Auch Rentner sollen mehr arbeiten. Union und SPD wollen dafür die Aktivrente einführen. Wir erklären, was das CDU-Konzept bringen könnte – und wo der Haken ist. Die CDU wünscht sie sich schon lange, nun soll sie Wirklichkeit werden: die Aktivrente. Die Idee dahinter: Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, soll bis zu 2.000 Euro pro Monat (24.000 Euro im Jahr) steuerfrei verdienen dürfen. Der Steuerfreibetrag würde sich damit also in etwa verdoppeln. Starten soll die Aktivrente bereits zum 1. Januar 2026. Union und SPD wollen damit Anreize schaffen, mehr Menschen länger im Erwerbsleben zu halten, ohne es zwingend vorzugeben. Denn das reguläre Renteneintrittsalter möchte Schwarz-Rot nicht erhöhen. Ziel ist es, die Rentenversicherung durch zusätzliche Beiträge zu entlasten. Zur genauen Gestaltung der Aktivrente gab es zuletzt allerdings widersprüchliche Aussagen. So hatte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Hendrik Hoppenstedt, behauptet, den Steuerbonus gäbe es nur, wenn man trotz Erreichen des regulären Renteneintrittsalters weiterarbeite. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann stellte daraufhin klar, dass die Aktivrente als steuerfreier Hinzuverdienst zur regulären gesetzlichen Rente geplant sei. Endgültige Klarheit wird der Gesetzesentwurf liefern. Diesen muss das Bundesfinanzministerium noch vorlegen. Flankiert werden soll die Aktivrente von der Aufhebung des sogenannten Vorbeschäftigungsverbots. Das erleichtert es Angestellten im Rentenalter, zu ihrem bisherigen Arbeitgeber zurückzukehren, da sie dort auch befristet weiterarbeiten können. Bisher ist das ohne nachvollziehbaren Grund nicht erlaubt. Die Idee ist bereits Teil des Rentenpakets, das auch die Ausweitung der Mütterrente und die Festschreibung des Rentenniveaus enthält. Gesetzespaket auf dem Weg: Das plant die Regierung jetzt bei der Rente Was würde die Aktivrente für den Geldbeutel bedeuten? Kurz gesagt: Wer über das Renteneintrittsalter hinaus weiterarbeitet, müsste dank der Aktivrente auf einen fast doppelt so großen Anteil seines Einkommens keine Einkommensteuer zahlen. Da der Grundfreibetrag 2026 voraussichtlich bei 12.348 Euro im Jahr liegen wird und damit bei 1.029 Euro im Monat, könnten Menschen im Rentenalter also monatlich 971 Euro mehr verdienen als "normale" Arbeitnehmer, ohne dass darauf Steuern fällig werden. Tobias Hentze, Ökonom am Institut der deutschen Wirtschaft (IW), schätzt, dass die Entlastung durch die Aktivrente bei einer Größenordnung von insgesamt 2,5 Milliarden Euro im Jahr liegen könnte. Im Bundeshaushalt für 2026 sind hingegen nur Mindereinnahmen von 900 Millionen Euro wegen der Aktivrente eingeplant. Geplante Aktivrente: IW warnt vor Milliardenkosten Schon heute gibt es finanzielle Anreize, um Menschen über das Rentenalter hinaus in Arbeit zu halten. Pro Monat, den Sie länger als Ihre Regelaltersgrenze beschäftigt bleiben, ohne Rente zu beziehen, erhöhen sich die Bezüge um 0,5 Prozent – zusätzlich zum Mehr an Rentenansprüchen, die Sie allein aufgrund der Weiterarbeit sammeln. Experten sehen die Aktivrente kritisch Experten sehen die Einführung einer Aktivrente unter den bisher bekannten Voraussetzungen aber kritisch. Beim IW ist man etwa der Ansicht, dass die Aktivrente nicht nennenswert dazu beitragen werde, das Arbeitsvolumen in der Gesellschaft zu steigern. So glaubt die IW-Rentenforscherin Ruth Schüler, dass die Aktivrente die Mehrzahl der Rentner gar nicht betreffen werde. Denn: Sie adressiert Menschen, die nach dem regulären Renteneintrittsalter freiwillig weiterarbeiten wollen – also aktuell ab etwa 66 Jahren. Im Durchschnitt würden die meisten Menschen jedoch mit 64 Jahren in Rente gehen. Somit "erreicht man fast die Hälfte der Rentner gar nicht." Laut Schüler braucht es Anreize, damit mehr Menschen bis zum regulären Renteneintrittsalter im Berufsleben bleiben, statt vorzeitig auszusteigen. t-online-Leser zur Aktivrente: "Arbeitgeber machen es älteren Mitarbeitern schwer" Für den Wirtschaftsweisen und Sozialstaatsexperten Martin Werding ist ebenfalls fraglich, wen die Aktivrente überhaupt erreicht. Der "Süddeutschen Zeitung" sagte er: "Die Effekte kann man derzeit nicht seriös quantifizieren." Die Folgen hingen davon ab, inwiefern sich das Verhalten der Ruheständler ändere, aber auch davon, ob Menschen, die ohnehin im Rentenalter weiter arbeiteten, die Steuerfreiheit mitnehmen. Das käme dann einem Steuergeschenk gleich. Die IW-Forscherin Schüler hält es zudem für möglich, dass die Aktivrente gegen geltendes Recht verstößt. "Eine solche Regelung geht gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip", sagt sie. "Demnach dürfen einzelne Gruppen nicht benachteiligt werden, und das könnte mit einer Aktivrente geschehen." Studie sieht positive Folgen für die Wirtschaft Bereits im November 2024 hatte das Analyseunternehmen Prognos-AG im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) untersucht, welche wirtschaftlichen Effekte entstehen könnten, wenn mehr Rentner über das reguläre Rentenalter hinaus arbeiten. Darüber berichtete zuerst die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Mehrere Varianten wurden dabei gerechnet. Die Ergebnisse: Im besten Szenario könnten bis zu 300.000 zusätzliche Rentner erwerbstätig bleiben. Dadurch würde die Wertschöpfung bis auf 18,2 Milliarden Euro steigen, während der Staat bis zu 5,2 Milliarden Euro an zusätzlichen Steuern und Sozialbeiträgen einnehmen könnte. Zudem würde der höhere Konsum indirekt bis zu 60.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Im pessimistischsten Szenario, das von 50.000 zusätzlich arbeitenden Rentnern ausgeht, läge der wirtschaftliche Effekt am unteren Rand: Die Wertschöpfung würde um 3,6 Milliarden Euro steigen, die Steuer- und Sozialbeiträge um 1,3 Milliarden Euro, und es käme zu rund 20.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen. Die Studie trifft jedoch keine direkten Aussagen zur Aktivrente, sondern analysiert allgemein, welche wirtschaftlichen Effekte entstehen, wenn mehr ältere Menschen über das reguläre Rentenalter hinaus arbeiten.