Social-Media-Fettnäpfchen 2025: Söder, Nietzard und Culcha Candela im Fokus

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Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Wer hat 2025 im Umgang mit den sozialen Netzwerken auffallend versagt? Nicole Diekmann mit einem Rückblick. Direkt im Januar landete Culcha Candela einen riesigen Treffer in puncto "Blamagen im Social Web". Eine junge Frau fragte die Band via Privatnachricht auf Instagram, ob sie auf ihrem 18. Geburtstag auftreten könnte. Gäbe es Preise für Arroganz, hätte sich Culcha Candela berechtigte Hoffnungen darauf machen können. Denn die erste, durch und durch herablassende Antwort lautete: "Mit 18 solltest du schon etwas schlauer sein, Mausi." Und weiter: "Weißt, was es allein kostet, wenn wir uns in Bewegung setzen von A nach B? Ohne Crew, Bühne, Verpflegung, Unterkunft und Gage." Und verstieg sich dann auch noch zu einem Vergleich mit wirklichen Stars: "Würdest du Drake fragen? Oder Cro?" Die Userin, also "Mausi", machte den Chat öffentlich. Es folgte ein Shitstorm und ein öffentlicher Streit der Band darüber, wer denn angeblich da in ihrem Namen geschrieben hatte. Peinlicher ist schwierig. Im Februar feilt Jette Nietzard, Co-Chefin der Grünen Jugend, weiter an ihrem Ruf als loose cannon, also als unberechenbar. Nach der Ankündigung von FDP-Chef Christian Lindner , dessen Partei nach der Wahl aus dem Bundestag geflogen ist, sich aus der Politik zurückzuziehen, veröffentlicht sie auf X: "Ich freue mich, dass der Mann von Franca Lehfeldt jetzt kürzer tritt, um ihr Karriere und Kind zu ermöglichen". Auch aus ihrer eigenen Partei kommt Kritik. Grünen-Urgestein Renate Künast antwortet: "Jette, das ist unsouverän und macht Dich sehr klein." Der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz nennt den Spruch "schlicht niveaulos". Im Laufe der folgenden Monate wird Nietzard für weitere, zum Teil deutlich größere Skandale sorgen. Etwa mit einem Post, in dem sie den Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 als "militärische Operation" verharmlost. Sie löscht den Beitrag später und entschuldigt sich. Die FAZ kommentiert: "Jette Nietzard ist nicht zu retten." Tatsächlich steht sie inzwischen nicht mehr an der Spitze der Grünen Jugend. Ich, ich, ich Im April entlarvt Papst Franziskus Teile der Menschheit in ihrer grenzen- und geschmacklosen Eitelkeit und Ich-Bezogenheit. Posthum. Denn nach dem Tod des Oberhaupts der katholischen Kirche kursieren sie wieder: die als Gedenken getarnten "Schaut mal, das auf dem Foto bin ich, und das neben mir ist die Person, die gestorben ist"-Postings. An der Spitze der Bewegung: CSU-Chef Markus Söder , eigentlich vor allem bekannt für seine Posts rund ums Essen. Von der Trauerfeier für den Pontifex sendet Bayerns menschgewordene Social-Media-Maschine eifrig Selfies. FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann schreibt dazu auf X: "Da kann man schon froh sein, dass Söder nicht auch noch einen Döner in der Hand hat." Auch Julia Klöckner machte 2025 von sich reden. Im Mai teilt die CDU-Politikerin auf ihrem Instagram-Account einen Beitrag, in dem bejubelt wird, dass CDU-Chef und Bundeskanzler Friedrich Merz die "heute journal"-Moderatorin Dunja Hayali in einem Interview "fertig" gemacht habe. Eine äußerst schwierige Auffassung von Journalismus, finden viele – vor allem diejenigen, die Klöckners Wahl zur Bundestagspräsidentin angezweifelt hatten: Dafür fehle es ihr an der nötigen Seriosität, hatte es von vielen geheißen. Durch diesen Social-Media-Fail fühlen sie sich bestätigt. Noch Monate später wird Klöckner mit diesem Post konfrontiert, etwa in der ZDF-Sendung Markus