Es war eine schwere Geburt, aber am Ende stand die Mehrheit fürs Rentenpaket. t-online erklärt, was die Reformen Rentnern und Beschäftigten bringen. Kaum ein innenpolitisches Thema war in den vergangenen Wochen so präsent wie das Rentenpaket. Kein Wunder, drohte es doch am Widerstand der Jungen Gruppe in der Union zu scheitern , die das darin enthaltene Gesetz zur Absicherung des Rentenniveaus für nicht zustimmungsfähig hielt. Ob aus staatspolitischem Pflichtgefühl oder weil ihnen weitere Reformen in Aussicht gestellt wurden – am Ende votierten doch genug junge Abgeordnete mit "Ja", das Rentenpaket hat es durch den Bundestag geschafft . Dass es am 19. Dezember auch die letzte Hürde nimmt und sich die Zustimmung im Bundesrat holt, gilt als ausgemacht. Bei all der Streiterei ging allerdings fast unter, worum es bei den Reformen überhaupt geht. Das Gesetzespaket umfasst schließlich deutlich mehr als nur die viel besprochene Haltelinie von 48 Prozent beim Rentenniveau. Und selbst die dürfte bei nicht wenigen Bürgern weiter zu Stirnrunzeln führen. t-online zeigt, was der Bundestag da genau beschlossen hat und was das für Sie im Einzelnen bedeutet. Stabiles Rentenniveau Es war das zentrale Anliegen der SPD und gleichzeitig der größte Zankapfel: die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis zum Jahr 2031. Um zu verstehen, was damit gemeint ist, muss man bereits einiges an Vorwissen über das deutsche Rentensystem mitbringen. In jedem Fall bedeutet die Maßnahme nicht, wie fälschlicherweise oft angenommen, dass Rentner 48 Prozent ihres letzten Bruttolohns als Rente erhalten . Das Rentenniveau beschreibt stattdessen, wie hoch die Rente eines Durchschnittsrentners im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen ist. Liegt das Rentenniveau bei 48 Prozent, bedeutet das: Nach 45 Beitragsjahren erhalten Rentner, die 45 Jahre zum Durchschnittsentgelt gearbeitet haben, 48 Prozent des Durchschnittsverdienstes, der dann aktuell gilt. Diese sogenannte Standardrente entspricht heute einem Wert von 1.835,55 Euro brutto im Monat. Zieht man beim Rentenniveau nun eine Haltelinie ein, also die 48 Prozent, unter die das Niveau nicht fallen darf, bedeutet das für Rentner, dass die Höhe ihrer Renten mit der Entwicklung der Löhne Schritt hält. Präziser formuliert: Die Rentenanpassung, die jedes Jahr am 1. Juli stattfindet, fällt in der Regel höher aus, als sie aufgrund der alternden Gesellschaft eigentlich dürfte. Um Beitragszahler nicht noch weiter zu belasten, werden diese zusätzlichen Kosten aus Steuermitteln finanziert. 2031 sind das etwa bis zu 11 Milliarden Euro. Geschenk an Rentner oder auch fair für Junge: Wer profitiert wirklich vom stabilen Rentenniveau? Diese Ausgaben fehlen im Bundeshaushalt dann womöglich an anderer Stelle und werden hauptsächlich von Bürgern im Erwerbsleben getragen. Die Junge Gruppe monierte, dass die Haltelinie auch für die Zeit nach 2031 zu einem höheren Rentenniveau als ohne Gesetz und damit zu weiteren Kosten von rund 15 Milliarden Euro jährlich führt. Laut Koalitionsbeschluss soll eine Rentenkommission aber prüfen, ob man bis dahin weitere Maßnahmen ergreift, die diese Folgekosten wieder wettmachen. Ausweitung der Mütterrente Mit der Verabschiedung des Rentenpakets im Bundestag ist nun auch die Ausweitung der Mütterrente nahezu fix. Stimmt auch der Bundesrat zu, bekommen auch Eltern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, drei Jahre Kindererziehungszeit bei der Rente angerechnet. Bisher werden für sie nur zweieinhalb Jahre berücksichtigt, während es für später geborene Kinder drei Jahre sind. Da ein Rentenpunkt seit dem 1. Juli 2025 40,79 Euro wert ist, würden 0,5 Rentenpunkte mehr die Rente um 20,40 Euro pro Monat und Kind erhöhen. Eine Mutter oder ein Vater mit zwei Kindern, die vor 1992 auf die Welt kamen, würde künftig also jeden Monat knapp 41 Euro mehr Rente bekommen. Wer drei Kinder hat, könnte mit monatlich gut 61 Euro mehr Rente rechnen. Auch dieses Vorhaben wird aus Steuermitteln finanziert und nicht aus den Rentenbeiträgen. Es kostet etwa fünf Milliarden Euro jährlich. Frag t-online: Erhalte ich Mütterrente, wenn ich schon länger in Rente bin? Gut zu wissen: Kindererziehungszeiten kann immer nur ein Elternteil zur selben Zeit in Anspruch nehmen. Erziehen Sie Ihr Kind gemeinsam, hat grundsätzlich die Mutter Anspruch auf die Kindererziehungszeit. Soll der Vater sie