Seit Judith Rakers nicht mehr die "Tagesschau" moderiert, konzentriert sie sich voll auf ihre Bauernhof-Projekte. Dass Teile davon Diskussionen auslösen, irritiert sie. Judith Rakers ist wütend – und der Grund sind Reaktionen auf ihre Umzugspläne. "Ich jedenfalls empfinde es als Armutszeugnis für unsere Gesellschaft, wenn einem nahegelegt wird, doch lieber nach Mallorca zu ziehen als in den Osten von Deutschland. Also, wo sind wir denn? Das ist für mich nicht nachvollziehbar", wettert sie in einem Interview mit der "Welt". Die ehemalige "Tagesschau"-Sprecherin hat sich entschlossen, ihren Wohnsitz von Hamburg nach Rügen zu verlegen. Noch im Juli will sie mit ihrem kleinen Bauernhof auf die Ostseeinsel ziehen, auf der sie bereits viele Freunde habe. Dass ihr Umzug Anlass für politische Debatten wurde, irritiert sie. Ostdeutschland sei keine "No-go-Area" Hintergrund ist das Wahlergebnis in der Region: In Teilen kam die AfD dort auf fast 50 Prozent der Stimmen – so etwa in der Stadt Bergen. Für viele Kommentatoren ein Grund, den Ortswechsel der Journalistin kritisch zu hinterfragen. In der "Welt" reagierte Rakers nun deutlich auf diese Einordnung: "Wenn ich so etwas lese, kann ich nur mit dem Kopf schütteln", sagte sie. Zwar sei die AfD stärkste Kraft geworden, "aber wir dürfen bitte nicht vergessen, dass die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler sich für demokratisch gelesene Parteien entschieden hat." Rakers betonte, dass es nicht Aufgabe sei, Mauern in den Köpfen neu zu errichten. "Mein Umzug innerhalb Deutschlands müsste genauso behandelt werden, wie ein Umzug nach Hamm , nach Münster oder nach München . Ich ziehe jetzt nach Ostdeutschland, ja." Auch die Vorstellung, sie solle doch lieber nach Mallorca ziehen, lehnt sie ab – nicht nur aus praktischen Gründen: "Ostdeutschland zu einer No-go-Area zu erklären, in die man als Westdeutscher nicht umziehen sollte, ist sicherlich nicht die Lösung", so Rakers. "Als Kind war ich eine Leseratte" Ihre künftige Heimat habe sie bereits 2010 kennengelernt. Damals sei sie bei einem Urlaub auf Rügen "schockverliebt" gewesen. Inzwischen kenne sie dort viele weltoffene und tolerante Menschen. Gleichwohl sei ihr bewusst, dass sich die politische Stimmung von der in Hamburg unterscheide. "Ich nehme natürlich zur Kenntnis, dass es auf Rügen mehr Menschen gibt, die mit der aktuellen Politik unzufrieden sind als in Hamburg. Und die das durch ihr Wahlverhalten auch zum Ausdruck bringen – trotz der Warnungen vor rechtsextremen Tendenzen", so Rakers in dem Interview. Außerdem gewährt Rakers in dem Gespräch private Einblicke. Auf die Frage, ob sie nicht traurig sei, keine eigenen Kinder zu haben, denen sie ihre Bücher vorlesen kann, antwortet sie: "Als Kind war ich eine Leseratte, mein Vater aber hatte selten Zeit, mir etwas vorzulesen. Deshalb wollte ich das später anders machen, dachte immer, wenn ich eigene Kinder habe, werde ich mit denen ganz viel lesen. Es wäre natürlich sehr schön, wenn ich das tun könnte, aber es hat halt nicht sein sollen." Dennoch bleibe sie ein "sehr optimistischer Mensch" und habe viel Freude im Leben – besonders an ihrem neuen Bauernhof-Projekt auf Rügen.