Uneitel, selbstironisch und witzig: So zeigt sich Heike Makatsch gern. Im Gespräch mit t-online spricht die Schauspielerin über die Schattenseiten des Promi-Daseins. Die kenne ich doch! Wenn Heike Makatsch durch die Straßen zieht, bleibt das selten unbemerkt. Seit 30 Jahren steht die Schauspielerin im Rampenlicht. Erst als Moderatorin beim Musiksender Viva und mittlerweile als renommierter Filmstar. Heike Makatsch ist eine der wenigen, die in Deutschland fast jeder kennt. Für die Schauspielerin selbst wird das manches Mal zum Problem. Zufällige Begegnungen, zwanglose, banale Gespräche mit Fremden sind für sie beinahe unmöglich. Im t-online-Interview spricht die 54-Jährige über negative Seiten als Promi, die Folgen des Alterns und ihre aktuelle Rolle in der Satireserie "Call My Agent Berlin". t-online: Sie sind deutschlandweit berühmt. Haben Sie manchmal das Gefühl, gerade bei zufälligen Begegnungen auf Ihre Bekanntheit reduziert zu werden? Heike Makatsch: Dieses Gefühl kenne ich schon. Ich habe mir ein dickes Fell und Scheuklappen zugelegt. Ich sehe es meistens gar nicht, wenn mich irgendwo jemand auf der Straße erkennt. Ich habe mir eine Glasglocke um mich herum gebaut, sodass ich zufällige Begegnungen meistens auch gar nicht anziehe. Und wenn es doch mal zu einer Begegnung kommt? Wenn mich jemand anlächelt und dann danach sagt, er kenne mich aus dem Fernsehen, finde ich das oft schade. In solchen Begegnungen steckt immer eine Art von Imbalance. Sei es, derjenige fand mich schon immer bescheuert oder ganz toll. Entweder meint er, viel über mich zu wissen, oder verkneift sich, irgendwas zu sagen. Dadurch sind natürlich Begegnungen erschwert. Ich habe deswegen meinen kleinen Kosmos, meine Familie und meine Freunde. Ich würde also nicht so leicht in ein Gespräch im Zug im Bordbistro kommen. Damit fehlt Ihnen ein großer Teil des sozialen Lebens. Ja, aber es fällt mir nicht so stark auf. Mein Leben ist sehr ausgefüllt. Diese Begegnungen sind nicht das, was mein Leben bestimmt. Es ist einfach etwas, das ich vorauseilend vermeide. Und ja, ich werde deswegen um einige Erlebnisse gebracht, das stimmt. In der Serie "Call My Agent Berlin" spielen Sie sich selbst. Hatten Sie Skrupel davor? Man muss eine uneitle Distanz zu sich haben, um spielerisch damit umzugehen, wie man von außen wahrgenommen wird. Ich fand es nicht beschwerlich und habe mir keine Sorgen gemacht, dass man das zu sehr mit mir als Privatperson in Verbindung bringt. Ich spiele eine überhöhte Facette von mir. Sie trauen den Zuschauern und Zuschauerinnen zu, dass sie diese Rolle, die ja auch Heike Makatsch verkörpert, von Ihnen differenzieren können? Im Gegenteil, ich glaube sogar, dass die Zuschauer wohlwollend darauf gucken, was dann der jeweilige Schauspieler mit seinem öffentlichen Image spielerisch veranstaltet und mit einem Augenzwinkern die eigene Distanz dazu zeigt. Der Zuschauer bekommt die Möglichkeit, den Menschen noch mehr zu sehen, nämlich den, der die Distanz dazu schaffen kann. In "Call My Agent Berlin" geht es um eine Schauspielagentur und die Befindlichkeiten der Stars. Wie ist das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrer Agentin? Mein Verhältnis zu meiner Agentin ist sehr innig. Ich bin mit ihr schon seit 30 Jahren zusammen. Sie war auch in turbulenten, privaten Zeiten für mich da. Sie ist ein Krisenmanagement für mich und wirklich fast schon Familie. Trotzdem haben wir noch diese Distanz, die das Ganze professionell sein lässt. Sie ist ein wichtiger Counterpart, mit