Ausgebrannt, erschöpft, antriebslos: Anstrengende und psychisch belastende Lebensumstände können zu einem Kollaps führen. Oft folgt eine Depression. Plötzlich geht nichts mehr. Mit der Diagnose Burn-out fallen Betroffene oft monatelang aus und können nicht mehr am normalen Leben teilnehmen. Ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie erklärt, wie man einen Burn-out erkennt, wie er sich behandeln lässt und wie lange Betroffene brauchen, um sich zu erholen. Was ist ein Burn-out? Geprägt hat den Begriff Burn-out in den 1970er-Jahren der US-amerikanische Psychotherapeut Herbert Freudenberger. Er wandte den Begriff Burn-out für Menschen in helfenden Berufen an, die sich durch ihr Aufopfern für andere irgendwann überfordert, erschöpft und ausgebrannt fühlten. Heute wird der Begriff Burn-out nicht mehr nur für helfende Berufe oder eine übermäßige Opferbereitschaft verwendet. Einen Burn-out können Menschen bekommen, die aufgrund anhaltender und als überfordernd und stark belastend empfundener Stresssituationen irgendwann keine Kraft mehr haben, ihren Alltag weiter zu bewältigen. "Eine tiefe Erschöpfung ist das Leitsymptom eines Burn-outs. Dieser tiefgreifende psychische und körperliche Erschöpfungszustand wird primär durch hohe, meist berufliche Anforderungen verursacht, also chronischen Stress über längere Zeit. Insbesondere der Verlust der Identifikation mit der Arbeit führt dazu, dass sprichwörtlich jeder Handschlag zu viel ist. Unbehandelt birgt ein Burn-out bei ausgeprägten Symptomen das Risiko, in eine Depression überzugehen", sagt Dr. Andreas Hagemann, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Ärztlicher Direktor der Privatklinik Eschweiler bei Aachen, die unter anderem auf Burn-out und Stresserkrankungen spezialisiert ist. Wie zeigt sich ein Burn-out? Erste Symptome Ein Burn-out kündigt sich langsam an. Meist bemerken Betroffene zunächst eine nachlassende Motivation und vermehrte Lustlosigkeit. Die Aufgaben – im beruflichen oder privaten Umfeld – werden zunehmend als anstrengend, überfordernd und sinnlos empfunden. Die Freude, die bei der Tätigkeit empfunden wurde, schwindet stetig. Hinzu kommen vermehrt Burn-out-Symptome wie Müdigkeit, Schlafstörungen , Gedankenkreisen und Konzentrationsschwierigkeiten, aber auch körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder Magen-Darm-Beschwerden. Es kann sein, dass Aggressionen zunehmen, man oft weinen muss, sich sozial zurückzieht oder zur Entspannung verstärkt zu Alkohol oder Zigaretten greift. "Das Risiko für einen Burn-out steigt, wenn eine Person permanent hohen Anforderungen und Druck ausgesetzt ist und sich diesem Stress immer weniger gewachsen fühlt und Arbeitsaufgaben oder Konflikte anhaltend als nicht stemmbar oder als sehr belastend empfindet", sagt Hagemann. "Vielfach betroffen sind 'selbstlose', leistungsorientierte und verantwortungsbewusste sowie perfektionistisch veranlagte Menschen. Menschen, die über die eigenen Belastungsgrenzen gehen, sind im beruflichen Umfeld zu finden, aber auch im Privaten, etwa in der Pflege von Angehörigen oder im sozialen Engagement." Wie schnell ist man im Burn-out? Werden die frühen Warnzeichen eines Burn-outs ignoriert und fehlen den Betroffenen Pausen, Erholung, Regeneration und ausreichend Zeit für sich selbst, nimmt die Symptomatik zu. Denken und Handeln sind zunehmend von der belastenden Situation dominiert. Da die Betroffenen die nachlassende Leistungsfähigkeit bemerken, versuchen sie oft, noch mehr Energie aufzubringen, um den Anforderungen, die sie selbst an sich oder die andere an sie stellen, gerecht zu werden. Es werden Aktivitäten vernachlässigt, die Kraft spenden und Freude machen. Hobbys, Familie und Freunden geraten mehr und mehr in den Hintergrund. Gefühle von Sinnlosigkeit und Verzweiflung nehmen zu. Sozialer Rückzug, nachlassende Empathie und Zynismus sind typische Folgesymptome. "Wann die individuelle Erschöpfungsgrenze erreicht ist und wann Körper und Psyche 'aufgeben', ist bei jedem Betroffenen anders. Auch das Symptombild ist verschieden, ebenso die Ausprägung