Die Kritiker von Kryptowährungen haben seit Jahren einen schweren Stand. Denn ungeachtet aller Bedenken klettern die Kurse immer weiter. Es war ein doppelter Paukenschlag für Kryptos. Vor einigen Wochen unterzeichnete US-Präsident Donald Trump den "Genius Act" , das erste eindeutige Regelwerk für sogenannte Stablecoins. Regulierung schafft Vertrauen – und Vertrauen ist im Krypto-Universum bekanntlich die knappste Ressource. Stablecoins – digitale Münzen, deren Wert meist an eine klassische Währung wie den US-Dollar gekoppelt ist – spielen in dieser neuen Gemengelage eine Schlüsselrolle. Sie verbinden die Geschwindigkeit und Programmierbarkeit der Blockchain (die Technologie hinter Kryptowährungen, Anm. d. Red.) mit der Verlässlichkeit klassischer Währungen. Für Anleger sind sie so etwas wie die Rolltreppe im Finanzzentrum – schneller und komfortabler als eine einfache Treppe, aber stabiler als der wilde Fahrstuhl namens Bitcoin . Wer Gewinne parken oder Kapital verschieben will, ohne das Ökosystem zu verlassen, findet hier das geeignete Werkzeug. Anfang August folgte der nächste Hammer: Trump öffnete den gigantischen US-Altersvorsorgemarkt 401(k) für Kryptowährungen. "Rund 90 Millionen Amerikaner parken im Altersvorsorgemarkt rund 9 Billionen Dollar", so Dirk Hess vom Anbieter nxtAssets. Damit wird Bitcoin nicht nur für Trader und Tech-Freaks interessant, sondern auch für die Mittelschicht. Ob es so weit kommt, bleibt offen – doch die Signalwirkung reicht, um Kursen frischen Rückenwind zu verleihen. Bitcoin: Digitales Gold auf neuen Höhen Bitcoin, der Platzhirsch unter den Kryptowährungen, hat zuletzt wieder die Muskeln spielen lassen. Mit neuen Rekordständen vor wenigen Tagen und einer klaren Dominanz im Markt zeigte er, dass er nach wie vor der Ankerpunkt des gesamten Krypto-Universums ist. Sein deflationäres Design – maximal 21 Millionen Coins – verleiht ihm eine Knappheit, die im Zeitalter zunehmender Verschuldung als unwiderstehlicher Charme wirkt. Kein Wunder, dass Bitcoin inzwischen als "digitales Gold" gilt und regulatorisch in vielen Ländern als Ware (Commodity) eingestuft ist. Gleichzeitig zeigen die Daten: Der Markt ist noch lange nicht überlaufen. Analysten der Bank of Amercia zufolge sind gerade einmal neun Prozent der Fondsmanager überhaupt in Kryptowährungen engagiert – und das meist in sehr homöopathischen Dosen. Mit der Öffnung der US-Altersvorsorge könnte sich das Blatt wenden. Ob der amerikanische Durchschnittssparer Bitcoin jedoch als Baustein für den Ruhestand wählt, bleibt offen. Aber allein die Möglichkeit verändert das Spiel. Ethereum als Betriebssystem statt Wertspeicher Noch dynamischer als Bitcoin zeigte sich zuletzt Ethereum. Während die älteste Kryptowährung als Wertaufbewahrungsmittel dient, hat Ethereum längst die nächste Evolutionsstufe erklommen: ein dezentrales Betriebssystem. Intelligente Verträge (Smart Contracts), dezentrales Finanzwesen (DeFi), digitale Zertifikate (NFTs), dezentrale Organisationen (DAOs) – die Liste der Anwendungen liest sich wie das Who's who der digitalen Finanzwelt. Kein Wunder, dass Produkte auf Bitcoin und Ethereum bei Emittenten wie Morgan Stanley oder Vontobel im Zertifikatebereich in den Umsatzlisten privater Anleger immer häufiger ganz oben stehen. Sinnvolle Alternative: Das steckt wirklich hinter Ripple und XRP Kryptowährungen im Einzelhandel : Das verbirgt sich hinter dem neuen Paypal-Service Mit dem Umstieg auf "Proof-of-Stake" hat Ethereum nicht nur seine Energieeffizienz um 99,9 Prozent verbessert, sondern sich auch für ESG-Investoren attraktiv gemacht. ESG steht für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung), sprich: Es geht um nachhaltige Investitionen von Unternehmen oder Staaten in Finanzprodukte. In Zeiten, in denen Nachhaltigkeit zur Eintrittskarte für institutionelle Gelder wird, ist das mehr als ein Nebenaspekt. Flankierend dazu wollen auch Unternehmen wie Bitmine massiv ihre Ether-Bestände weiter ausbauen, finanziert über Aktienverkäufe im Wert von bis zu 20 Milliarden US-Dollar. Zudem könnten künftige ETF-Konstruktionen das sogenannte Staking integrieren: Anleger würden dann nicht nur von Kursgewinnen profitieren, sondern auch laufende Erträge, ähnlich wie Zinsen, aus dem Netzwerk beziehen – ohne eigene Infrastruktur. Ein solcher ETF wäre die Brücke zwischen klassischer Börse und digitaler Wertschöpfung. Folglich konnten Ethereum-ETFs jüngst Rekordzuflüsse verbuchen. Zwischen Euphorie und Fallhöhe Doch Kryptos bleiben ein Terrain voller Fallstricke: Hackerangriffe, regulatorische Richtungswechsel oder technische Pannen sind jederzeit möglich. Trump hat die Tür weit geöffnet – die Frage ist nur, wer hindurchgeht und wie groß die Bewegung wird. Fest steht: Der Krypto-Zug nimmt wieder Fahrt auf. Langfristig sehen die Aussichten robust aus. Taktisch gilt jedoch: Die besten Chancen bieten sich selten in Hochphasen der Euphorie. Da August und September traditionell schwächere Börsenmonate sind, könnten Bitcoin und Ether in den kommenden Wochen noch attraktivere Einstiegsgelegenheiten eröffnen.