Investitionsgipfel im Kanzleramt: Werbung mit Kanzler und Konzernchefs

latest news headlines 5 std vor
Flipboard
Kanzler und Konzernchefs inszenieren sich beim Investitionsgipfel als Retter des Standorts Deutschland. Das bleibt jedoch PR, wenn nicht mehr daraus folgt. Es sollte eine große Inszenierung werden: Am Montag haben sich Vorstandschefs deutscher und internationaler Großunternehmen von der Initiative "Made for Germany" zum Investitionsgipfel im Kanzleramt getroffen. Sie brachten Kanzler Friedrich Merz (CDU) sowie Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) die Zusage für Investitionen in Höhe von 631 Milliarden Euro mit, die sie bis 2028 tätigen wollen. Was auf den ersten Blick wie ein großer Wurf wirkt, ist kaum mehr als eine Werbeveranstaltung in eigener Sache. Denn die Milliardenversprechen der Konzerne hören sich zwar toll an, sind aber tatsächlich eine Mogelpackung. Viele Großkonzerne, keine Mittelständler Das grundlegende Problem des Gipfels ergibt sich schon beim Blick auf die Liste der 61 beteiligten Unternehmen: Deutsche Bank , Siemens , Blackrock und Rheinmetall . Es sind fast ausschließlich Großkonzerne aus dem Dax oder global tätige Industriekonzerne. Ihre Gewinne landen oft bei Aktionären im Ausland. Dafür fehlt der deutsche Mittelstand fast komplett, obwohl dieser rund 40 Prozent der Bruttowertschöpfung in Deutschland erarbeitet – und mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze stellt. Auch Start-ups oder junge Tech-Firmen fehlen weitgehend. Die Investitionssumme klingt zwar gewaltig, ist in Wahrheit jedoch eine Nebelkerze. Ein erheblicher Teil stammt aus bereits existierenden Planungen und wurde nun einfach umetikettiert und neu verkauft. Wie viel genau will die Initiative bewusst nicht sagen. Einer der Initiatoren, Siemens-Chef Roland Busch, erklärte dazu im "Handelsblatt" lediglich, dass es doch positiv zu bewerten sei, "wenn Unternehmen zugesagtes Kapital bestätigen". Kanzler und Konzernchefs demonstrieren Nähe Die versprochenen 631 Milliarden in drei Jahren relativieren sich zusätzlich dadurch, wenn einem Folgendes bewusst wird: Jährlich investieren alle Firmen in Deutschland zusammen bereits rund 500 Milliarden Euro, wie Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft der "Bild" sagte. Das summiert sich auf 1,5 Billionen Euro in drei Jahren. Die versprochene Summe der Initiative ist also nicht wenig, aber durchaus im Rahmen üblicher Investitionen, für die keine Veranstaltung im Kanzleramt stattfindet. Für den Kanzler war der Investitionsgipfel eine gute Gelegenheit, um Hoffnung zu verbreiten. Er lobte "eine der größten Investitionsinitiativen, die wir in Deutschland in den letzten Jahrzehnten gesehen haben". Die Konzernchefs konnten derweil die Nähe zu Merz nutzen, um ihre Probleme mit dem Standort Deutschland an oberster Stelle anzubringen. Sie formulierten Erwartungen und forderten die Politik auf, den "Reformstau" aufzulösen und Unternehmen mehr Freiheit zu geben. Das ist ein berechtigtes Anliegen. Allerdings müssen dann auch die Konzerne liefern. Kaum noch Made in Germany Noch sieht die Realität jedoch oft anders aus. Viele der teilnehmenden Konzerne setzen trotz wolkiger Investitionszusagen weiterhin knallhart auf Rationalisierung: SAP streicht Stellen, Siemens baut Werke um und Volkswagen senkt massiv Kosten. Die Bundesagentur für Arbeit schätzt, dass in den kommenden Jahren Zehntausende Arbeitsplätze in der Industrie verloren gehen. Den Konzernen ist zugutezuhalten, dass sie Investitionen versprechen, obwohl sich an den Rahmenbedingungen am Standort Deutschland nicht viel verändert hat. Erste Reformen sind zwar auf den Weg gebracht, doch die Bundesregierung muss dringend noch weitere folgen lassen. Auf diesem Weg müssen die Unternehmen dann aber auch zeigen, dass sie mehr wollen, als nur Geld sparen. Sonst wird der Name der Initiative: "Made for Germany" nicht zu "Made in Germany". Das aber ist, was gebraucht wird.
Aus der Quelle lesen