Schneller Puls, Schwindel, Benommenheit: Wenn nach dem Aufstehen solche Symptome auftreten, ohne dass der Blutdruck abfällt, könnte es an POTS liegen. Bei oder nach dem Aufstehen leiden viele Menschen unter kurzfristigen Kreislaufbeschwerden. Insbesondere bei älteren Personen ist oft der Blutdruck die Ursache: Durch den plötzlichen Lagewechsel sackt er plötzlich stark ab. Bleibt der Blutdruck beim Aufstehen jedoch weitgehend unverändert, obwohl solche Beschwerden vorliegen, könnte das posturale orthostatische Tachykardiesyndrom – kurz POTS – dahinterstecken. POTS kommt überwiegend bei (jüngeren) Frauen bis zum Alter von 50 Jahren vor. Aber auch andere Personengruppen können betroffen sein, etwa Kinder oder Männer. Wie häufig POTS ist, ist nicht genau bekannt. Schätzungen zufolge tritt das Syndrom bei etwa 2 von 1.000 Menschen auf. Was ist POTS? Das posturale orthostatische Tachykardiesyndrom zeichnet sich durch eine plötzlich erhöhte Herzfrequenz beim Aufstehen aus, ohne dass der Blutdruck abfällt. Die Herzfrequenz steigt dabei bei Erwachsenen um mindestens 30 Schläge pro Minute (normalerweise steigt sie nur um 10 bis 20 Schläge) – oder sie liegt bei mindestens 120 Schlägen pro Minute. Typische Symptome von POTS Die Symptome des posturalen orthostatischen Tachykardiesyndroms zeigen sich direkt oder innerhalb weniger Minuten nach dem Aufsetzen oder Aufstehen – spätestens nach zehn Minuten. Charakteristisch ist die deutlich erhöhte Pulsfrequenz . Weitere mögliche Beschwerden sind etwa: Schwindel Herzklopfen, deutlich spürbarer Herzschlag Benommenheit Unwohlsein Schwächegefühl Sehstörungen Zittern übermäßiges Schwitzen Nervosität, Angstgefühle Kurzatmigkeit Brustschmerzen Kopfschmerzen Übelkeit Ohnmachtsgefühl selten: vorübergehende Ohnmacht Welche dieser Symptome genau zu spüren sind, ist von Fall zu Fall verschieden. Beim Hinlegen klingen die Beschwerden in der Regel rasch wieder ab. Bei manchen Menschen halten sie aber auch länger an. Bestimmte Faktoren können die Symptome verstärken oder begünstigen, so etwa: eine feuchtwarme Umgebung häufiges Stehen anstrengende Tätigkeiten akute Erkrankungen, etwa eine Erkältung Menstruation Flüssigkeitsmangel Wenn immer wieder Episoden von POTS vorkommen, kann das die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Im Laufe der Zeit können – unabhängig von der Körperposition – dauerhafte Begleitbeschwerden hinzutreten. Dazu zählen zum Beispiel: eine verminderte Belastbarkeit mit rascher Erschöpfung starke Müdigkeit Konzentrationsprobleme Muskelschmerzen Schlafstörungen Magen-Darm-Beschwerden, etwa Blähungen, Verstopfung, Durchfall Ängste, Depressionen Was sind die Ursachen von POTS? Beim Aufstehen sackt das Blut natürlicherweise nach unten. Damit das Gehirn und andere Organe weiterhin gut durchblutet sind, steuert das autonome Nervensystem normalerweise dagegen: Nervensignale sorgen dafür, dass das Herz vorübergehend schneller schlägt und sich die Blutgefäße in den Beinen zusammenziehen. Dabei spielen Hormone wie Adrenalin und Noradrenalin eine Rolle. Auf diese Weise kann weiterhin genug Blut in das Gehirn gelangen und dessen Funktionen aufrechterhalten. Bei POTS ist dieser Mechanismus aus noch ungeklärten Gründen gestört. Um den Blutkreislauf aufrechtzuerhalten, pumpt das Herz schneller als normal. Dennoch gelangt nicht ausreichend Blut in wichtige Organe wie das Hirn. Dies verursacht eine leichte Minderdurchblutung mit den typischen Beschwerden. Möglicherweise führt der schnelle Puls bei manchen Betroffenen auch zu Angstgefühlen mit anschließender Hyperventilation (dabei atmet die Person zu schnell und zu tief ein), was eine zusätzliche Verengung von Blutgefäßen im Hirn und somit eine vorübergehende Minderdurchblutung zur Folge haben könnte. Die genauen Ursachen von POTS sind jedoch unklar. Fachleute vermuten, dass genetische Faktoren beteiligt