Die Leberwerte sagen etwas über den Zustand der Leber aus – doch was genau? Wie die Werte zu verstehen sind und was bei der Interpretation zu beachten ist. Als Leberwerte werden verschiedene Stoffe im Blut bezeichnet, die Auskunft über die Lebergesundheit geben. Weichen sie vom Normbereich ab, könnte das Organ krank sein – selbst dann, wenn keine Beschwerden zu spüren sind. Denn Lebererkrankungen beginnen sehr häufig ohne Symptome. Veränderte Leberwerte können also das erste und zunächst einzige Krankheitsanzeichen sein. Oft fallen sie nur durch Zufall im Rahmen einer routinemäßigen Blutuntersuchung in der hausärztlichen Praxis auf – und sollten dann unbedingt weiter abgeklärt werden. Als Ursache kommen verschiedene Erkrankungen und Einflüsse in Betracht, vor allem: eine nicht alkoholische Fettlebererkrankung, ausgelöst durch ein Übermaß an Nährstoffen beziehungsweise einen Mangel an Bewegung übermäßiger Alkoholkonsum Medikamente, Drogen und andere Stoffe, die die Leber belasten durch Viren bedingte Leberentzündungen (Hepatitis A bis E) Gallenwegs- und Gallensteinerkrankungen Außerdem können sich einige Krankheiten auf die Leberwerte auswirken, die nicht direkt die Leber betreffen, zum Beispiel Muskel- und Herzerkrankungen. Mitunter weisen jedoch auch Menschen ohne feststellbare Erkrankung vorübergehend erhöhte Leberwerte auf. Warum, lässt sich nicht immer ermitteln. Leberwerte verstehen – was steckt hinter ihren Namen? Aspartat-Aminotransferase, Alanin-Aminotransferase, Gamma-Glutamyltransferase – die Leberwerte tragen komplizierte Namen, die etwas mit ihrer biochemischen Funktion zu tun haben. Um zu verstehen, was sie bedeuten, sind aber keine Chemiekenntnisse nötig. Wichtig zu wissen ist in erster Linie, wo genau in der Leber die verschiedenen Stoffe vorkommen. Davon ausgehend lassen sich nämlich Rückschlüsse darauf ziehen, wo und in welchem Ausmaß die Leber möglicherweise geschädigt ist. Das wiederum kann erste Hinweise auf die ursächliche Erkrankung geben. Die Leberwerte lassen sich in drei Gruppen unterteilen: Marker für eine Leberzellschädigung Marker für eine Cholestase (einen Gallestau) Marker für die Syntheseleistung der Leber (ihre Fähigkeit, bestimmte Stoffe herzustellen) Marker für eine Leberzellschädigung sind Enzyme, die Leberzellen freisetzen, wenn sie geschädigt werden. Zu diesen Enzymen zählen: Alanin-Aminotransferase, kurz ALT (früher Glutamat-Pyruvat-Transaminase, kurz GPT) Aspartat-Aminotransferase, kurz AST (früher Glutamat-Oxalacetat-Transaminase, kurz GOT) Glutamatdehydrogenase (GLDH) Darüber hinaus ist der De-Ritis-Quotient von Bedeutung. Er gibt das Verhältnis vom AST- zum ALT-Wert an und gibt Auskunft über die Schwere einer Leberzellschädigung. (Genaueres dazu im Folgekapitel.) Marker für einen Gallestau sind: die Gamma-Glutamyltransferase (GGT), die Alkalische Phosphatase (AP) und Bilirubin . GGT und AP sind Enzyme, die in den Zellen der Leber und der Gallenwege zu finden sind. Bei einem Gallestau (etwa durch Gallensteine , Entzündungen oder Tumoren) gelangen sie vermehrt ins Blut. Bilirubin ist ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin. Die Leber macht es wasserlöslich, damit es mit der Galle über die Gallengänge ausgeschieden werden kann. Im Falle eines Gallestaus funktioniert die Ausscheidung nicht richtig. Dann kann sich Bilirubin im Blut sammeln und dort in größerer Menge nachgewiesen werden. (Ein erhöhter Bilirubinspiegel verursacht typischerweise auch merkliche Symptome wie Juckreiz und eine Gelbsucht, fachsprachlich Ikterus genannt.) Marker für die Syntheseleistung der Leber sind Eiweiße, deren Herstellung (Synthese) Aufgabe der Leber ist. Kann sie diese nicht mehr im gewohnten Maße erfüllen, lassen sich im Blut geringere Mengen dieser Eiweiße messen. Das kann etwa der Fall sein, wenn zu wenig intaktes Lebergewebe vorhanden ist (zum Beispiel bei einer Leberzirrhose), oder wenn dem Körper wichtige Nährstoffe fehlen (zum Beispiel bei starker Mangelernährung). Die wichtigsten Synthesemarker sind: Albumin: Das ist ein im Blutplasma enthaltenes Eiweiß, welches in der Leber gebildet wird. Es dient vor allem dazu, die Flüssigkeitsverteilung im Blut zu