dem ich Entscheidungen hin und her wälze. Wir entwerfen keine Masterpläne, sondern connecten beide unsere Intuitionen miteinander und wissen dann, was das Richtige ist. Ist sie Ihre erste Agentin? Ja, auch schon bei Viva. Sie war damals noch gar keine Agentin. Ich war überfordert, zurückzurufen bei irgendwelchen Leuten, die berufliche Anliegen auf mein Band gesprochen haben. Und sie wollte gerade ihren Job beenden. Dann hat sie meine Anrufe übernommen. Früher hatte sie ein Zimmer bei sich zu Hause mit einem Anrufbeantworter. Jetzt hat sie eine tolle Agentur, aber immer noch eine sehr selektierte Auswahl an Schauspielerinnen. Managt sie auch private Angelegenheiten von Ihnen? Nein, die managt sie nicht. Aber sie hat ein Ohr dafür. Sie würde auch einen Flug buchen – nicht für meinen Urlaub, aber für Berufliches. Also es geht nicht nur um ein Drehbuch, das ich machen will und wofür ein Vertrag verhandelt werden muss. Es ist schon mehr. Sie hatten vor wenigen Wochen Geburtstag und haben dazu auf Instagram sehr lebensbejahende Worte verfasst. Sie schrieben auch, dass die Zahl 54 nichts mit Ihnen zu tun habe. Wie meinen Sie das? Natürlich hat sie etwas mit mir zu tun: So viele Jahre bin ich schon auf diesem Erdball. Und trotzdem denke ich manchmal, das Leben sei bisher noch auf Probe, und jetzt bald mache ich es dann mal richtig. Der Ernst ist natürlich schon die ganze Zeit da, und 54 ist eine stattliche Zahl, die Jahr für Jahr immer stattlicher wird. Ich spüre sie noch nicht wirklich. Ich fühle mich körperlich noch gar nicht alt. Aber die Zeit ist nicht festzuhalten, die Eltern werden älter, die Kinder gehen aus dem Haus, Kapitel schließen sich ab und werden nicht noch mal wiederkommen. Das sind die Verluste, die erst mal verarbeitet werden müssen und Raum für Trauer erlauben. Welche guten Seiten hat das Altern? Da ist so viel, worauf man sich noch freut, was man vielleicht gerade erst beginnt oder was jetzt überhaupt erst Sinn ergibt. Manches habe ich jetzt erst endlich begriffen. Das macht das Altern ganz toll. Man hat viel mehr Freiheiten, die wiederkommen oder überhaupt erst entstehen. Da sind Befreiungen von innen, weil man etwas auflöst. Manche Dinge, mit denen man vorher gehadert hat, kann man jetzt besser annehmen. Es ist ein zweischneidiges Schwert. Das hört sich so an, als sei ihr Leben immer in Bewegung, niemals Stillstand? Ich glaube schon, dass man immer noch sehr in Bewegung sein kann und dass nochmal ganz neue Entwürfe stattfinden können. Natürlich alles immer mit der eigenen Geschichte im Gepäck, aber Stillstand würde ich mir nicht wünschen War Ihnen Ihr Alter je im Weg? Natürlich ist für verschiedene Altersstufen manches leichter oder schwerer. Da würde ich nicht sagen, dass mir das Alter im Weg ist, aber manches ergibt in einem bestimmten Alter weniger Sinn und wird dadurch erschwert. Beruflich ist es so, dass sich zwischen Love-Interest-Rollen und der älteren Dame ein etwas kargerer Raum auftut. Dazwischen findet sich in erster Linie eine Rolle für Frauen: die der Mutter. Es gäbe für diese Altersgruppe viel mehr interessante Geschichten zu erzählen. Natürlich sind viele Frauen in diesem Alter Mutter, aber eben nicht nur, und auch nicht alle. Ich bin mir trotzdem sicher: Es ist noch vieles möglich, von dem man es erst einmal nicht denkt. Denken Sie da gerade an etwas Konkretes? Ja. Ich freue mich zum Beispiel darauf, bald noch das Surfen zu lernen. Die Serie "Call My Agent Berlin" ist ab dem 12. September auf Disney+ abrufbar.