Strompreis in Deutschland: Wirtschaft kritisiert Bundesregierung

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Explodierende Strompreise belasten die Wirtschaft und sorgen für Kritik aus dem Ausland. Unternehmen und Nachbarländer sehen Deutschlands Energiepolitik in der Verantwortung. Die zuletzt dramatisch gestiegenen Strompreise in Deutschland haben zu heftiger Kritik aus Wirtschaft und Ausland geführt. Am vergangenen Donnerstag erreichte der kurzfristige Strompreis mit 936 Euro pro Megawattstunde ein Rekordniveau. Damit lag der Preis um ein Vielfaches über den Werten in Nachbarländern wie Frankreich (277 Euro) oder Polen (164 Euro). Unternehmen sehen ihre Existenz bedroht, während internationale Stimmen der Bundesregierung schwere Versäumnisse vorwerfen. Besonders hart trifft die Situation energieintensive Unternehmen wie die Gießerei Siempelkamp aus Krefeld , die Gussteile für Industriezweige wie Fahrzeug- und Anlagenbau produziert. Geschäftsführer Dirk Howe erklärte dem "Handelsblatt", dass sein Unternehmen wegen der Preisspitze die Produktion um 30 Prozent drosseln musste. Schichten wurden gestrichen, Mitarbeitende nach Hause geschickt. "Unser aktuelles Stromsystem zwingt uns dazu, ineffizient zu arbeiten. Das ist der reine Irrsinn", erklärte Howe. Langfristige Stromlieferverträge könnten zwar vor Preissprüngen schützen, seien aber durch hohe Aufschläge oft unerschwinglich. "Achterbahnfahrt der Strompreise" Auch aus der Energiewirtschaft kommt Kritik. RWE-Chef Markus Krebber warnte laut "Handelsblatt", das Energiesystem sei an seiner Belastungsgrenze und dürfe nicht "auf Kante genäht" sein. Christoph Müller, Geschäftsführer des Übertragungsnetzbetreibers Amprion, forderte den Ausbau flexibler Gaskraftwerke und erklärte: "Kein weiterer Ausstieg ohne Einstieg." Auch politisch wird die Lage brisant. Die schwedische Energieministerin Ebba Busch sprach auf der Plattform X von einer "Achterbahnfahrt der Strompreise", die für andere Länder kaum mehr tragbar sei. Schweden und andere europäische Staaten denken laut des Berichta darüber nach, ihre Verbindungen zum deutschen Stromnetz zu reduzieren, um die Auswirkungen der volatilen Preisentwicklung einzudämmen. Ein zentraler Auslöser für die jüngste Preisspitze war eine sogenannte "Dunkelflaute". Dieser Begriff beschreibt Wetterphasen, in denen weder Wind- noch Solarkraftwerke nennenswerte Energie produzieren. Besonders im Herbst und Winter, wenn trübes Wetter und wenig Wind zusammenfallen, kann es zu einer solchen Mangelsituation kommen. Während Dunkelflauten früher durch fossile Energieträger wie Kohle oder Atomstrom ausgeglichen wurden, fehlen inzwischen viele dieser steuerbaren Kraftwerke. Das verstärkt die Abhängigkeit von teuren Importen und treibt die Preise weiter in die Höhe. Strombezug schlechter kalkulierbar Der Geschäftsführer des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Hubertus Bardt, zeigte Verständnis für die internationale Kritik. Deutschland habe inzwischen erhebliche Ungleichgewichte im Energiesystem, die sich auch auf die Nachbarländer auswirkten. Laut Bardt verschärfe sich das Problem, weil Deutschland immer mehr teuren Strom aus dem Ausland importieren müsse, wenn Sonne und Wind nicht ausreichten. "Für Verbraucher wird der Strombezug schlechter kalkulierbar, wenn wir unser System enger am Limit fahren", erklärte er. Von Unternehmen kommt der Ruf nach kurzfristigen Entlastungen. Siempelkamp-Chef Howe kritisierte scharf, dass die Bundesregierung angekündigte Hilfen nicht umgesetzt habe. Versprochene Mittel zur Senkung der Stromnetzentgelte seien gestrichen worden, während neue Zusagen wie die von Kanzler Olaf Scholz zur dauerhaften Reduzierung der Entgelte nicht glaubwürdig seien. "Wir brauchen Sofortmaßnahmen", forderte Howe.
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