regulieren. Außerdem ist es ein sogenanntes Transporteiweiß. Es bindet schwer bzw. nicht wasserlösliche Stoffe wie Hormone und freie Fettsäuren und transportiert sie durchs Blut. Ein niedriger Albuminwert kann etwa Anzeichen einer eingeschränkten Leberfunktion aufgrund einer chronischen Lebererkrankung, einer starken Mangelernährung oder einer akuten Entzündung sein. Cholinesterase (CHE): Dabei handelt es sich um ein von der Leber produziertes Enzym, das ebenfalls im Blut zirkuliert. (Seine physiologischen Funktionen sind bislang nicht genau geklärt.) Zudem erlaubt der Quick-Wert Rückschlüsse auf die Syntheseleistung der Leber: Er gibt an, wie gut die Blutgerinnung funktioniert. Das wiederum hängt davon ab, ob genug Stoffe im Blut sind, die die Gerinnung ermöglichen. Diese Stoffe, sogenannte Gerinnungsfaktoren, stellt die Leber her. Ein niedriger Quick-Wert kann somit darauf hindeuten, dass die Leber zu wenig Gerinnungsfaktoren produziert, wodurch sich die Gerinnungszeit verlängert. Auffällige Leberwerte richtig interpretieren Mehr als ein Verdacht lässt sich aus den Leberwerten nicht ableiten. Um den Grund für die veränderten Werte mit Gewissheit feststellen zu können, muss sich die Ärztin oder der Arzt zunächst ein genaues Bild vom Gesundheitszustand der betroffenen Person machen (mehr dazu weiter unten). Dennoch können Leberwerte wertvolle Anhaltspunkte geben: Für gewisse Erkrankungen sind bestimmte Konstellationen von erhöhten beziehungsweise erniedrigten Leberwerten typisch. Je nachdem, welche Werte wie stark erhöht oder erniedrigt sind, kommen also andere Erklärungen für die auffälligen Werte infrage. Das Gesamtbild der Laborergebnisse kann somit dazu beitragen, die wahrscheinlicheren Ursachen einzugrenzen. Hier einige Beispiele: ALT und AST erhöht: Hinweis auf eine Leberzellschädigung, etwa durch akute Hepatitis, eine Fettlebererkrankung oder Medikamente. Wenn ALT und AST erhöht sind und der De-Ritis-Quotient über 1,0 liegt, spricht das für einen schweren Leberschaden . Ein De-Ritis-Quotient unter 1,0 ist hingegen typisch für einen leichteren Leberschaden . nur AST erhöht: Kann auch auf Erkrankungen außerhalb der Leber hinweisen, etwa einen Herzinfarkt oder eine Muskelerkrankung. (Die Aspartat-Aminotransferase (AST) ist in der Leber, aber auch in anderen Geweben vorhanden – unter anderem im Herzmuskel sowie in der Skelettmuskulatur. Das unterscheidet sie von der Alanin-Aminotransferase (ALT), die überwiegend in den Leberzellen vorkommt und deren erhöhte Konzentration im Blut für eine Leberschädigung spricht.) GLDH erhöht: Deutet auf ausgeprägte Schädigung oder einen Untergang (eine Nekrose) von Leberzellen hin, beispielsweise im Rahmen einer schweren Hepatitis, einer akuten Pilzvergiftung oder bei Leberkrebs. Die Glutamatdehydrogenase (GLDH) ist ein Enzym, das vor allem in den Mitochondrien der Leberzellen vorkommt – den Zellorganellen, die für die Energieproduktion zuständig sind. Weil Mitochondrien normalerweise gut geschützt sind, gelangt GLDH nur bei tiefergehenden Zellschäden oder Zelluntergang ins Blut. Daher gilt GLDH als Marker für schwere, meist nekrotische Leberschäden. Was genau mit der Leber (oder einem anderen Organ) nicht stimmt, lässt sich an den Leberwerten jedoch wie erwähnt nicht sicher ablesen. Für eine Diagnose sind weitere Untersuchungen unumgänglich. Häufig sind unter anderem ein Oberbauch-Ultraschall, Bluttests auf Virushepatitiden und/oder eine Untersuchung mit bildgebenden Verfahren wie CT oder MRT erforderlich. Normale Leberwerte schließen Erkrankung nicht aus Normale Leberwerte sind kein Beweis dafür, dass die Leber gesund ist. Hat sie "nur" zu viel Fett eingelagert und sich noch nicht entzündet, können die Leberwerte unauffällig sein. Zu vermehrten Zellschädigungen, bei denen die oben erwähnten Enzyme freigesetzt werden, kommt es vor allem, wenn sich infolge der Fettlebererkrankung bereits Entzündungen im Lebergewebe entwickelt haben. Und bei weit fortgeschrittenen Lebererkrankungen können die Leberwerte wieder im Normalbereich liegen. Das lässt sich dadurch erklären, dass kaum noch funktionierendes Lebergewebe vorhanden ist, das die entsprechenden Stoffe freisetzen könnte.