erhalten, benötigt die Rentenversicherung eine gemeinsame Erklärung. Lesen Sie hier, wie Sie die Mütterrente genau erhalten. Bis zur Auszahlung der Mütterrente wird es aber noch dauern. Die Deutsche Rentenversicherung muss etwa 9,7 Millionen Renten neu bewerten. Das ist technisch und bürokratisch komplex. Die Auszahlung ist daher erst ab 2028 möglich, soll dann aber auch rückwirkend für 2027 erfolgen. Einführung der Aktivrente Mit der Aktivrente können Rentner ab 2026 monatlich bis zu 2.000 Euro hinzuverdienen, ohne dass darauf Steuern fällig werden. Aufs Jahr gerechnet, ergibt sich so ein steuerfreier Betrag von 24.000 Euro, also fast doppelt so viel wie für normale Arbeitnehmer. Zusätzlich gilt auch für Aktivrentner der steuerliche Grundfreibetrag, sodass sie 2026 pro Monat auf 3.029 Euro Steuerfreibetrag kommen. Die schwarz-rote Koalition will damit Arbeit im Alter attraktiver machen und dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Die Aktivrente gilt nur für Arbeitnehmer, nicht für Selbstständige, Freiberufler und Beamte. Allerdings ist es verfassungsrechtlich heikel, nur Einkünfte aus einer Angestelltentätigkeit steuerfrei zu stellen. Eine Verfassungsklage gegen die Aktivrente könnte diese daher noch scheitern lassen. "Grob sozialstaatswidrig": Experten kritisieren Merz' Aktivrente Zudem können Beschäftigte das Angebot erst ab dem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters nutzen, nicht aber bei einem vorgezogenen Ruhestand. Das gilt für die Rente für langjährig Versicherte mit Abschlägen genauso wie für die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte. Das soll Fehlanreize verhindern. Schließlich könnte die Aktivrente sonst dazu führen, dass Menschen früher in Rente gehen als geplant, um sich den Steuerbonus zu sichern. Das gesetzliche Rentenalter wird derzeit noch schrittweise angehoben und hängt vom Geburtsjahr ab. Im Jahr 2026 kann regulär in Rente gehen, wer zwischen dem 2. Oktober 1959 und dem 1. August 1960 geboren wurde. Dabei gilt: Der Jahrgang 1959 darf mit 66 Jahren und 2 Monaten in Rente gehen, der Jahrgang 1960 erst mit 66 Jahren und 4 Monaten. In den kommenden Jahren steigt das Rentenalter weiter an, bis es dann 2031 für alle Jahrgänge ab 1964 bei 67 Jahren liegt. Die Aktivrente kann auch nutzen, wer das reguläre Rentenalter zwar erreicht hat, aber freiwillig noch keine Rente bezieht. Die Möglichkeit, die Rente aufzuschieben, nutzten zuletzt rund 44.800 Altersrentner. Die Rentenversicherung gewährt dann Zuschläge von 0,5 Prozent für jeden Monat, den jemand später Rente bezieht als regulär vorgesehen. Da sich die Aktivrente und der Bonus für den Rentenaufschub kombinieren lassen, können Beschäftigte also doppelt profitieren. Reform der Betriebsrente Eher unter dem Radar lief eine weitere Reform, die im Rentenpaket enthalten ist: das Betriebsrentenstärkungsgesetz . Es ist nach 2018 bereits der zweite Anlauf, bei der betrieblichen Altersvorsorge voranzukommen. Die Verbreitung entsprechender Verträge stagniert seit Jahren, zuletzt hatte gut jeder zweite Beschäftigte eine Betriebsrentenanwartschaft. Zu wenig in einem System, in dem eigentlich jeder Bezieher einer gesetzlichen Rente auch Vorsorge in den zwei anderen Säulen treffen sollte, der privaten und eben der betrieblichen Altersversorgung. Gesetz soll Betriebsrente fördern: Ist das der Durchbruch? Das neue Gesetz soll es vor allem kleineren Unternehmen und Beschäftigten mit geringen Einkommen erleichtern, die Betriebsrente zu nutzen. So steigt etwa die sogenannte Geringverdienerförderung. Wer nicht mehr als 2.575 Euro brutto im Monat verdient, für den können Arbeitgeber Beiträge in eine Betriebsrente zahlen und erhalten im Gegenzug eine steuerliche Förderung. Die Arbeitnehmer selbst müssen nichts für ihre Altersvorsorge aufbringen, profitieren aber später von einer Betriebsrente. Die Gehaltsgrenze, bis zu der man als Geringverdiener gilt, soll zudem jährlich steigen. Neu ist außerdem, dass Unternehmen ohne Tarifvertrag ihre Beschäftigten automatisch in eine Betriebsrente einbinden können; der Arbeitnehmer kann aber jederzeit widersprechen. Solche Opting-out-Modelle gelten als effektiv, um die Beteiligung zu erhöhen. Eine weitere Änderung betrifft die Pensionskassen: Sie dürfen künftig risikoreicher anlegen, um höhere Renditen zu erzielen. Der Arbeitgeber bleibt aber weiterhin in der Pflicht, für zugesagte Leistungen einzustehen.