Nebenniereninsuffizienz: Stress ist für Betroffene lebensgefährlich

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Mit einer sachgerecht behandelten Nebenniereninsuffizienz ist oft ein normales Leben möglich. Stress bleibt jedoch immer ein Risiko. Was bedeutet das? Die Nebennieren sind kleine Drüsen, die unterschiedliche Hormone bilden – darunter sogenannte Stresshormone wie das in der Nebennierenrinde gebildete Kortisol. Dieser lebenswichtige Botenstoff ist an der Steuerung des Energie- und Knochenstoffwechsels sowie an der Immunabwehr beteiligt und wirkt sich auf Nervenzellen aus. Funktioniert die Nebennierenrinde nicht richtig, sodass ein Hormonmangel besteht, spricht man von einer Nebenniereninsuffizienz. Betroffene müssen lebenslang Hormone einnehmen, um den Mangel auszugleichen. Fehlendes Kortisol ist dabei in jedem Fall zu ersetzen – etwa durch Hydrokortison-Tabletten. Doch trotz sachgemäßer Dauertherapie kann sich eine Nebenniereninsuffizienz in bestimmten Situationen plötzlich massiv verschlimmern: Eine solche Nebennierenkrise ist ein Notfall, der ohne rasche Hilfe fast immer tödlich verläuft. Ein typischer Auslöser ist Stress. Darum ist Stress bei Nebenniereninsuffizienz gefährlich Bei Stress benötigt der Körper mehr Kortisol als sonst. Denn das Stresshormon hilft ihm, die damit einhergehende Beanspruchung besser zu bewältigen, indem es unter anderem Energie bereitstellt, den Blutdruck erhöht und Entzündungen hemmt. Bei einer Nebenniereninsuffizienz reicht die übliche Dosis der Dauertherapie in Stresssituationen jedoch oft nicht aus, um den erhöhten Kortisolbedarf zu decken. Diese akute Unterversorgung mit Kortisol kann dann binnen kurzer Zeit zu einer Nebennierenkrise führen, bei der sich der Allgemeinzustand der Betroffenen deutlich verschlechtert. Weitere mögliche Anzeichen für diesen Notfall sind: Übelkeit, Erbrechen , Bauchschmerzen schweres Krankheitsgefühl oder Fieber Unterzuckerung mit Kaltschweißigkeit, Herzrasen, Hunger niedriger Blutdruck , Schwindel, Kreislaufkollaps starke Müdigkeit und körperliche Schwäche Benommenheit, Teilnahmslosigkeit Schock mit tiefer Bewusstlosigkeit Jede Nebennierenkrise erfordert eine sofortige Versorgung mit Kortisol und anschließend eine intensivmedizinische Behandlung im Krankenhaus. Schon beim geringsten Verdacht auf eine sich verschlimmernde Nebenniereninsuffizienz gilt daher: ohne Zögern dem Körper Hydrokortison (oder einen ähnlichen Wirkstoff) zuführen und den Rettungsdienst (Notrufnummer 112) alarmieren oder sich in eine nahegelegene Notaufnahme fahren lassen. Als Auslöser kommen viele Stresssituationen infrage Dass sich eine Nebenniereninsuffizienz krisenhaft verschlimmert, kann praktisch jederzeit passieren: Es gibt zahlreiche – auch alltägliche – Reize, die den Organismus körperlich oder psychisch derart beanspruchen, dass sie eine Stressreaktion auslösen. Wie stressig eine Situation wirkt, ist zudem individuell unterschiedlich. Mögliche Auslöser von Stressreaktionen sind unter anderem: chemische Reize, wie Drogen oder Chemikalien physikalische Reize, wie extreme Hitze oder Lärm körperliche Beanspruchungen, etwa durch Infektionskrankheiten, Verletzungen, Operationen, Schwangerschaft oder Geburt psychische Faktoren, wie Unsicherheit oder Versagensängste soziale Faktoren, wie Konflikte oder Gruppendruck kritische Lebensereignisse und traumatische Ereignisse Aber Achtung: Selbst eigentlich angenehme Situationen können Stress bedeuten und somit für Menschen mit Nebenniereninsuffizienz gefährlich werden – etwa dann, wenn sie zu plötzlich auftreten oder besonders intensiv sind. Die häufigsten Auslöser von Nebennierenkrisen sind jedoch: Magen-Darm-Infekte fieberhafte Erkrankungen (durch Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten) operative oder invasive Eingriffe intensive körperliche Belastungen erhebliche psychische Belastungen Tipps zum richtigen Umgang mit Stresssituationen Um stressbedingte Nebennierenkrisen bei einer bekannten Nebenniereninsuffizienz zu vermeiden, ist es notwendig, die zu deren Dauertherapie individuell festgelegte Kortisoldosis vorübergehend zu erhöhen – und zwar rechtzeitig (etwa, sobald ein erstes Krankheitsgefühl zu spüren ist). Daher sollten alle Menschen mit Nebenniereninsuffizienz und deren Angehörige unbedingt lernen, die Therapie in Stresssituationen selbstständig anzupassen. Dazu können sie etwa an eigens für diesen Zweck angebotenen Schulungen in einer Praxis oder Ambulanz für Endokrinologie teilnehmen. Wie hoch die Stressdosis mindestens sein sollte, hängt vom Ausmaß der körperlichen oder psychischen Anforderungen ab. Betroffene können sich bei der Dosisanpassung in Stresssituationen grob an folgenden Faustregeln orientieren: Bei leichten Verletzungen gegebenenfalls 5 bis 10 Milligramm Hydrokortison zusätzlich einnehmen. Auch vor anstrengenden Abendveranstaltungen oder über das Gewohnte hinausgehenden Aktivitäten gegebenenfalls 5 bis 10 Milligramm Hydrokortison zusätzlich einnehmen. Bei einem Infekt mit leichtem bis mittlerem Krankheitsgefühl ohne Fieber oder in einer deutlichen Belastungssituation (wie erheblicher körperlicher oder psychischer Belastung, starkem Schmerz, kleinen ambulanten Eingriffen) die Tagesdosis verdoppeln. Bei einer akuten Erkrankung mit deutlichem Krankheitsgefühl und/oder Fieber die Tagesdosis verdreifachen. Bei fehlender Besserung dringend ärztliche Hilfe einholen. Bei anhaltendem Erbrechen, Durchfall , Fieber über 39 °C und/oder schwerem Krankheitsgefühl 100 Milligramm Hydrokortison als Selbstinjektion in einen Muskel spritzen und in jedem Fall dringend ärztliche Hilfe rufen. Grundsätzlich gilt: Im Zweifelsfall besser kurzfristig zu viel statt zu wenig Kortisol einnehmen. Denn bei unzureichender Dosisanpassung kann eine Nebenniereninsuffizienz bei Stress im Extremfall tödlich verlaufen, wohingegen eine zu hohe Dosis im Notfall nicht schädlich ist. Sobald die Stresssituation vorbei ist, können (und sollten) die Betroffenen aber wieder zu ihrer üblichen Tagesdosis zurückkehren.
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