Tamaris will Männer erobern: Schuhmarke plant neue Strategie für 2026

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Der Schuhhandel kämpft seit Jahren mit sinkenden Umsatzzahlen, vor allem im stationären Handel. Trotzdem setzt Jens Beining, Geschäftsführer der Wortmann-Gruppe, weiter auf physische Geschäfte – und möchte neue Märkte erschließen. Ein Schuh. Weißer Hintergrund. Vogelgezwitscher. Ein Etikett schwebt durchs Bild. Eine Stimme aus dem Off flüstert: "Tamaris". Eine Werbung, die viele kennen, die durch Innenstädte laufen oder den Fernseher ab und zu einschalten. Wortmann-Geschäftsführer Jens Beining ist sich sicher: "Selbst wenn auf dem Etikett, das durchschwingt, nichts draufstehen würde, würde fast jeder erkennen: Ja, das ist Tamaris." Aber was steckt hinter dem gesäuselten Markennamen? Die Schuhmarke Tamaris gehört zur Wortmann-Gruppe. Das 1967 von Horst Wortmann in Detmold gegründete Unternehmen vereint viele verschiedene Marken unter seinem Dach. Neben der bekanntesten, Tamaris, gibt es noch Caprice und Jana, bei denen es primär um Komfort geht, und Marco Tozzi, deren Schuhe denen der Marke Tamaris modisch ähnlich, aber etwas günstiger sind. Die Marken mögen verschieden sein, doch ihre wichtigste Zielgruppe ist dieselbe: Frauen im mittleren Alter. Dass dies gelegentlich dazu führen kann, dass sich die Marken gegenseitig die Kundinnen streitig machen, dessen ist sich der Anbieter bewusst. Firma Mohaba aus Düren: Ihre Glühweintasse wurde zum Exportschlager Von Frechen in den Louvre : Hasenkamp transportiert, was für DHL zu riskant ist Für Firmenchef Beining ist es eine der größten Herausforderungen des Unternehmens, die Marken voneinander zu differenzieren. Er findet aber auch Positives daran: "Die größten Wettbewerber haben wir bei uns im eigenen Haus. Das spornt uns jeden Tag an." 2016 hat Beining die Geschäftsführung von Gründer Horst Wortmann – seinem Onkel – übernommen. Keine eigenen Produktionsstätten Bei der Wortmann-Gruppe ist jede Marke in einem eigenen Unternehmen organisiert – mit eigener Geschäftsführung sowie eigener Produktentwicklung, eigenem Vertrieb und eigenem Marketing. Nur die Logistik, Buchhaltung und das Rechnungswesen nutzen alle gemeinsam. "Da schöpfen wir Synergien. Das ist auch Teil unserer Stärke, dass wir alles zusammenbringen können", sagt Beining, der als Wortmann-Geschäftsführer alle Marken im Blick haben muss. Zum Konzept des Unternehmens gehört auch, keine eigenen Produktionsstätten zu unterhalten. Die Lieferanten sitzen in Portugal und Italien sowie in China, Indonesien , Vietnam , Kambodscha und Pakistan . In der Unternehmensgruppe selbst arbeiten 1.000 Menschen, insgesamt produzieren an die 30.000 Mitarbeiter Schuhe für sie in den beauftragten Fabriken. 2013 hat Wortmann das erste Mal die Umsatzmilliarden geknackt. Seitdem habe sich das Geschäft "recht positiv und mehr als stabil entwickelt", sagt Beining. Aktuelle Zahlen möchte er jedoch nicht nennen. Gedämpfte Kauflust: Einzelhandel bangt um sein Weihnachtsgeschäft Die Unternehmensstrategie scheint auch aufzugehen: Wortmann sei komplett eigenfinanziert und agiere unabhängig von Banken, erklärt Beining. Um das aufrechtzuerhalten, will der Detmolder noch mehr auf starke Marken setzen. Passform, Qualität und Design – das muss sitzen. "Aber die Marke wird zukünftig eine immer größere Rolle spielen", ist sich der Geschäftsführer sicher. So will er sich gegen Billig-Anbieter wie Temu oder Shein durchsetzen, die in den europäischen Markt streben. Europa ist der Kernmarkt Europa ist Wortmanns Kernmarkt. Mehr als 50 Prozent seines Geschäfts macht das Unternehmen derweil außerhalb von Deutschland. Früher war Russland einer der wichtigsten Märkte für das Schuhunternehmen. Trotz