der Beschwerden. Eines aber haben alle Burn-out-Betroffenen gemeinsam: Sie finden sich schließlich in einem tiefgreifenden emotionalen, psychischen und körperlichen Erschöpfungszustand wieder, der es ihnen vielfach unmöglich macht, ihren täglichen Verpflichtungen nachzukommen", erklärt der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Burn-out behandeln: Das hilft Betroffenen Das Ziel der Burn-out-Therapie ist es, im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung ein Bewusstsein für die Situation und ihre Dynamik zu schaffen und zu schauen, wie belastende Faktoren wie Stress, Konflikte, Zeitdruck, Überlastungen oder Perfektionismus bearbeitet werden können. In schwerwiegenderen Fällen können Medikamente, meist Antidepressiva, psychotherapeutische Verfahren ergänzen. "Über 90 Prozent aller Betroffenen ist es unter professioneller Begleitung wieder möglich, arbeiten zu gehen. Wie schnell die Betroffenen aus dem Erschöpfungszustand herausfinden, ist neben den Symptomen auch abhängig davon, wie früh sich Betroffene Hilfe holen", sagt Hagemann. Wie lange dauert es, sich von einem Burn-out zu erholen? Je intensiver ein Burn-out ausgeprägt ist, desto länger dauert die Regeneration. Es gibt Therapeuten, die sagen, dass die Erholung von einem Burn-out ungefähr so lange dauert, wie es dauerte, bis der oder die Betroffene in die Krise kam. Bei einer sehr leichten Symptomatik reicht manchmal bereits eine Auszeit von mehreren Wochen, bei stärker ausgeprägten Symptomen umfasst die Therapie in der Regel mehrere Monate, bei sehr schwerer Erschöpfung und Ausgebranntsein manchmal auch bis zu zwei Jahre. Die Heilung ist zudem durch die Einstellung des Menschen beeinflusst. Menschen mit einer grundsätzlich positiven Einstellung finden den Weg zurück in den Alltag meist schneller als andere – auch, weil sie sich oft leichter tun, Hilfe anzunehmen. Ebenso spielt die Unterstützung von Seiten des sozialen Umfeldes eine Rolle. Je mehr soziale Kontakte, Unterstützung und Verständnis Betroffene erfahren, desto mehr Kraft und Energie verspüren sie in der Regel, den Weg aus der Erschöpfung anzugehen und nach vorne zu blicken. Ebenfalls kann die Bereitschaft, neue Wege einzuschlagen, den Weg aus dem Burn-out unterstützen. Vielleicht ist ein Sabbatical umsetzbar? Möglicherweise braucht es eine neue berufliche Situation mit neuen Kollegen? Vielleicht ist es möglich, sich von außen mehr Unterstützung für die Pflege des Angehörigen zu holen? Vielleicht ist jetzt die Gelegenheit, sich ein Stück weit mehr zu erkennen und seine Bedürfnisse zu berücksichtigen. "Ein wichtiger Teil der Burn-out-Therapie ist, dass Betroffene wieder lernen, ihre Belastungsgrenzen wahrzunehmen und diese nach außen zu verteidigen. Nein sagen, es nicht allen recht machen wollen, Perfektionismus ein Stück weit ablegen und die Angst vor eigenen Fehlern und Schwächen abbauen – all das gehört dazu. Auch werden Ängste angeschaut: Was ist es, das belastet? Wie lässt es sich ändern?", sagt Hagemann. "Wie schnell ein Burn-out-Betroffener den Weg aus dem Burn-out findet, lässt sich nicht vorhersagen. Jeder geht seinen ganz eigenen Weg." Burn-out vorbeugen: Geht das? Ein Burn-out ist die Folge einer anhaltenden Belastung. Regenerationsphasen und Pausen zur Erholung sind daher ein wichtiges Werkzeug, um einem Burn-out vorzubeugen. Wer im Beruf oder Privaten stark gefordert ist, sollte darauf achten, sich ausreichend Ausgleich zu schaffen und Dinge in den Alltag einzubauen, die Kraft schenken. Das kann Sport sein, Treffen mit Freunden, Spaziergänge, Entspannungstechniken wie Meditation oder ein bestimmtes Hobby. Ebenso ist es ratsam, regelmäßig die eigene Situation sowie die persönlichen Werte anzuschauen und zu reflektieren: Was tut mir gerade gut? Was belastet mich wie sehr und warum? Bin ich mir und meinen Werten gerade noch treu? Was kann ich tun, um die Situation zu verbessern? "Wichtig ist, dass Sie sich im Stress nicht vergessen und Ihre Bedürfnisse nicht ignorieren. Bleiben Sie achtsam und wertschätzend sich selbst gegenüber", sagt Hagemann.