sind. Bei manchen Betroffenen lassen sich Autoantikörper im Blut nachweisen, welche die Rezeptoren für bestimmte Botenstoffe blockieren. Auch könnten Störungen des vegetativen Nervensystems oder der Hormonproduktion die Auslöser sein. Primäres und sekundäres POTS In der Fachwelt wird häufig zwischen primärem und sekundärem POTS unterschieden: Beim sekundären POTS stehen die Symptome möglicherweise mit einer anderen Erkrankung in Zusammenhang. Dazu könnten zum Beispiel Diabetes, das Ehlers-Danlos-Syndrom (eine seltene, erblich bedingte Erkrankung) oder bestimmte Autoimmunerkrankungen zählen. Bislang gibt es jedoch nicht ausreichend wissenschaftliche Daten, um einen Zusammenhang eindeutig belegen zu können. Bei primärem POTS ist keine solche Grunderkrankung vorhanden. POTS und Post-Covid POTS kommt in den letzten Jahren häufiger vor – denn es tritt öfter im Rahmen eines Post-Covid-Syndroms auf. Darunter verstehen Fachleute Beschwerden nach einer Corona-Infektion, die auch nach zwölf Wochen noch anhalten oder neu auftreten und nicht anders zu erklären sind. Diagnose: Was macht der Arzt? Um herauszufinden, ob hinter den Beschwerden tatsächlich ein posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom steckt, wird der Arzt einige Fragen stellen. So wird er etwa wissen wollen, welche Beschwerden genau auftreten, wann die Beschwerden zu spüren sind und wie lange sie anhalten und/oder ob bestimmte Vorerkrankungen bekannt sind. Es folgt eine Untersuchung: Während die betroffene Person liegt, misst der Arzt bei ihr Puls und Blutdruck. Anschließend steht die Person auf und die Messung wird über einen Zeitraum von zehn Minuten wiederholt. Eine andere Möglichkeit ist die sogenannte Kipptisch-Untersuchung: Dabei ist die Person auf einer kippbaren Liege – dem Kipptisch – angeschnallt. Beim Lagewechsel kann der Arzt die für POTS typischen Pulsveränderungen und den fehlenden Blutdruckabfall feststellen. Gegebenenfalls wird der Arzt weitere Untersuchungen veranlassen, etwa einen Bluttest oder ein EKG . Wie lässt sich POTS behandeln? Betroffene Personen können selbst einiges tun, um die Beschwerden zu lindern. Hilfreich kann zum Beispiel sein, aus der Sitz- oder Liegeposition möglichst langsam aufzustehen. täglich etwa 2 bis 2,5 Liter zu trinken (etwa Wasser, Saftschorle oder Kräutertee) und – sofern ärztlich nichts dagegen spricht – fünf bis zehn Gramm Salz aufzunehmen. mehrere kleine statt wenige große Mahlzeiten zu essen. sich regelmäßig zu bewegen – jedoch ohne sich zu überlasten. Kompressionsstrümpfe zu tragen. die Beine im Stehen zu kreuzen/die Muskeln anzuspannen. langes ruhiges Stehen zu vermeiden, besonders bei hoher Luftfeuchtigkeit/wenn es warm ist. sich körperlich nicht zu sehr zu schonen oder Bettruhe zu vermeiden. ausreichend zu schlafen. Überhitzung zu vermeiden. Häufig wird ein regelmäßiges körperliches Training empfohlen. Wichtig dabei ist (etwa bei Menschen mit Post-Covid), dass die Übungen an die persönliche Belastungsgrenze angepasst sind. Zum Beispiel kann die Person zunächst mit leichten isometrischen Kraftübungen beginnen und das Pensum langsam steigern. Es gibt keine Medikamente, welche speziell zur Behandlung von POTS zugelassen sind. Nach eigenem Ermessen kann der Arzt jedoch Wirkstoffe verschreiben, welche unter anderem den Puls regulieren oder auf den Flüssigkeitshaushalt einwirken. Dazu zählen etwa Propranolol, Midodrin, Fludrocortison oder Ivabradin. Ist POTS gefährlich? Das posturale Tachykardiesyndrom ist – abgesehen von möglichen Stürzen bei Ohnmacht – nicht gefährlich. Es kann jedoch für die Betroffenen sehr unangenehm sein. POTS lässt sich mit bestimmten Verhaltensmaßnahmen und gegebenenfalls Medikamenten gut behandeln. In den meisten Fällen bilden sich die Symptome nach wenigen Monaten bis Jahren von selbst zurück. Es gibt aber auch Personen, die länger darunter leiden.