Die Auswahl an kabellosen Kopfhörern ist groß. Jetzt gibt es die noch recht junge Kopfhörergattung Open-Ear. Was steckt dahinter und wie funktionieren sie? In-Ears, Over-Ears, On-Ears – es gibt zahlreiche Kopfhörer-Typen, die je nach Einsatzzweck über unterschiedliche Qualitäten verfügen. Eine noch recht junge Gattung sind die sogenannten Open-Ear-Kopfhörer. Was ist neu daran, was können sie, und für wen sind sie geeignet? Die meisten Bauformen schirmen akustisch ab Klassische Bügelkopfhörer, also On-Ears und Over-Ears, gibt es in zahllosen Ausführungen. Ebenso verhält es sich bei den ganz kleinen Kopfhörern, die mehr oder weniger im Ohr verschwinden (In-Ears). "Bei den In-Ears wird der Gehörgang verschlossen, bei On-Ears abgedeckt und Over-Ear-Modelle umschließen die gesamte Ohrmuschel", erklärt Herbert Bisges vom Fachmagazin "HIFI.de". Was all diese Bauformen vereint: Sie sollen Umgebungsgeräusche möglichst abschirmen, was viele Modelle auch durch eine zusätzliche Funktion zur Geräuschunterdrückung (ANC) erreichen. Mit Open-Ears hört man wichtige Geräusche Ein völlig anderes Konzept haben Open-Ear-Kopfhörer. "Das Ohr und der Gehörgang bleiben hier frei und offen für Schall aus der Umgebung", so Bisges. Das ist vor allem dann gut und sinnvoll, wenn die Kopfhörer zum Beispiel auf dem Fahrrad getragen werden. Wichtige Umgebungsgeräusche, etwa vom Straßenverkehr , werden so noch wahrgenommen. Auch beim Joggen oder Gassigehen ist das beispielsweise sinnvoll. Gleichzeitig haben aber auch Open-Ears den Anspruch, Musik klangvoll wiederzugeben. Die Übertragung des Tons erfolgt nicht bei allen Open-Ear-Kopfhörern gleich, denn es gibt zwei unterschiedliche Konzepte: das Luftschall- und das Knochenschallprinzip. Unterschied in der Leitung des Schalls Die meisten Open-Ear-Modelle setzen auf Luftschallübertragung. Ähnlich wie bei Lautsprechern oder klassischen Kopfhörern wird der Sound durch die Luft und den Gehörgang ans Trommelfell geleitet. Die bei Open-Ears weniger verbreitete Methode zur Klangübertragung ist der Knochenschall. Hierbei wird der Schall durch Vibrationen über die Schädelknochen zum Innenohr geleitet. Die Kopfhörer sitzen hierfür vor dem Ohr. Da der Gehörgang dadurch komplett frei bleibt, sind Umgebungsgeräusche bei diesen Modellen besonders gut wahrnehmbar. Lesen Sie hier: Open-Ear-Kopfhörer im Test – so gut funktionieren sie Technologie und Bauart gehen zulasten des Basses Das allerdings passiert auf Kosten der Bass-Töne. "Die Klangqualität von Knochenschall-Modellen ist häufig nicht so gut wie bei Kopfhörern, die den Sound über das Trommelfell zum Innenohr leiten", sagt Matthias Sternkopf vom Technikportal "Techstage.de". Auch deswegen seien die reinen Knochenschall-Varianten eher wieder auf dem Rückzug. Aber auch bei den Luftschall-Open-Ears müssen Abstriche beim Klang in Kauf genommen werden. "Die Soundqualität der Open-Ear-Kopfhörer ist oft nicht so gut wie bei herkömmlichen Kopfhörern, außerdem beeinflussen die Umgebungsgeräusche den Musikgenuss", sagt Sternkopf. Nur wenn die Kopfhörer optimal auf den Gehörgang ausgerichtet seien, würden auch Luftschallmodelle ein recht gutes Klangbild erzeugen. Offen heißt auch: Die Umgebung hört mit Was beim Fahrradfahren, Joggen oder im Straßenverkehr gut ist, kann in anderen Situationen eher zum K.-o.-Kriterium werden: Die offene Bauweise der Open-Ear-Kopfhörer mit Luftschall-Übertragung sorgt dafür, dass Menschen im näheren Umfeld auch etwas von der Klangkulisse haben. "Das macht sie für Umgebungen wie Flugzeuge, Züge oder öffentliche Verkehrsmittel weniger geeignet", sagt Herbert Bisges. Hier würden In-Ears oder Over-Ears mit Noise-Cancelling-Funktion meist besser abschneiden – es sei denn, sie sind bis zum Anschlag aufgedreht. Umgebungsfreundlich verhalten sich zudem die Knochenschall-Modelle unter den Open-Ears, denn hier wird das Klangsignal für andere nicht hörbar übertragen. Geeignet sind diese Kopfhörer aber nicht für jeden: "Wer von Hörverlust betroffen ist oder einer Gehörsensitivität, kann Probleme haben, den Schall über Knochenschall-Kopfhörer wahrzunehmen", erklärt Sternkopf. Open-Ears punkten mit sehr gutem Tragekomfort Vorteile bieten die Open-Ear-Kopfhörer beim Tragekomfort. "Sie sind oft komfortabler als herkömmliche Kopfhörer, da sie weniger Druck auf den Gehörgang ausüben", sagt Matthias Sternkopf. Gehalten werden die Open-Ears oft durch Ohrbügel, die um die Ohrmuschel gelegt werden. Andere Modelle werden an die Ohrmuschel gehängt. Beide Varianten sorgen dafür, dass die Lautsprecher direkt vor dem Gehörgang positioniert sind und einen direkten Klangkontakt bieten. Beim Sport allerdings können diese Modelle auch verrutschen, weshalb manche Hersteller Nackenbügel für zusätzlichen Halt bieten. Angeboten werden Open-Ear-Kopfhörer von diversen Herstellern wie Bose, JBL, JVC, Nothing, Shokz oder Sony. Preislich liegen gute Open-Ear-Kopfhörer Sternkopf zufolge selten unter 100 Euro. Fazit: Gute Technik mit Kompromissen Wer oft und gerne Kopfhörer trägt, etwa auch, um zu telefonieren, hat mit Open-Ear-Modellen eine gute Alternativ zu In-Ears, die irgendwann beginnen zu drücken oder die Tragenden von ihrer Umgebung zu sehr abschirmen. Musikgenuss aber ist nur mit Einschränkungen möglich, wie Herbert Bisges ausführt: "Satte Bässe darf man nicht erwarten, das gibt die Bauart nicht her."