Ja, er war einer der Großen. Aber Thomas Gottschalks Auftritt bei der Bambi-Verleihung zeigt erneut: Es kann nur eine logische Konsequenz geben. Jahrzehntelang brillierte Thomas Gottschalk mit einer Art Superkraft im deutschen Fernsehen. Der Moderator präsentierte eine Leichtigkeit, die ihresgleichen suchte. Er führte durch die ganz großen abendfüllenden Shows nicht nur vor anwesendem Publikum, sondern auch live im Fernsehen. Keine Spur von Verlegenheit, kein Anzeichen von Nervosität. Cool, cooler, Gottschalk. Doch anders als im Marvel- oder DC-Universum können reale Superkräfte altern. Sie können aus der Zeit fallen, ihre Wirkung verlieren. Das ist wohl auch Thomas Gottschalk passiert. Seine Witze sind nicht mehr zeitgemäß, nicht mehr lustig. Seine Spontanität ist einem unzusammenhängenden Redeschwall gewichen. Er selbst ist nicht mehr der spontane charmante Star, der er gern wäre. Das fiel schon früher auf, etwa, als er 2019 neben Heidi Klum im Finale von "Germany's next Topmodel" saß und überhaupt nicht wusste, was er dort verloren hatte. Oder als er sich 2024 in einem "Spiegel"-Interview um Kopf und Kragen redete, oder aber als er sein "Wetten, dass..?"-Ende damit begründete, dass er keine Lust auf Shitstorms habe, weil er im Fernsehen nicht mehr so reden könne, wie in den eigenen vier Wänden. Bambi-Ungemach im Wortlaut: So lief die Rede von Thomas Gottschalk aus dem Ruder Das alles fand nun aber in einem wirren Bambi-Auftritt einen traurigen Höhepunkt. Gottschalk sollte die Auszeichnung eigentlich nur an Popstar Cher übergeben, entlarvte an diesem Donnerstagabend aber vielmehr sein wahres Wesen: Schön und gut, dass es andere Personen auf der Welt gibt, aber die wichtigste bin immer noch ich. Ob das ein Name mit sich bringt, der das Wort Gott in sich trägt? Möglich. Sicher ist aber, dass die Zeit des Entertainers abgelaufen ist. Seine Rede über jemanden, der einen Legenden-Bambi bekommen soll, damit zu beginnen, dass er selbst eine Legende sei, ist schon einmal alles andere als würdevoll. Gottschalk stellte sich permanent in den Vordergrund, nicht nur metaphorisch, sondern auch buchstäblich, denn als die Künstlerin die Bühne betrat, positionierte er sich so, dass Cher gänzlich hinter ihm verschwand. Gottschalk war an diesem Abend im falschen Film Ausgerechnet die Ehrung einer Musikerin, die als eine der Vorreiterinnen ihrer Zeit die Selbstbestimmung der Frau populär machte, wurde von einem Show-Egomanen wie Gottschalk überschattet. ICH habe auch einen Bambi, ICH bin mit dem Motorrad diese und jene Straße lang gefahren, ICH bin eine Legende, ICH hatte Cher zu Gast. Ich – einfach unverbesserlich. Man kann es nicht anders sagen, aber Gottschalk war an diesem Abend im falschen Film. Cher sei die einzige Frau, die er in seinem Leben je ernst genommen habe, sagte er und wurde dafür berechtigterweise direkt mit Buhrufen aus dem Publikum gestraft. Wie laut dabei seine Ehefrau Karina Mross gerufen hat, konnte an dieser Stelle nicht ausgemacht werden. Dafür blieb aber auch keine Zeit, denn Gottschalk reihte ja einen Fauxpas an den nächsten. "Gehört nicht mehr auf die Bühne": Reaktionen zum Gottschalk-Auftritt beim Bambi Unzusammenhängende Wortwitze à la "Nichts ist so schwer wie Cher", wirkten nicht nur deplatziert, sondern schlichtweg peinlich. Wie wäre es doch gleich mit: "Cher hat an der Uhr gedreht?" Hätte sie das mal und damit auch gleichzeitig den Auftritt von Gottschalk vorgespult, dann hätten er und die Zuschauer sich diese Blamage ersparen können. Ja, er war einer der ganz Großen, aber irgendwann ist halt: Time to say Goodbye. "If I Could Turn Back Time", singt Cher, wenn sie nicht gerade von dem 1,92 Meter großen Gottschalk verdeckt wird. Die Zeit zurückdrehen, das würde sicherlich auch der ehemalige TV-Moderator gern, kann er aber nicht. Denn Superhelden gibt es im wahren Leben nun mal nicht. Dafür aber einen Mann, der es mit 75 Jahren nach einer beispiellosen Karriere auch einfach mal gut sein lassen könnte. Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.