Der Iran droht nach den US-Angriffen, die für den Welthandel bedeutende Seeroute Straße von Hormus zu blockieren. Experten warnen vor gravierenden Folgen. Nach den Angriffen durch US-amerikanische Bomber auf iranische Atomanlagen hat die Führung in Teheran Vergeltung angekündigt. Unter anderem droht der Iran mit der Schließung einer strategisch bedeutenden Seehandelsroute, der Straße von Hormus. Das iranische Parlament hat einer Blockade bereits zugestimmt, lediglich die Zustimmung des Obersten Nationalen Sicherheitsrats der Islamischen Republik steht noch aus. Sollte Teheran seine Drohung wahr machen, wären die Folgen nicht nur für die Region, sondern auch für die globale Wirtschaft gravierend. Newsblog zum Krieg in Nahost: Schah-Sohn will Revolution im Iran anführen Warum ist die Straße von Hormus überhaupt so wichtig? Die Straße von Hormus trennt den Persischen Golf vom Golf von Oman. Gleich mehrere wichtige Ölförderländer wie der Irak , Kuwait, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate transportieren ihre Fracht auf diesem Weg. Laut der Internationalen Energie-Agentur (IEA) wurden 2023 nahezu 30 Prozent des weltweit verschifften Öls über die Straße von Hormus transportiert. Zudem ist die Strecke eine wichtige Verbindung für den Handel zwischen Asien, Westeuropa und den USA . Neben Öl werden auch andere Energieträger auf dieser Route befördert. So stammt ein Teil der deutschen Flüssiggasimporte aus Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Da die deutschen Gasspeicher zurzeit nur etwa zur Hälfte gefüllt sind, könnten Lieferverzögerungen auch hier die Verbraucherpreise in die Höhe treiben. Wie reagiert der Ölpreis auf den US-Angriff im Iran? Angesichts zunehmender Versorgungsängste verteuerte sich die Rohölsorte Brent zu Wochenbeginn kurzzeitig um 5,7 Prozent auf 81,40 Dollar, fiel jedoch kurze Zeit später wieder auf ein aktuelles Niveau von 77,77 Dollar zurück. Vor den US-Schlägen war der Ölpreis bereits um knapp 18 Prozent gestiegen und erreichte damit ein Fünfmonatshoch von 79,04 Dollar je Barrel. Welche wirtschaftlichen Folgen hätte eine Hormus-Blockade? Ökonomen warnen unterdessen vor erheblichen wirtschaftlichen Folgen im Falle einer Blockade der für den Öltransport wichtigen Straße von Hormus durch Iran. Der Ölpreis für die Nordseesorte Brent könne dann binnen kurzer Zeit auf 120 Dollar pro Barrel (159 Liter) klettern, schrieben die Ökonomen Robin Winkler und Marc Schattenberg von Deutsche Bank Research in einer am Montag veröffentlichten Kundennotiz. In Deutschland würde ein Preisanstieg in dieser Größenordnung die Importkosten um rund ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen – das entspricht knapp 43 Milliarden Euro. Das ließe auch die Inflationsrate kurzfristig um etwa einen Prozentpunkt steigen. "Die derzeitige Konjunkturerholung würde abbrechen", warnen die beiden Experten. Ein deutlicher Preisanstieg könnte einen regelrechten "Inflationsschock" auslösen – und käme für die deutsche Wirtschaft zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Denn zuletzt war die Inflationsrate rückläufig und näherte sich dem Zielkorridor der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent an. Zögen jetzt die Energiepreise wieder deutlich an, würde das diese Entwicklung hemmen und auch die zuletzt wieder deutlich positiveren Prognosen für das Wirtschaftswachstum infrage stellen. