Gewinneinbruch bei Mercedes und Porsche: Deutsche Autobauer in der Krise

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Mercedes und Porsche brechen im Gewinn dramatisch ein. Die Branche spart sich durch die Krise – und riskiert dabei die eigene Zukunft. Die deutschen Autobauer kämpfen an gleich mehreren Fronten – und verlieren dabei mehr und mehr die Kontrolle. Zwar schreiben Konzerne wie Mercedes-Benz , Volkswagen oder BMW weiterhin Millionengewinne. Doch die Erträge brechen ein, zentrale Absatzmärkte wanken, und strategisch tappen viele Hersteller im Nebel. Vor allem die aktuellen Zahlen von Mercedes-Benz und Porsche verdeutlichen, wie stark der Gegenwind ist. Der Stuttgarter Konzern Mercedes-Benz hat im ersten Halbjahr 2025 einen massiven Gewinneinbruch verzeichnet. Das Konzernergebnis sackte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 55,8 Prozent auf nur noch 2,7 Milliarden Euro ab. Besonders deutlich fiel das Minus im zweiten Quartal aus: Dort schrumpfte der Gewinn um rund 69 Prozent auf 957 Millionen Euro. Auch der Umsatz ist im Halbjahresvergleich um 8,6 Prozent auf 66,4 Milliarden Euro zurückgegangen. Als Gründe nennt das Unternehmen unter anderem Zölle, einen Absatzrückgang und hohe Aufwendungen für den Umbau des Konzerns. Wegen US-Zöllen: Gewinn bei Mercedes-Benz bricht drastisch ein "Kein Unwetter, das vorüberzieht" Porsche wiederum musste im zweiten Quartal einen beispiellosen Gewinneinbruch von rund 90 Prozent hinnehmen – auf nur noch 240 Millionen Euro. Für das erste Halbjahr bezifferte der Sportwagenbauer die Belastungen durch die US-Zölle auf rund 400 Millionen Euro. Sportwagenbauer: Porsche-Gewinn bricht im zweiten Quartal um 91 Prozent ein Porsche-Chef Oliver Blume sagte, sein Unternehmen habe es weltweit weiterhin mit erheblichen Herausforderungen zu tun. "Es ist kein Unwetter , das vorüberzieht. Die Welt verändert sich massiv – und vor allem anders als noch vor einigen Jahren erwartet." Insgesamt schrumpfte der Betriebsgewinn in den ersten sechs Monaten um zwei Drittel auf etwa eine Milliarde Euro. Das Unternehmen rechnet für das Gesamtjahr mit einer Umsatzrendite von nur noch fünf bis sieben Prozent – ein drastischer Rückschritt gegenüber früheren Zielmarken von zehn bis zwölf Prozent. Die Zahlen illustrieren eindrücklich: Die Krise ist da – und sie ist strukturell. Zölle setzen Autobauer massiv zu Der Druck aus dem Ausland wächst. In den USA hat die Regierung unter Donald Trump neue Zölle auf europäische Fahrzeuge eingeführt. Die massiven Zollerhöhungen der USA hatten die Autobauer zusammen mit der Stahl- und Aluminiumindustrie als erstes getroffen. Seit April galt ein branchenspezifischer Aufschlag von 27,5 Prozent. Die Zölle für die anderen Branchen wurden dagegen zunächst aufgeschoben, um Raum für Verhandlungen zu lassen. Während die EU mit der US-Regierung am Tisch saß, wurden die deutschen Autobauer im Weißen Haus vorstellig. Mercedes-Benz und BMW sind große Arbeitgeber in den USA mit ihrer lokalen Produktion dort und exportieren verschiedene SUV-Modelle auch nach Europa. Sie warben darum, ihre Exporte mit den Importen zu verrechnen. Die Hoffnung der deutschen Hersteller auf einen Sonderdeal mit Washington zerschlug sich zuletzt jedoch endgültig – es gelten 15 Prozent auf nahezu alle Importe. Besonders hart trifft es Porsche, das ohne eigene Produktion in den USA sämtliche Fahrzeuge dorthin exportieren muss – ein teures Geschäftsmodell in Zeiten politischer Abschottung. Trotz Handelsabkommen: Wirtschaftsexperten erwarten Exportminus von 31 Milliarden Euro Gleichzeitig schwächelt der wichtigste Auslandsmarkt: China . Die dortige Immobilienkrise schlägt auf den Konsum durch, vor allem im Luxussegment. Marken wie Porsche oder Mercedes spüren das besonders deutlich – ihre Absätze sinken, die Gewinne brechen weg. Damit stellt sich eine grundsätzliche Frage: Hat die deutsche Autoindustrie den Wandel zur Elektromobilität verschlafen? Kommentar zum Handelsdeal: Nachhaltig beschädigt Trumps Deal mit der EU: Was bedeutet die Einigung für die Deutschen? Auch im Heimatmarkt haben die Hersteller Probleme Denn auch im Heimatmarkt bleiben die Verkaufszahlen von E-Autos weit hinter den Erwartungen zurück. Teils liegt das an den weiterhin hohen Anschaffungskosten, teils an der Unsicherheit vieler Kundinnen und Kunden bezüglich Reichweite und Ladeinfrastruktur. VW , Mercedes und andere reagieren mit einer Rolle rückwärts – statt die Elektromobilität offensiv auszubauen, investieren sie erneut stärker in Verbrennermodelle und Plug-in-Hybride. Luxusmarke im freien Fall: Mercedes setzt nun alles auf diese Weltneuheit Doch dieser Doppelweg – alter Antrieb plus neue Technologie – ist teuer. Investitionen müssten eigentlich verdoppelt werden, nicht gekürzt. Und dennoch: Volkswagen hat sein Investitionsbudget bis 2029 bereits um 15 Milliarden Euro reduziert. Auch bei Porsche und Mercedes läuft der Sparkurs auf Hochtouren – inklusive Stellenabbau und Standortdiskussionen. Das Ziel: kurzfristige Kostenentlastung. Die Folge: langfristige Unsicherheit. Die Zeit drängt Branchenkenner warnen vor den Risiken dieser Strategie. Wer sich in der Transformation auf halbem Weg einrichtet, könnte den Anschluss verlieren – gerade gegenüber chinesischen E-Auto-Herstellern, die ihre Modelle aggressiv subventionieren und technologische Standards setzen. Während in Norwegen inzwischen fast 90 Prozent der Neuwagen vollelektrisch sind, lag der Anteil in Deutschland zuletzt bei nur rund 13 Prozent. In dieser Gemengelage geraten auch langjährige Erfolgskonzepte ins Wanken. Der Volkswagen-Konzern plant die Entwicklung eines günstigen E-Modells für 20.000 Euro – ein mutiger Schritt, doch gebaut werden soll es in Portugal , nicht in Deutschland. Der Standort bleibt dabei außen vor. Auch Audi erwägt erstmals eine eigene Produktion in den USA. Was als Reaktion auf neue Zölle geplant ist, könnte sich mittelfristig zur dauerhaften Standortverlagerung auswachsen. Die deutschen Hersteller stehen an einem Scheideweg: Sie müssen sich entscheiden, ob sie weiterhin auf solide, aber rückwärtsgewandte Geschäftspolitik setzen – oder ob sie den technologischen und gesellschaftlichen Wandel aktiv gestalten. Noch haben sie das Kapital, die Expertise und die Marke. Doch die Zeit drängt. Wer heute spart, könnte morgen verlieren.
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