Neurodermitis lindern: Behandlungen und Lebensstil im Fokus

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Millionen Menschen leiden unter Neurodermitis. Doch mittlerweile lässt sich mit Behandlungen und Änderungen im Lebensstil das Leiden lindern. Im Kleinkindalter beginnt es oft mit ekzemartigen Hauterscheinungen – im Gesicht oder an den Extremitäten. Bei Schulkindern überwiegt sie als Beugenekzem, Erwachsene beklagen Ekzeme, die sich auf Augenlider, Hände, Nacken oder Genitalien legen, die Hauterscheinungen können aber auch die gesamte Körperoberfläche betreffen und in Schüben auftreten: Die stellen sich gern und gerade dann ein, wenn wichtige Momente in unserem Leben bevorstehen, und werden so zur physischen und zur seelischen Belastung. Die Rede ist von Neurodermitis , weniger stigmatisierend gesagt, dem sogenannten atopischen Ekzem. Atopie kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie "ortlos". Es ist demnach ein Ekzem, dessen Ursache nicht klar zuzuordnen ist: Tatsächlich kommt etwas von innen und etwas von außen. Die Hautempfindlichkeit bei Neurodermitis ist genetisch beeinflusst, nicht selten zeigt sie sich als Reaktion auf Umwelteinflüsse. Wesentlich ist hier unter anderem eine verminderte Bildung des Strukturproteins Filaggrin , das die Barrierefestigkeit der Hornschicht gewährleistet. Sie geht gern mit einer aus dem Lot geratenen Darmflora einher, sogenannten Dysbiosen, die die Entzündungsprozesse noch weiter in Fahrt bringen, weil schlechte Darmbakterien die Vorherrschaft der guten anfechten. Wir selbst bereiten manchmal den Boden dafür – durch übermäßigen Zucker- oder Weißmehlgenuss . Bei manchen Menschen könnte auch Gluten die Ursache sein. Oder ATI, ein natürliches, aber durch Zucht stark angereichertes natürliches Pestizid aus dem Weizen. Auch hoch verarbeitete Lebensmittel, Alkohol oder Medikamente unterstützen die schlechten Darmbakterien. Stress ist immer eine Gefahr Ein anderer Faktor, der Wortanteil Neuro- belegt es, ist unsere Psyche. Psychisch bedingte oder ausgelöste Erkrankungen stehen zuweilen auch heute noch in dem Ruf, die Erkrankten seien durch ihre Neurosen "selbst schuld" an ihrem Leiden, in diesem Fall dem Ekzem. Vielleicht mag jemand, der sich immerzu kratzen muss, den der Juckreiz "verrückt macht", angespannt wirken und gestresst. Es stimmt auch, dass Stress über die Ausschüttung von Nervenbotenstoffen die Haut und das Juckreizempfinden fördert. Und ja, Stress verschlechtert die Erkrankung wie nahezu jede Hauterkrankung. Doch längst nicht jeder, der gestresst ist, bekommt Neurodermitis. In den Industrieländern trifft diese Diagnose in unterschiedlicher Ausprägung 15 bis 20 Prozent der Kinder und etwa 3 Prozent der Erwachsenen. Was genau also ist Neurodermitis? Es handelt sich um eine genetisch angelegte immunologische Balancestörung, die mit trockener Haut, juckenden Ekzemen und Allergien einhergeht. Pollen, Tierhaare, Hausstaubmilben oder bestimmte Nahrungsmittel führen zu Heuschnupfen , Asthma, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und zu Ekzemen. Das Abwehrbollwerk der Neurodermitishaut ist nicht besonders effizient, und Allergene können leichter in die tieferen Regionen der Oberhaut wandern. Betroffene haben zu viele Staphylococcus-aureus‑Bakterien und eine schlechtere Abwehr gegen Viren, weshalb sie auch noch zu Dellwarzen , vulgären Warzen und Herpes neigen. Fettsäuren haben entscheidenden Einfluss Das Immunsystem schießt zwar gegen die vermehrungsfreudigen Erreger, richtet sich aber zugleich auch gegen die Haut und macht die Entzündung schlimmer. Aus diesem Grund ist man bei Neurodermitis versucht, Antierregermaßnahmen zu ergreifen. Bewährt sind Cremes und Kleidung mit Mikrosilber oder Silberfäden, die ohne Allergierisiko Erreger bekämpfen können. Zunehmend setzt man auf Pflegeprodukte, die das Hautmikrobiom stärken, Apfelessig-Wasser ist dabei ein Hausmittel , was genau in diese Richtung geht, den Säureschutzmantel zu stärken, damit sich die Helferbakterien zu Hause fühlen und ansiedeln. Eine wichtige Rolle spielt unsere Nahrung: So haben Fettsäuren einen Einfluss auf das Hautbild und damit auch auf Neurodermitis. Studien haben bestätigt, dass etwa über Nahrungsergänzungsmittel zugeführte Omega‑3‑Fettsäuren das Hautbild deutlich verbessern, weil sie antientzündlich wirken. Viele Jahre untersuchte man zudem die Omega‑6‑Fettsäure Gamma-Linolensäure. Sie kann bei Atopikern, also von Neurodermitis Betroffenen, nicht ausreichend hergestellt werden – was durch einen möglichen Mangel an B‑Vitaminen einschließlich Biotin, Calcium, Magnesium und Zink noch gefördert wird. Ein Mangel an Gamma-Linolensäure bei Neurodermitis führt dazu, dass Erreger auf der Haut nicht ausreichend bekämpft werden und sich Infektionen durch Bakterien, Pilze und Viren ausbreiten können. Studien: Längere Stillzeit senkt das Risiko Betroffene nutzen daher gerne Gamma-Linolensäure-haltige Pflegesalben auf der Basis von Nachtkerzensamenöl oder Öl aus Samen der Schwarzen Johannisbeere und Borretsch. Die Wirkung ist jedoch individuell unterschiedlich und insgesamt moderat. Mehr Mut machen Untersuchungen, die belegen, dass Allergikerinnen während der Schwangerschaft und in der Stillzeit über die Ernährung Einfluss darauf nehmen, ob ihre Kinder später eine Neigung zu Allergien und Neurodermitis entwickeln. So hat eine Studie an schwedischen Kindern hochallergischer Mütter ergeben, dass der regelmäßige Genuss von Fisch (Omega‑3‑Fettsäuren) vor dem sechsten Lebensmonat die Wahrscheinlichkeit für eine Neurodermitis beim Kind um 25 Prozent senkte. Eine weitere Vorbeugung gegen Allergien ist eine mindestens vier (deutsche Leitlinien) bis sechs Monate (WHO) andauernde ausschließliche Stillzeit: dadurch werden Darmflora und Immunsystem gestärkt. Spätestens nach sechs Monaten sollte aber das Zufüttern beginnen, denn auch so wird das Immunsystem trainiert. Auch später gilt, dass durch Bakterien abbaubare Ballaststoffe die Darmflora reichhaltiger und bunter machen können, sodass sich schützende Bakterien breitmachen und das Immunsystem durch stärkende Botenstoffe kräftigen – eine gute Prävention gegen Asthma und Allergien. Hilfe aus dem Kuhstall Eine mögliche Unterstützung gegen Lebensmittelallergien könnte auch die sogenannte Kuhstallpille sein, die bei Hausstaub- und Pollenallergikern zu einer signifikanten Symptomverbesserung führte: Kinder, die auf Bauernhöfen mit dampfenden Kuhställen aufwachsen, leiden seltener an Allergien als Stadtkinder. Die Mikrobenvielfalt, die in Kuhställen vorkommt, stärkt das Immunsystem und entfaltet so allergieschützende Effekte. Vor allem Beta-Laktoglobulin aus Kuhmilch und Kuhurin liefert dem Immunsystem Mikronährstoffe und beruhigt es so. Überhaupt scheint das frühe "Training" unseres Organismus ein Weg zu weniger Beschwerden zu sein. Während man kleinen Kindern hierzulande beispielsweise Erdnüsse lange vorenthielt – aus Angst vor Allergien –, erhalten etwa in Israel schon Babys eine angemessene Dosis davon, verpackt in leckeren Erdnussflips ohne Salz, an denen sich wunderbar herummümmeln lässt. Arzt muss über Behandlung entscheiden Prinzipiell kann jedes Nahrungsmittel eine Allergie auslösen. Manche aber sind ein direkter Provokationsfaktor für das atopische Ekzem. Weit über die Hälfte der Neurodermitis-Kinder hat eine Lebensmittelunverträglichkeit – überwiegend gegen Kuhmilch, Eier, Weizen und Erdnüsse. Allergien werden aber auch durch Haselnüsse, Sellerie, Obst und Fisch, zunehmend auch Hülsenfrüchte und Soja ausgelöst. Werden Nahrungsmittel nicht vertragen, blüht das atopische Ekzem auf, denn das Immunsystem wird quasi in einen Kampfmodus versetzt – gegen die Allergene. Unsere Haut spiegelt diese Dramatik nun mal lebhaft wider. Über die Behandlung von Neurodermitis sollte nur der Arzt entscheiden, denn sie verläuft eng angepasst an den individuellen Zustand des Patienten. Darmflora ins Lot bringen Mittlerweile wissen wir, dass wir unsere Haut von innen und von außen stärken müssen. Neben anhaltender Basispflege, etwa mit rückfettenden Cremes (Abwendung von Trockenheit und Juckreiz) stehen kortisonhaltige und Immunsystem unterdrückende oder beeinflussende Cremes und Salben zur Verfügung. Inzwischen aber auch Medikamente, die weit über deren Wirksamkeit hinausgehen und das Immunsystem modulieren . Hierzu zählen moderne Biologika, die gezielt Entzündungswege blockieren. Der Hautarzt wacht über Art und Dosierung. Manchmal ist eine Lichttherapie angeraten: UVA1- oder UVB-Strahlung lindert Beschwerden und besänftigt die Haut. Der Arzt kann aber auch eine Stufentherapie anregen, bei der all diese Varianten zeitlich gestaffelt zur Anwendung kommen. Wichtig für den eigenen Beitrag: Bringen Sie Ihre Darmflora ins Lot: probiotische Lebensmittel und vom Arzt empfohlene Nahrungsergänzungsmittel – Vitamin‑D3‑, Omega‑3‑, Zink‑ oder Selengaben – helfen dabei. Wehren Sie sich Ihrer Haut und kommen Sie gesund durch die Zeit!
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