Menschen mit Herzerkrankungen oder Bluthochdruck bekommen häufig dauerhaft Betablocker verordnet. Doch die Nebenwirkungen der Mittel könnten schwerer wiegen als bislang gedacht. Millionen Deutsche greifen täglich zu Betablockern. Die Medikamente werden oft bei Bluthochdruck und verschiedenen Herzerkrankungen, zum Beispiel nach einem Herzinfarkt, eingesetzt. Doch die Einnahme von Betablockern, genauer gesagt Betarezeptorenblockern, kann nicht nur helfen, sie birgt auch Risiken. Forscher aus Schweden berichten aktuell von einer neu entdeckten Nebenwirkung des Arzneimittels. Betablocker können sich auf die Psyche auswirken Im Rahmen einer Studie der Universität Uppsala haben sie mehr als 800 Patienten nach einem Herzinfarkt untersucht. Die Herzen der Probanden hatten alle noch eine weitgehend intakte Pumpleistung. Ein Teil von ihnen erhielt als Therapie Betablocker, eine andere Gruppe eine Basismedikation ohne Betablocker. Zu drei Zeitpunkten (Krankenhauseinweisung, sechs bis zehn Wochen sowie zwölf bis vierzehn Monate nach dem Infarkt) wurden die Patienten zu ihren Symptomen befragt. Die Ergebnisse waren überraschend: "Betablocker führten bei Patienten, die einen Herzinfarkt erlitten hatten, zu einem leicht erhöhten Maß an depressiven Symptomen", fasste Studienautor Philip Leissner zusammen. Die Probanden berichteten von Angstgefühlen und depressiven Verstimmungen. Eine mögliche Erklärung laut Forschern: Betablocker können auch jenseits des Herzens Wirkung zeigen, da die Rezeptoren, an die sie sich binden, auch an anderen Organen vorkommen. Auffällig war zudem, dass bei Patienten, die bereits vor der Studie Betablocker eingenommen hatten, die depressiven Symptome bei der zweiten Nachuntersuchung stärker zugenommen hatten. Die Studienautoren betonten: Gerade, wenn es nicht nötig sei, sollten Ärzte davon absehen, Betablocker zu verschreiben. "Wenn das Medikament keine Wirkung auf ihr Herz hat, dann nehmen die Patienten es unnötigerweise ein und laufen Gefahr, depressiv zu werden", so Leissner. Lesen Sie auch: Alkohol und Betablocker – wann die Kombination riskant ist Weitere bekannte Risiken des Medikaments Neben den psychischen Auswirkungen sehen Experten auch andere Risiken bei der Einnahme von Betablockern. Einige Patienten nehmen durch das Arzneimittel deutlich an Gewicht zu, da es den Stoffwechsel verändert und sich auch ungünstig auf die Blutfette auswirken kann. Übergewicht stellt jedoch ein großes Gesundheitsproblem dar und ist wiederum ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder auch Diabetes. Zu weiteren bekannten Nebenwirkungen gehören Müdigkeit, Durchblutungsstörungen der Extremitäten (kalte Hände und Füße) sowie Potenzprobleme bei Männern. Betablocker nicht immer erste Wahl Bei der Therapie von Bluthochdruck gelten Betablocker eher als Reserve-Medikament. Meist werden Blutdruckpatienten andere Wirkstoffe empfohlen. Darunter: ACE-Hemmer, die gefäßerweiternd und blutdrucksenkend wirken. Diuretika, die das Flüssigkeitsvolumen im Körper reduzieren. Calciumkanalblocker, die das Zusammenziehen der Gefäße verhindern. Bei bestimmten Herzerkrankungen hingegen sind Betablocker unverzichtbar. Dazu zählen Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) oder auch Vorhofflimmern. Natürlich bleibt aber wichtig: Jeder Patient ist individuell zu betrachten – sowohl bezüglich Nutzen als auch möglicher Risiken eines Medikaments.