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm warnte noch vor dem US-Angriff des Iran in der "Zeit": "Branchen wie Chemie, Metallverarbeitung oder Glas stünden erneut unter erheblichem Druck, da Energie ein zentraler Produktionsfaktor ist." Sollte es so weit kommen, fürchtet sie "weitere Produktionsrückgänge, Standortverlagerungen oder gar Werksschließungen – mit langfristigen Auswirkungen auf die industrielle Basis Deutschlands". Das könnte sich dann im nächsten Schritt auf die Verbraucherpreise auswirken. Zuallererst wahrscheinlich an der Tankstelle, warnt der ADAC . Hier wirken sich steigende Ölpreise am schnellsten aus. Sollten Lieferungen längerfristig unterbrochen werden, könnte das dann auch das Heizen teurer machen. Für Volkswirtschaften in Europa und Asien bedeute ein Ölpreisschock einen stärkeren konjunkturellen Gegenwind als für die USA, die seit einem Jahrzehnt ein Nettoölexporteur sei. "Doch auch in den USA würde die Inflation in diesem Risikoszenario wieder spürbar anziehen", betonten Winkler und Schattenberg. Die Auswirkungen eines höheren Ölpreises auf die Weltwirtschaft dürften davon abhängen, wie lange der Rohstoff so teuer bleibt. "Sollten die Preise nur für einige Tage oder auch ein paar Wochen auf dem erhöhten Niveau bleiben und sich der Markt dann beruhigen, wäre die Weltwirtschaft vermutlich ausreichend resilient und würde in der Lage sein, mit dem derzeit moderaten Wachstum fortzufahren", sagte der Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia. "Hält der Energiepreisschock jedoch ein halbes Jahr oder länger an, ist mit einer globalen Stagflation oder gar Rezession zu rechnen." Eine unmittelbare Gefährdung der Energieversorgung sieht die deutsche Bundesregierung derzeit nicht. Regierungssprecher Stefan Kornelius erklärte in Berlin , man verfolge die Entwicklungen an der Straße von Hormus "sehr genau". Zugleich betonte er, dass Deutschland weder Gas noch Öl aus dem Iran beziehe. Wie könnte Trump auf eine Blockade reagieren? Der Politikwissenschaftler und Sicherheitsexperte Carlo Masala hält einen erneuten Kurswechsel Trumps in der Nahost-Politik für möglich. Sollte der Iran tatsächlich die Straße von Hormus schließen, wäre auch die Energieversorgung der USA bedroht. In diesem Fall sehe Masala kaum eine Alternative dazu, dass Trump seine bisherige Linie verlässt und erneut den Kurs ändert. Das sagte er dem "Focus". Nach Einschätzung Masalas hängen rund 20 bis 30 Prozent der US-amerikanischen Energieversorgung von der Handelsroute im Nahen Osten ab. Zwar bemühe sich Trump derzeit noch, den Iranern zu vermitteln, dass seine militärischen Maßnahmen ausschließlich den iranischen Atomanlagen gelten und er keinen Regimewechsel anstrebe . Dennoch hält der Sicherheitsexperte es für möglich, dass Trump – entgegen früherer Wahlversprechen – die USA in einen längerfristigen militärischen Konflikt mit dem Iran führen könnte, sollte der Iran den Drohungen der Amerikaner nicht nachgeben. Und was hieße eine Blockade für andere Staaten? Die Volksrepublik China sieht derweil ihre wirtschaftlichen Interessen durch eine weitere Eskalation in der Region zunehmend gefährdet. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Guo Jiakun, rief in einer Ansprache die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich verstärkt für eine Deeskalation einzusetzen. Der Persische Golf und die angrenzenden Gewässer seien eine zentrale Handels- und Energieroute von globaler Bedeutung. Sicherheit und Stabilität in der Region zu gewährleisten, liege daher im gemeinsamen Interesse, so Guo. Zugleich stehe die chinesische Regierung in engem Austausch mit Teheran, um die Lage vor Ort zu bewerten. Auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas warnte vor einer Sperrung der wichtigen Seestraße. Eine Schließung der Schiffsroute wäre "extrem gefährlich und für niemanden gut", sagte Kallas am Rande eines Treffens der EU-Außenminister am Montag in Brüssel . "Die Bedenken, dass sich dieser Krieg ausweitet, sind enorm", betonte sie. Nach Einschätzung des Volkswirts Cyrus de la Rubia könnte es inmitten der aktuellen Unsicherheit jedoch auch durchaus einen Profiteur geben. Sollte das iranische Regime die Straße von Hormus tatsächlich blockieren, würde dies voraussichtlich die Nachfrage nach russischem Gas und Öl wieder ankurbeln. Ein kräftiger Anstieg der Ölpreise könnte Moskau rund dreieinhalb Jahre nach dem Überfall auf die Ukraine helfen, seine Kriegskasse erneut zu füllen, so seine Einschätzung.