Die "Glorreichen Sieben" dominieren nicht nur die Schlagzeilen, sondern auch die Depots. Doch jenseits der Tech-Riesen warten Chancen, die kaum jemand nutzt. Nvidia, Amazon , Tesla , Apple und Microsoft : Kaum ein deutsches Depot kommt ohne sie aus. Fünf der größten US-Techkonzerne zählen laut einer Auswertung der Handelsplattform eToro zu den meistgehaltenen Einzelaktien deutscher Anleger. Damit zeigt sich ein klarer Trend: Viele setzen auf die Schwergewichte aus dem Silicon Valley und konzentrieren ihr Geld damit auf wenige Milliardenriesen. Das bringt zwar glänzende Renditen, wenn die Kurse steigen, erhöht aber zugleich das Risiko, wenn sich die Stimmung dreht. Denn wer fast ausschließlich auf die großen US-Konzerne setzt, lässt andere Chancen an der Börse ungenutzt. Könnte gerade das der Fehler sein, den viele Anleger in ihren Depots übersehen? US-Tech-Giganten beflügelt durch ETFs Die "Glorreichen Sieben", also Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet, Meta , Tesla und Nvidia, bestimmen auch die großen Weltindizes wie den MSCI World, der für viele Anleger als Basisinvestment dient. Wer in entsprechende ETFs investiert, hält diese Schwergewichte automatisch im Depot. Viele Privatanleger verstärken dieses ohnehin hohe Gewicht zusätzlich, indem sie die Tech-Titel noch einmal als Einzelwerte kaufen. Rekordbewertungen in den USA : Ist der Abschied von US-Aktien wirklich klug? Vor diesem Hintergrund seien gelegentliche Gewinnmitnahmen oder eine vorsichtige Reduzierung einzelner Positionen durchaus nachvollziehbar, sagt eToro-Marktanalyst Maximilian Wienke. Auf breiter Ebene bleibt das Engagement deutscher Anleger bei den großen Technologiekonzernen jedoch hoch. "Die Summen, die derzeit in Künstliche Intelligenz fließen, sind gigantisch und befeuern die Kursfantasien rund um die großen Tech-Unternehmen", sagt Wienke. Ob sich diese Investitionen tatsächlich in dauerhaft profitables Wachstum übersetzen lassen, werde sich jedoch erst in den kommenden Jahren zeigen. Tech-Aktie im Fokus: Ist der Höhenflug von Meta gerechtfertigt? Expertin verrät Erfolgsstrategie: Welche Marken die besten Investments bieten Ganz ohne deutsche Beteiligung ist die Liste der beliebtesten Aktien aber nicht. Unter den zehn meistgehaltenen Einzeltiteln finden sich auch drei heimische Werte: Rheinmetall , Bayer und die Lufthansa . Die beiden Letztgenannten galten lange als chronische Underperformer, konnten jedoch seit Jahresbeginn spürbar Boden gutmachen. Rheinmetall wiederum profitiert von der anhaltend hohen Nachfrage nach Rüstungsgütern und hat sich mit einem Kursplus von mehr als 270 Prozent binnen zwölf Monaten zu einem der erfolgreichsten deutschen Aktienwerte entwickelt. Top 10 der meistgehaltenen Aktien in deutschen Depots von eToro (Stand: 30.10.2025) Rang Unternehmen Marktkapitalisierung 1 Nvidia 4,43 Billionen Euro 2 Amazon 2,10 Billionen Euro 3 Rheinmetall 79,10 Milliarden Euro 4 Tesla 1,32 Billionen Euro 5 Apple 3,47 Billionen Euro 6 Microsoft 4,03 Billionen Euro 7 Lufthansa 8,64 Milliarden Euro 8 Nio 14,20 Milliarden Euro 9 Paypal 58,26 Milliarden Euro 10 Bayer 26,91 Milliarden Euro Die vergessenen Kleinen: Warum Small Caps jetzt spannend sind Während die großen Technologiekonzerne, sogenannte Large Caps, die Schlagzeilen dominieren, geraten kleinere Unternehmen zunehmend aus dem Blick der Anleger. Large Caps sind börsennotierte Konzerne mit einer Marktkapitalisierung von mindestens zehn Milliarden Euro. Small Caps dagegen sind deutlich kleiner: Ihre Marktkapitalisierung liegt meist zwischen 300 Millionen und zwei Milliarden US-Dollar . Historisch wurden Small Caps