Polizeikosten für Hochrisikospiele – Gerichtsurteil spaltet

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Hochrisikobehaftete Fußballspiele bedürfen eines großen Polizeiaufgebots. Ob Vereine oder die Allgemeinheit die Kosten dafür tragen sollen, wird höchst unterschiedlich gesehen. Die Deutsche Fußball Liga ist im Streit über eine Beteiligung an den Polizeikosten für Hochrisikospiele am Bundesverfassungsgericht gescheitert. Ihre Verfassungsbeschwerde gegen eine entsprechende Regelung aus Bremen blieb ohne Erfolg, wie der Erste Senat in Karlsruhe verkündete. Christoph Schwennicke sieht Fußball nicht als Grundrecht an, weshalb er es begrüßt, Polizeikosten für Hochrisikospiele nicht mehr der Allgemeinheit aufzubürden. David Digili hingegen bezeichnet die bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung als unredlich. Das Pro & Kontra der beiden t-online-Redakteure lesen Sie hier . Auf ihr Streitgespräch folgten zahlreiche Zuschriften aus der t-online-Leserschaft, die zeigen, wie grundverschieden das Thema bewertet wird. "Es wurde allerhöchste Zeit" Manfred Schlagenhaft schreibt: "Endlich! Es wurde allerhöchste Zeit für solch eine Entscheidung. Der Skrupellosigkeit, einerseits Gewinne zu privatisieren und andererseits Verluste und Kosten zu sozialisieren, wurde – zumindest in diesem Sektor – jetzt einmal ein Riegel vorgeschoben." "Es handelt sich hierbei nicht um Werksgelände, sondern um den öffentlichen Raum", betont Norbert Blank die in seinen Augen bestehende Notwendigkeit der Kostenübernahme vonseiten der Allgemeinheit. "Konsequenterweise müsste sonst auch jedem Veranstalter einer Demonstration, bei der ein erhöhter Polizeieinsatz erforderlich ist, der Aufwand in Rechnung gestellt werden. Ob ein Veranstalter Riesengewinne erzielt, darf keine Rolle spielen." Christa Donau meint, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sei überfällig. "In keiner Sportart benehmen sich die Zuschauer so wie beim Fußball. Wenn die Fußballvereine für die Aktiven derartige Gehälter zahlen können, dann muss auch Geld für Polizeieinsätze da sein." Die Erfurterin spricht sich zudem dafür aus, dass diejenigen, von denen die Gewalt ausgeht, stärker zur Verantwortung gezogen werden. "Für den normalen Bürger gleicht der Anblick in Erfurt bei manchen Fußballspielen am Bahnhof einem Kriegszustand. Das ist nicht gemeinschaftsstiftend, sondern eine Zumutung." "Das Verfassungsgericht hat ein Fass aufgemacht" "Ich bin dagegen, dass die Vereine hierfür gesondert zahlen müssen", sagt Oliver Krause . "Sonst müsste man ja zum Beispiel den Deutschen Gewerkschaftsbund auch zur Kasse bitten. Der hatte zur Demonstration gegen den AfD-Parteitag in Riesa aufgerufen, wo Hundertschaften der Polizei vor Ort sein mussten. Demonstranten werden ja auch von Steuergeldern abgesichert. Wo fangen wir da an und wo hören wir auf?", fragt der t-online-Leser kritisch. Stefan Wolff mailt: "Solange die Klubs nicht an den Kosten beteiligt werden, werden sie nichts gegen die Gewalt der Fans unternehmen. Dabei haben sie eine gesellschaftliche Pflicht. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter, indem ich sage: Klubs müssen nicht nur brisante, sondern alle Spiele selbst absichern. Die Leute wären überrascht, wie schnell sich die Gewalt beim Fußball erledigen würde, denn kein Fan will seinem Klub schaden. Ich habe jedenfalls kein Verständnis dafür, einem Milliardenkonzern mit meinen Steuern die Security zu bezahlen, während das Geld an allen Ecken und Kanten fehlt." Jens Kruse gibt zu bedenken, dass ein Verein mit dem Raum außerhalb eines Stadions nichts zu tun habe. "Er hat keinen Einfluss darauf, wer sich auf dem Platz vorm Stadion aufhält und wer mit welchem Verkehrsmittel zum Stadion fährt. Im öffentlichen Raum übt der Staat seine Hoheitsaufgabe aus, und die Kosten dafür werden durch Steuern erbracht. Diese zahlt auch der Verein. Das Verfassungsgericht hat hier ein Fass aufgemacht, bei dem wir jetzt Jahrzehnte über diverse Abgrenzungen streiten werden." "Ich sehe es als Steuerzahler nicht ein" "Ich sehe es als Steuerzahler nicht ein, Veranstaltungen, die bewusst enorm emotionalisiert werden, in puncto Polizeieinsätze mitzufinanzieren – solange es die Klubs nicht schaffen, überbordende Gewalt zu unterbinden", mailt Michael Kalcher . "Veranstaltungen, die auf einen mit Kampf und Gewalt ausgerichteten Kick ausgelegt sind, sind anders zu bewerten als wirklich familientaugliche Events." Hochrisikospiele gingen wissentlich das Risiko ausufernder Gewalt gegen Menschen und Sachen ein. "Höhere Risiken bedeuten in allen Belangen außergewöhnlich hohe Kosten und sollten vom zuständigen Veranstalter getragen werden." Dennis Thiele hält den großen Zuspruch für die Karlsruher Entscheidung für kurzsichtig. "Bayern, BVB & Co. sitzen zweifelsohne auf gigantischen Vermögen – andere Vereine, gerade in niedrigeren Ligen, aber nicht. Diese sind es am Ende aber, die am meisten die Konsequenzen zu spüren bekommen – während die Großverdiener nur beiläufig die Portokasse öffnen."
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