxuskonsum der Superreichen wiegen ihre Investitionsentscheidungen. Laut Oxfam verursachen die geschäftlichen Aktivitäten der 50 reichsten Milliardäre der Welt im Durchschnitt etwa 340-mal so viele Emissionen wie ihre Privatjets und Superyachten zusammen. Denn während Normalbürger vielleicht abwägen, ob sie ihr altes Auto noch ein paar Jahre fahren, bevor sie sich einen klimafreundlichen Elektrowagen kaufen, stehen Milliardäre dank ihres Kapitals vor Alternativen ganz anderer Dimension: Sie besitzen global tätige Firmen und kontrollieren Produktionsprozesse. Die Macht der Superreichen, die Welt zu verändern, ist durch ihren Zugriff auf Produktionsmittel weitreichend: Sie können ihr Kapital in saubere Unternehmen oder in umweltverschmutzende Konzerne investieren. Zwei Drittel des Geldes steckt in klimaschädlichen Branchen Die Datenanalyse von Oxfam zeigt: Meist entscheiden sich Milliardäre für das Letztere. Die Organisation hat öffentlich einsehbare Eigentumsverhältnisse und Emissionsdaten miteinander in Beziehung gesetzt. So kann errechnet werden, wie viel Anteil am CO2-Ausstoß jeder einzelne Milliardär hat. Das Ergebnis: Im Durchschnitt ist das Anlageportfolio eines Milliardärs fast doppelt so umweltschädlich wie eine Investition in den US-Aktienindex S&P 500 . Etwa 40 Prozent der von Oxfam untersuchten Milliardärsinvestitionen fließen in stark umweltbelastende Branchen wie Öl, Bergbau, Transport oder Zement. Addiert man auch noch Investitionen in Fast Fashion und Technologieunternehmen hinzu, die wegen langer Lieferketten und riesiger Rechenzentren ebenfalls als stark umweltverschmutzend gelten, pumpen die Top-50-Milliardäre der Welt sogar rund zwei Drittel ihres Kapitals in klimaschädliche Sektoren. Für Normalbürger hat das verheerende Auswirkungen, für die Milliardäre lohnt es sich: Ihr Reichtum wächst, ihre Macht steigt. Es sei daher nicht verwunderlich, dass sie nicht freiwillig auf Klimaschutz setzen, folgert Oxfam: "Sie werden weiterhin ihren eigenen Profit über die Bedürfnisse der vielen stellen." Oxfam fordert daher, dass Regierungen mit klaren Regeln und Steuern eingreifen. Die Organisation spricht sich für eine Vermögenssteuer für Millionäre und Milliardäre sowie für eine Steuer auf umweltschädliche Investitionen aus: Das würde das nötige Geld einbringen, um auf der ganzen Welt wirksamen Klimaschutz betreiben zu können – und bisher entstandene Ungerechtigkeiten zumindest im Ansatz auszugleichen.