des im Jahr 2022 von Russland begonnenen Angriffskriegs gegen die Ukraine zog sich das Unternehmen nicht aus dem Land zurück. Beining erklärt das damit, dass dort mehr als 100 Mitarbeiter beschäftigt sind, denen man verpflichtet sei. Außerdem wolle er die dortige Bevölkerung weiter mit Schuhen versorgen. Das seien schließlich keine "Dual-Use"-Produkte – also Waren, die sowohl im alltäglichen Leben als auch militärisch verwendet werden können. In den vergangenen Jahren ist Frankreich ein immer wichtigerer Markt für Wortmann geworden. Nordamerika wollte Beining schon zweimal als Absatzmarkt für das Unternehmen entdecken. Doch beide Male scheiterte er. Die Gründe will Beining nicht erklären. "Da sind wir jetzt ein gebranntes Kind", sagt er lediglich dazu. Stattdessen beschäftigt er sich gerade intensiv mit Asien. Beining geht davon aus, dass das Unternehmen zur Sommersaison 2026 in China mit dem Onlinehandel startet. In Deutschland, Wortmanns Heimatmarkt, schrumpfen die Umsätze mit Schuhen – laut dem BTE Handelsverband Textil Schuhe Lederwaren sind sie 2024 um 0,8 Prozent auf 11,62 Milliarden Euro gesunken. Besonders der stationäre Handel war davon betroffen. Dort mussten die Schuhhändler vergangenes Jahr 100 Millionen Euro Umsatz einbüßen. Der Online-Handel konnte dagegen 2024 um 20 Millionen Euro Umsatz zulegen. Das ist eine Steigerung um 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ende für S.Oliver-Lizenz Nun folgt auch die Trennung von S.Oliver. Wortmann hatte seit 2005 die Schuhlizenz für den Bekleidungshersteller und Versandhändler. In der nächsten Wintersaison liefert Wortmann noch S.Oliver-Schuhe. Danach ist Schluss. Beining erklärt: "Wir investieren nur noch in Marken, die uns selbst gehören und nicht mehr in solche, von denen wir nur die Lizenz haben." Eine Sprecherin von S.Oliver erklärt jedoch, ihr Unternehmen habe die Zusammenarbeit beendet, da es die Schuhproduktion ab 2026 selbst übernimmt. Das Label Newd, das zu Tamaris gehört, läuft diesen Herbst aus. Newd sollte über Tamaris auch "Premium-Kundinnen" erreichen. Dieses Segment nun jedoch von einer neuen Marke besetzt und Tamaris soll sich wieder auf das günstigere Geschäft konzentrieren. 2023 übernahm Wortmann den traditionellen deutschen Schuhhersteller Peter Kaiser. Beining will das 1838 gegründete Unternehmen "zurück zu altem Glanz verhelfen". Im Unternehmensgeflecht von Wortmann soll Peter Kaiser eine höhere Preislage und so eine "wertigere Kundschaft" erreichen, wie Beining es nennt. Neuer Markt: Nun will Tamaris auch Männer erreichen Eine gänzlich neue Kundschaft soll in Deutschland ab dem Sommer 2026 mit Tamaris Men erreicht werden. Über Frauen, die bereits Tamaris-Käuferinnen sind, will Beining auch deren Männer als Kunden gewinnen. Mit der Botschaft "Tamaris jetzt auch für den Liebsten" sollen die Frauen, die womöglich sogar für ihre Männer einkaufen, gelockt werden. Die Idee dafür kam während der Corona-Pandemie auf. Damals setzte Tamaris auf Wanderschuhe, um dem Outdoor-Trend der Zeit gerecht zu werden. Doch die Schuhe waren zu teuer für ihre Kundschaft. "Das war nicht glaubwürdig für die Tamaris-Kundin, dass wir dann plötzlich Wanderschuhe haben, die weit über 100 Euro kosten", sagt Beining: "Man hat der Marke Tamaris das nicht abgenommen, dass eine Modemarke jetzt Funktionsschuhe macht." Statt einen neuen Markt der teuren Funktionsschuhe zu ergründen, will Tamaris nun mit modischen Männerschuhen – vor allem Sneaker – in der gleichen Preislage wie bei den Frauen die "Liebsten" ihrer Kundinnen erreichen. Ob auch die ledigen Männer mit Vogelgezwitscher und "Tamaris"-Geflüster erobert werden sollen, verrät Beining nicht.
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