Rente: Ökonom Börsch-Supan rechnet mit Bas-Gesetz ab

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Der Ökonom Axel Börsch-Supan fordert: Wer länger lebt, muss auch länger arbeiten. Die Pläne der Regierung hält er für eine "irre Dummheit". Die Bundesregierung will das Rentenniveau stabil halten und die Mütterrente ausweiten. Für den Rentenexperten Axel Börsch-Supan ist das ein teurer Fehler: Er rechnet mit immensen Mehrkosten und wirft der Politik Mutlosigkeit vor. Milliardenbelastung für Steuer- und Beitragszahler Die sogenannte Haltelinie beim Rentenniveau würde mehr als 500 Milliarden Euro kosten, wenn man sie bis 2045 festschreiben würde, warnte Börsch-Supan im Gespräch mit der "Wirtschaftswoche". Geplant ist derzeit eine Fortsetzung bis 2031. Hinzu komme die geplante Ausweitung der Mütterrente , die allein jährlich fünf Milliarden Euro verschlinge. "Gröber kann man die Zeichen der Zeit nicht missachten", so der Ökonom. Schon heute schiebt die Rentenversicherung ein Defizit vor sich her. Nach Angaben der Bundesbank hat die Rentenkasse im ersten Halbjahr 2025 ein Defizit von 2,5 Milliarden Euro verbucht , das Minus dürfte bis zum Jahresende weiter wachsen. Der Bundeszuschuss dürfte in diesem Jahr voraussichtlich 134 Milliarden Euro erreichen. Zudem steigt der Beitragssatz wohl ab 2027 von 18,6 auf 18,8 Prozent. Gesetzespaket auf dem Weg: Das plant die Regierung jetzt bei der Rente Aktivrente bis Boomer-Soli: Diese Ideen sollen die Rente retten Reformen auf die lange Bank geschoben Anstatt sofort gegenzusteuern, setzt die Regierung zunächst auf eine Rentenkommission, die erst 2027 Vorschläge vorlegen soll, also kurz vor Beginn des nächsten Bundestagswahlkampfs. Börsch-Supan hält das für zu spät: "Ob eine Kommission die rhetorische Macht hat, sich gegen eben verabschiedete Kabinettsbeschlüsse zu stellen, ist fraglich." Zudem sei zweifelhaft, ob eine künftige Regierung diese Empfehlungen noch umsetze. Besonders kritisch sieht Börsch-Supan das Festhalten an der Haltelinie beim Rentenniveau, weil damit ein zentrales Steuerungsinstrument, der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor , faktisch außer Kraft gesetzt werde. Dieser Faktor dämpft Rentenerhöhungen, wenn die Zahl der Rentner schneller steigt als die der Beitragszahler. "Es ist eine irre Dummheit, den Nachhaltigkeitsfaktor mit der Haltelinie wieder aufzugeben", sagte der Ökonom. Das verschiebe die Lasten einseitig zulasten der Jüngeren. Streit über das Rentenalter Als Lösung plädiert er dafür, das Rentenalter über 2030 hinaus an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. "Wir können nicht alle länger leben und kürzer arbeiten. Das hält die Rentenversicherung nicht durch." Auch Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hatte sich kürzlich in diese Richtung geäußert . Der Koalitionspartner SPD ist jedoch anderer Meinung. Arbeitsministerin Bärbel Bas argumentiert, viele Menschen erreichten das reguläre Rentenalter heute schon nicht mehr gesund. Für künftige Rentner müsse die Botschaft gelten, dass ihre Rente stabil bleibe. Für Börsch-Supan kein Widerspruch: Kompromisse könne es geben, etwa eine Haltelinie nur für Geringverdiener oder flexible Lösungen für Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht länger arbeiten können. Börsch-Supan hingegen kritisiert, dass ausgerechnet die SPD, die mehr Umverteilung wolle, mit dieser Politik auch Gutverdienern höhere Renten garantiere. "Dafür fehlt mir das Verständnis", sagte er. Warnung vor der Babyboomer-Welle Für den Ökonomen ist klar: Die demografischen Probleme sind seit Langem bekannt. Immer weniger Beitragszahler müssen für immer mehr Rentner aufkommen. Und mit dem Eintritt der Babyboomer in die Rente verschärft sich das Ungleichgewicht massiv. Seit Jahren sage die Wissenschaft dasselbe. "In der Politik aber herrscht grobe Uneinsichtigkeit", so Börsch-Supan. Seine Bilanz fällt entsprechend ernüchternd aus: Statt ernsthafte Reformen anzupacken, erkaufe sich die Regierung Zeit und schiebe die Probleme in die Zukunft. "Dass die Ernsthaftigkeit der makroökonomischen Lage nun verstanden wurde, hofft man bislang vergeblich."
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