Lanz . Dort versucht sie sich damit herauszureden, sie habe ja ihren eigenen Account dafür verwendet und keinen offiziellen. Lieber löschen als schlecht klauen Im Juni dann wird Elfriede Jelinek für tot erklärt. Schon wieder. Ein Italiener namens Tommaso Debenedetti, der solche Falschmeldungen als zweifelhaftes Hobby für sich entdeckt hatte, hatte namhafte Medien mit Posts über das angebliche Ableben der österreichischen Literaturnobelpreisträgerin hereingelegt. Wie übrigens schon im Vorjahr. Peinlich für die Journalisten, die auf ihn hereingefallen waren, aber immerhin tröstlich für Jelinek: Totgesagte leben ja bekanntlich länger. Im Juli blamiert sich Schauspielerin Veronika Ferres. Sie veröffentlichte bei Instagram ein Video, das sich auf eine Aussage der chinesischen Influencerin Jessie Song bezog: "A top tier man is just an average woman." Übersetzt: "Ein toller Mann ist nur eine durchschnittliche Frau." An sich ja erst mal toll, dass Ferres sich in den feministischen Diskurs einbringt. Schade nur, dass sie dafür ganz offensichtlich geklaut hat. Denn Tage zuvor hatte die Influencerin Tara-Louise Wittwer schon ein Video dazu gepostet – und das von Ferres ähnelte ihrem denn doch zu sehr, als dass man von einem Zufall ausgehen konnte. Wittwer kommentierte entsprechend bei Ferres – und die löschte. Und entschuldigte sich. Immerhin. War das wirklich eine gute Idee? Im September meldete sich Wolfram Weimer zu Wort – als Avatar. Korrekt muss es heißen: mit dem Weimertar. Ob es eine so gute Idee ist, wenn der Kulturstaatsminister einerseits vor den Risiken von KI und der KI-Marktmacht von Google warnt, dann aber direkt selbst stolz mit ihr spielt? Man weiß es nicht. Wenigstens ist es die konsequente Anwendung des auch in der hiesigen Politik vorherrschenden Prinzips "Neue Technologien kritisieren, sie aber nutzen und gleichzeitig nichts Nennenswertes gegen die Risiken auf den Weg bringen". Überforderung als Konstante. Den Social-Media-Vogel des Monats November schoss die Plattform Campact ab. Nachdem bekannt geworden war, dass der Verband der Familienunternehmer die Brandmauer zur AfD gerne der Vergangenheit angehören lassen wollte, recherchierte – nein, präziser: "recherchierte" – Campact, welche Unternehmen dem Lobbyverband denn wohl angehörten. Ganz offensichtlich bemühte man entweder Wikipedia oder ChatGPT und übernahm blind. Keine Verantwortung, sondern die dort präsentierten Angaben. Und postete auf den eigenen, nicht kleinen Kanälen eine Kachel, auf der unter anderem Dr. Oetker und Haribo bei den Familienunternehmern mitmischen. Dies stellte sich als falsch heraus. Also löschte Campact zunächst. Ohne Erklärung. Und schob erst am darauffolgenden Tag eine lange Erklärung mit einer vergleichsweise schmalen Entschuldigung hinterher. Die Umwege von Bodo Ramelow Und zum Jahresabschluss meldete sich auf Bluesky noch Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow mit einem Post zu Wort, der als frommer Weihnachtswunsch daherkam. Dieser beinhaltete allerdings eine erstaunliche Hufeisentheorie: Im Namen der Linken fordere er "die russische und ukrainische Regierung auf, das Weihnachtsfest 2025 für einen dauerhaften Waffenstillstand zu nutzen", schrieb er, und setzte damit Aggressor Russland auf eine Stufe mit der angegriffenen Ukraine . "Wir fordern das Vergewaltigungsopfer auf, sich zu wehren", antwortete ein User. Und damit sind wir am Ende eines analog wie digital für manche sehr schwierigen Jahres. Ich wünsche Ihnen ein frohes neues Jahr! Und schenke Ihnen einen alten, aber immer noch todsicheren Tipp: Don't drink and text. Guten Rutsch!
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