an der Börse oft mit einem Bewertungsaufschlag gehandelt, weil sie als wachstumsstärker und agiler gelten. Aktuell ist dieser Aufschlag jedoch fast verschwunden. Laut Pascal Kielkopf, Kapitalmarktanalyst bei HQ Trust, zeigt sich hier eine seltene Konstellation: "Relativ zu den Large Caps sind Small-Cap-Aktien derzeit sehr günstig bewertet." Kielkopf hat untersucht, wie das Verhältnis der Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) zwischen Small-Cap- und Large-Cap-Indizes ausfällt. Der weltweite Aktienindex MSCI All Country World (ACWI) weist derzeit ein durchschnittliches KGV von 23,2 auf. Beim Nebenwerteindex MSCI ACWI Small Caps liegt es bei 25,0 – also nur rund zehn Prozent höher. Das Bewertungsverhältnis beträgt damit 1,1. Dass kleinere Unternehmen im Durchschnitt teurer bewertet sind, hat gute Gründe: Sie wachsen oft schneller, reagieren flexibler auf Marktveränderungen und lösen mehr Übernahmefantasien aus. Viele heutige Großkonzerne – etwa Apple oder Nvidia – begannen einst als kleine, wenig bekannte Firmen. Wenn der Bewertungsaufschlag wie derzeit unter dem historischen Durchschnitt liegt, können Small Caps besonders attraktiv wirken. "Neben kleinen Aktien aus Europa und Japan sind auch US-Small-Caps im Vergleich zu den Großkonzernen günstig", sagt Kielkopf. "In allen drei Regionen ist der Bewertungsaufschlag aktuell sehr gering." In den vergangenen Jahren hätten große Konzerne dank ihrer Marktmacht und ihrer Fähigkeit, höhere Zinsen besser zu verkraften, besser abgeschnitten. Dadurch habe sich der Abstand in der Bewertung deutlich verringert. Eine Ausnahme bilden die Schwellenländer, zu denen typischerweise Nationen am Übergang von Entwicklungs- zu Industrieländern gehören, wie China , Indien , Brasilien oder Mexiko . "In den Emerging Markets hatten es die großen Unternehmen in den letzten Jahren wegen zunehmender Regulierung und staatlicher Eingriffe schwer", erklärt Kielkopf. Kleinere Werte, die oft lokale Konsum- oder Nischengeschäfte abdecken, seien davon weniger betroffen gewesen. "Entsprechend hat sich der Bewertungsaufschlag in den Schwellenländern zuletzt sogar noch ausgeweitet – das Verhältnis liegt hier bei 1,6. Small Caps sind dort also deutlich teurer als Large Caps." Was Anleger jetzt tun können Die Analyse von HQ Trust zeigt: In den entwickelten Märkten, also in Europa, Japan und den USA, sind Small Caps derzeit so günstig bewertet wie seit Jahren nicht mehr. Für Anleger könnte das ein seltener Moment sein, den Blick über die bekannten Index-Schwergewichte hinaus zu wagen. Christian Subbe, Anlagestratege von HQ Trust, sieht darin eine Chance: "Unabhängig von der Bewertung sind Nebenwerte in einem diversifizierten Portfolio immer eine sinnvolle Beimischung zu den Large Caps." Der aktuelle Bewertungsabschlag könne ein Anlass sein, kleinere Aktien ins Depot aufzunehmen – vor allem für Anleger, die angesichts der hohen Bewertungen der großen Technologiekonzerne zögern. Allerdings sei der Vergleich allein kein kurzfristiges Kaufsignal, betont Subbe. "Gerade für langfristig orientierte Anleger kann er aber ein Hinweis sein, dass der Markt hier Chancen übersieht." Wer investiert, müsse Geduld mitbringen: "Anleger können nicht unmittelbar eine bessere Performance als der breite Markt erwarten." Gerade bei kleineren Aktien komme es nach Ansicht von Stubbe aber auf die richtige Auswahl an. Wer hier gezielt investiere, könne mehr herausholen als mit einem einfachen Indexfonds. "Das gilt insbesondere für die USA, wo viele Small Caps von eher schwacher Qualität sind. Hier entscheidet die Auswahl der richtigen Unternehmen über den Erfolg."