Aktivrente kommt ohne Progressionsvorbehalt: Regierung erzielt Einigung

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Über die genaue Gestaltung der Aktivrente gab es zuletzt Streit zwischen Union und SPD. Eine geplante Abstimmung wurde vertagt. Nun gibt es aber eine Einigung. Eigentlich hätte die Aktivrente schon am Mittwoch vom Kabinett verabschiedet werden sollen. Doch da sich Union und SPD in einem wesentlichen Punkt uneinig waren, schaffte es das Gesetzesvorhaben nicht auf die Agenda. Stattdessen suchte der Koalitionsausschuss am Abend eine Lösung für die Idee der CDU , Rentnern einen steuerfreien Hinzuverdienst von bis zu 2.000 Euro im Monat zu ermöglichen. Mit Erfolg. Nach Angaben von Bundeskanzler Friedrich Merz soll der Verdienst aus der Aktivrente vom sogenannten Progressionsvorbehalt ausgenommen werden. Dieser sperrige Begriff aus dem Steuerrecht hatte sich zuletzt noch im Gesetzesentwurf zur Aktivrente befunden, für den das SPD-geführte Finanzministerium zuständig ist. Sehr zum Ärger der CDU, denn: Damit wären zwar die Einkünfte aus der Aktivrente selbst wie versprochen steuerfrei geblieben, sie hätten aber zu höheren Steuern auf das übrige Einkommen, also die Rentenzahlungen, geführt. Das soll nun nicht mehr passieren, der Passus wird gestrichen. Union und SPD verkünden Ergebnisse: Koalition einigt sich bei Rente, Verkehr und Bürgergeld Dass SPD-Finanzminister Lars Klingbeil ursprünglich einen Progressionsvorbehalt für die Aktivrente vorgesehen hatte, lag wohl daran, dass dieser sicherstellt, dass das sogenannte Leistungsfähigkeitsprinzip aufrechterhalten wird. Anders gesagt: Wer mehr verdient, kann und soll dem Staat auch mehr davon abgeben. Er ist damit schließlich wirtschaftlich leistungsfähiger. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Aktivrente Dass die Aktivrente jetzt ohne diese Steuerregel auskommen soll, dürfte sie noch anfälliger für Klagen machen, als sie es ohnehin schon ist. So kam der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags in einem Gutachten zu dem Schluss, dass Besserverdienende aufgrund des progressiven Einkommensteuertarifs überproportional von der Steuerbefreiung profitieren. "Die am wenigsten Bedürftigen erhalten die höchste Steuerentlastung", heißt es in dem Gutachten. Hätte man den Verdienst aus der Aktivrente unter Progressionsvorbehalt gestellt, hätte das diese Verzerrung zumindest abgemildert. Allerdings gibt es auch abseits der Frage, wie die Aktivrente steuerlich behandelt wird, verfassungsrechtliche Bedenken. Da die Aktivrente nur bestimmte Einkünfte einer bestimmten Altersgruppe steuerfrei stellt, liegt für den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags eine doppelte Ungleichbehandlung vor: nach Alter und nach Tätigkeit. Nur wer die Regelaltersgrenze überschritten hat, profitiert vom Steuerbonus. Jüngere Arbeitnehmer mit identischem Einkommen würden hingegen weiter Steuern zahlen müssen. Im Gutachten heißt es dazu jedoch: "Das Alter ist gerade kein systemimmanenter Grund für unterschiedlich hohe Steuern." Auch unter Gleichaltrigen führt die Aktivrente demnach zu Ungerechtigkeiten. Wer als Rentner noch angestellt arbeitet, profitiert, wer hingegen selbstständig tätig oder verbeamtet ist, nicht. Zudem wären Rentner benachteiligt, die nicht arbeiten können oder keine Beschäftigung finden. Selbst wenn die Aktivrente nun bald Gesetz werden sollte und wie geplant zum 1. Januar 2026 startet, dürfte es damit Klagen von Bürgern geben, die nicht von ihr profitieren. Was bringt die Aktivrente? Wer über das Renteneintrittsalter hinaus weiterarbeitet, müsste dank der Aktivrente auf einen fast doppelt so großen Anteil seines Einkommens keine Einkommensteuer zahlen. Da der Grundfreibetrag 2026 voraussichtlich bei 12.348 Euro im Jahr liegen wird (1.029 Euro im Monat), könnten Menschen im Rentenalter also monatlich 971 Euro mehr verdienen als "normale" Arbeitnehmer, ohne dass darauf Steuern fällig werden. Dieser finanzielle Anreiz soll die Beschäftigung Älterer fördern und dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Ökonomen zweifeln jedoch daran, dass die Aktivrente einen substanziellen Effekt haben wird.
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