Krebs-Vorsorge: Gottschalks Diagnose sollte Männer zum Arztbesuch bewegen

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Thomas Gottschalks Krebsdiagnose lenkt die Aufmerksamkeit auf ein typisches Verhalten vieler Männer: Sie gehen viel seltener zu lebenswichtigen Untersuchungen als Frauen. Die Öffentlichkeit reagiert betroffen, seit das Ehepaar Karina und Thomas Gottschalk die schwere Krebserkrankung des Entertainers öffentlich gemacht hat. Die bislang bekannt gewordenen Einzelheiten zu Schwere und Stand seiner Erkrankung geben Anlass, ihm wirklich alles Gute zu wünschen. Mir fiel in den Pressemeldungen dabei ein Satz seiner Frau auf: Thomas Gottschalk habe – "typisch Mann" – "natürlich nicht zum Arzt gehen" wollen. Typisch Mann? Nach einer am 28. November veröffentlichten Forsa-Umfrage der DAK-Gesundheit fürchten mehr als zwei Drittel der befragten Personen (69 Prozent), an Krebs zu erkranken, mehr als jeder Zweite (54 Prozent) an Alzheimer oder Demenz . Beim Schlaganfall sind es 45 Prozent, 39 Prozent haben Angst vor einem Herzinfarkt. Merklich angestiegen ist unter jungen Menschen im Alterssegment 14 bis 29 Jahren die Befürchtung, Probleme mit Depressionen oder einem Burn-out zu bekommen – auf fast die Hälfte (47 Prozent) dieser Befragten. Die Teilnehmer der Umfrage sind bei der Abwendung dieser Bedrohungen nicht untätig. Sie treiben regelmäßig Sport, achten erfreulicherweise auf gesunde Ernährung, drei Viertel der Befragten rauchen nicht und halten den Alkoholgenuss moderat. Etwas dünner wird die Statistik, wenn es um medizinische Vorsorgeuntersuchungen geht. Zur Krebsvorsorge gehen immerhin 77 Prozent der Frauen – bei den Männern sind es dann allerdings gerade mal knapp die Hälfte. Auf ihr Auto achten Männer mehr als auf sich selbst Woher deren Sorglosigkeit rührt, ist bislang nicht endgültig geklärt. Während im Auto höchst sensibel und sofort reagiert wird, sobald im Borddisplay der Schriftzug "Inspektion" oder "Ölservice fällig!" aufleuchtet, obwaltet bei der eigenen Wartung und Werterhaltung größere Laxheit. Wissenschaftler meinen, dass hier überkommene Vorstellungen von Männlichkeit wirken, die von Härte und der Fähigkeit zum Durchhalten geprägt sind – was von allein kommt, geht auch von allein wieder. Diese Art der Verdrängung hindert Männer daran, selbst bei schon bestehenden Beschwerden zum Arzt zu gehen. Dabei spielt natürlich auch die Angst vor einer niederschmetternden Diagnose mit. Werden Schmerzen oder andere Symptome unerträglich, geht es schließlich doch in die Praxis, manchmal mit einer Art Werkstattreparatur-Erwartung, die aber auch wiederum in den Bereich Autoservice gehört. Andere schieben das medizinisch Gebotene immer wieder auf und nehmen dafür auch gern berufliche Verpflichtungen als Begründung. Das wird über die Krankenkasse bezahlt Allerdings muss gesagt werden, dass solche Rollenvorbilder seit einiger Zeit im Wandel begriffen sind. Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, kommt dabei große Bedeutung zu. Das zeigt nicht nur Thomas Gottschalks Umgang mit seiner Erkrankung. Prominente sprechen mittlerweile auch das Thema Vorsorge offen an, und selbst früher lieber im Dunkeln gehaltene Problembereiche wie Darmspiegelung und Prostata werden thematisiert. Generell wird für Männer ab 35 Jahren ein alle drei Jahre stattfindender allgemeiner Gesundheitscheck empfohlen und über die Krankenkassen finanziert. Der Arzt führt ein Anamnese-Gespräch, um über den Lebensstil seines Patienten im Bilde zu sein, über eventuell bestehende Erkrankungen oder familiäre Vorbelastungen. Eine gründliche körperliche Untersuchung soll etwaige chronische Erkrankungen erkennen oder ausschließen. Das Labor untersucht Blut und Urin, um einen Eindruck vom Stoffwechsel zu erhalten, die Tätigkeit der inneren Organe zu bewerten und mögliche Belastungen zu erkennen. Dann schätzt der Arzt den Gesundheitszustand des Patienten ein, erteilt Ratschläge oder stößt weitergehende fachärztliche Untersuchungen und Therapien an. Dieses Organ müsste auch regelmäßig überwacht werden Alle zwei Jahre ist ab 35 Jahren ein Hautkrebs-Screening angeraten (Hautärzte finden das zu spät, besser schon ab 20 und am besten einmal pro Jahr). Nach einem Vorgespräch untersucht der Arzt mit bloßem Auge oder einem Dermatoskop, einem Gerät, das wie eine große Lupe und Lichtquelle funktioniert, die gesamte Körperoberfläche, um weißen und schwarzen Hautkrebs (Melanom) rechtzeitig zu erkennen und wirksam zu heilen. Um die Prostata kann sich vom 45. Lebensjahr an jährlich ein Urologe kümmern. Durch eine Blutuntersuchung im Labor wird der PSA-Wert (Prostataspezifisches Antigen) bestimmt; ist er erhöht, kann das auf eine Erkrankung der Prostata hinweisen. Im Gespräch erfragt der Arzt, ob Nieren und Blase beschwerdefrei funktionieren. Anhand eines Tastbefundes oder eines transrektalen Ultraschalls stellt er fest, ob die Prostata krankhaft verändert ist. Es wäre wünschenswert, dass auch die Nieren im Ultraschall betrachtet würden. Wenn Nierenkrebs Symptome macht, ist es oft zu spät, davor ist er heilbar durch Operation. Dazu muss man ihn rechtzeitig entdecken, er wächst still und leise. So schlimm ist es wirklich nicht Darmkrebsvorsorge (Darmspiegelung, Koloskopie) sollte Mann ab 50 (demnächst ab 45) regelmäßig auf dem Zettel haben. Der Arzt führt dabei hinterrücks ein spezielles biegsames Endoskop (Koloskop) ein und verfolgt auf dem Monitor die Reise der Mini-Kamera durch den Darm, der durch eine mitgleitende Mini-Lampe ausgeleuchtet wird. Bei Auffälligkeiten kann der Arzt über medizinisches Gerät an der Spitze des Koloskops Gewebeproben zur späteren Untersuchung entnehmen und Polypen direkt abtragen – wodurch es nicht nur Früherkennung, sondern echte Vorsorge wird. Für den Patienten zwar unangenehm, aber die Untersuchung dauert nicht lange. Wer die 65 erreicht hat, kann einmalig ein Bauchaortenaneurysma-Screening machen lassen. Hierbei wird per Ultraschall untersucht, ob die Bauchschlagader schlank ist oder bedenklich erweitert – etwa in Form eines Aneurysmas. All diese Maßnahmen sind natürlich freiwillig, und dem Patienten entstehen keinerlei Kosten. Klingt alles nicht so dramatisch, oder? Und keiner wird gezwungen, ständig in den Wartezimmern irgendwelcher Ärzte zu sitzen. Es geht bei der Vorsorge – wohl zu wissen – um Arztbesuche (wie beim Urologen oder der Frauenärztin), die allerhöchstens einmal im Jahr stattfinden. Marketing oder Kompetenz Gegenwärtig wird auch über Gesundheitschecks in Drogerien diskutiert, weil eine Drogeriekette in bestimmten Regionen Deutschlands Augenscreening, Blutuntersuchungen oder Hautanalyse anbietet. Natürlich ist es bei allem, was wir jetzt wissen, löblich, das Gesundheitsbewusstsein der Kundschaft näher in ihre alltägliche Lebensführung zu rücken. Gesundheitsbehörden und Ärzteverbände sehen das aber eher kritisch. Zum einen, weil bislang nicht garantiert ist, ob man in allen betreffenden Drogeriefilialen mit der nötigen medizinischen Kompetenz am Werk ist und nicht vielleicht doch Marketinggesichtspunkte im Vordergrund stehen. Zum anderen, weil die Initiative bislang nicht zur Entlastung der ärztlichen Versorgung geführt hat. Leider ist es schwierig, Arzttermine zu bekommen. Die 116117 anzuwählen, hilft oft weiter, jedoch gerade im ländlichen Raum sind die Ärzte rar und die Wartezeiten insgesamt lang. Bleiben Sie achtsam mit sich selbst und kommen Sie gesund durch die Zeit!
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