Menschen mit Gicht sollten ihren Speiseplan bewusst gestalten. Lesen Sie, worauf bei der Ernährung zu achten ist und welche Lebensmittel schaden können.   Entgegen einem verbreiteten Vorurteil entsteht   Gicht    nicht durch ungesunde Kost. Trotzdem ist die Ernährung für die Behandlung der Erkrankung durchaus von Bedeutung: Zur Diagnose "Gicht" erhalten Betroffene oft auch die dringende Empfehlung, sich so purinarm wie möglich zu ernähren.  Purine stecken als Bausteine der Erbsubstanz in jeder menschlichen und tierischen Zelle. Größere Mengen dieser Stoffe werden freigesetzt, wenn der Körper vermehrt Zellen aus eigenem Gewebe oder tierische Zellen aus der Nahrung abbaut. Er zerlegt die Purine in   Harnsäure   , welche von den Nieren und dem Darm ausgeschieden wird.  Bei den meisten Menschen mit Gicht funktioniert die Ausscheidung über die Nieren nicht richtig. Die Harnsäure sammelt sich bei ihnen im Blut und lagert sich irgendwann in den Gelenken ab, was Entzündungen – und damit Gichtanfälle – nach sich zieht.  Eine purinarme Ernährung soll das verhindern: Je weniger purinhaltige Lebensmittel eine erkrankte Person zu sich nimmt, umso weniger Harnsäure wird gebildet und umso geringer ist folglich das Risiko für erneute Gichtanfälle. So die Theorie.  Purinarme Kost löst das Problem nur teilweise  Das Problem: Purinhaltige Lebensmittel wie Fleisch und Fisch liefern neben Purinen auch größere Mengen an wertvollem Eiweiß und, im Fall von Fisch, an gesunden Fetten. Außerdem fällt es vielen Menschen schwer, langfristig ohne diese Nahrungsmittel auszukommen.  Alle purinhaltigen Lebensmittel ersatzlos vom Speiseplan zu streichen, ist somit weder aussichtsreich noch gesund. Und davon abgesehen löst der Verzicht auf purinhaltige Speisen auch nur einen Teil des Problems.  Denn zum einen beeinflussen bestimmte Getränke ebenfalls den Harnsäurespiegel. Zum anderen ist in der Behandlung von Gicht nicht allein der Harnsäurespiegel von Bedeutung: Für viele Betroffene ist es mindestens ebenso wichtig, ein gesünderes Gewicht zu erreichen und zu halten. Übergewicht begünstigt nämlich sowohl Gicht als auch Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes.  Die folgenden Listen und Tabellen dienen daher nur der Orientierung. Sie bieten keine Garantie dafür, dass Gichtanfälle nicht erneut auftreten. Worauf es bei einer gesunden Ernährungsweise bei Gicht noch ankommt, erfahren Sie in den letzten beiden Kapiteln.  Welche Lebensmittel sind bei Gicht ungünstig?  Bestimmte Lebensmittel enthalten so viele Purine, dass bereits eine normale Portion davon für jemanden mit Gicht problematisch werden kann. Besonders, wenn am selben Tag noch andere purinhaltige Speisen verzehrt werden. Eher zu meidende Fleisch- und Fischsorten sind:  Bries   Niere   Leber   Herz   andere, eher selten verzehrte Innereien wie Zunge und Hirn   Fleischextrakt   Sardellen   Hering   Ölsardinen   Krustentiere wie Hummer und Krabben   Ebenfalls auf die "Lieber-nicht"-Liste gehören Lebensmittel, in denen viel Fruchtzucker steckt, weil dieser den Harnsäurespiegel ansteigen lässt. Dazu zählen vor allem:  Süßigkeiten, auch Müsliriegel   Honig   Fruchtsäfte und gezuckerte Limonaden   gezuckerte Joghurts   Eis   Auch Alkohol sollten Betroffene meiden. Nicht nur, weil er das Risiko für zahlreiche Krankheiten erhöht, sondern auch, weil er den Harnsäurespiegel in die Höhe treibt. Vor allem Bier ist problematisch – es enthält zusätzlich Purine.  Welche Gemüsesorten sind bei Gicht problematisch?  Gemüse und andere pflanzliche Lebensmittel können ebenfalls purinreich sein, zum Beispiel:  Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen und Sojaprodukte sowie   Kohl, etwa Rosenkohl und Brokkoli   In einer Studie wurden bei Veganerinnen und Veganern höhere Harnsäurespiegel gemessen als bei Personen, die regelmäßig Fleisch und Fisch speisten. Als am niedrigsten erwies sich der Harnsäurespiegel der Teilnehmenden, die sich vegetarisch ernährten, also auch Milchprodukte zu sich nahmen.  Als Erklärung vermuteten die Forschenden die unterschiedlichen Eiweißquellen in der veganen und vegetarischen Kost: Während vegan lebende Menschen ihren Eisenbedarf hauptsächlich über purinreiche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte und Kohl decken, können Vegetarierinnen und Vegetarier eiweißreiche Milchprodukte zu sich nehmen, die wenig oder keine Purine enthalten.  Ob Hülsenfrüchte, Kohl und andere pflanzliche Purinquellen bei Gicht wirklich problematisch sind, lässt sich aus der Untersuchung allerdings nicht ableiten: Bei den Teilnehmenden handelte es sich überwiegend um Menschen unter 50 Jahren. Eine Gicht entwickelt sich fast immer erst im höheren Lebensalter.  Ferner legen andere Studien nahe, dass eine purinreiche Pflanzenkost das Risiko für die Entstehung einer Gicht nicht erhöht.  Wie sinnvoll ist eine Verbotsliste bei Gicht?  Die Listen sollen nur der Orientierung dienen und sind nicht als erhobener Zeigefinger zu verstehen. Der langfristige und konsequente Verzicht auf die verbotenen Lebensmittel ist für Betroffene oft eine große Herausforderung. Und das ist verständlich: Viele dieser Nahrungsmittel sind traditionelle Bestandteile der westlichen Ernährungsweise.  Wenn seit der Kindheit regelmäßig Fleisch- und Fischgerichte auf den Tisch kommen, ist es schwierig, von heute auf morgen hauptsächlich auf Pflanzenkost umzusteigen. Essgewohnheiten sitzen für gewöhnlich tief und lassen sich meist nicht ohne Weiteres umkrempeln.  Allzu strenge und radikale Verbote bergen zudem die Gefahr, dass die Betroffenen bei gelegentlichen "Ausrutschern" riskante Mengen an Fleisch oder Fisch zu sich nehmen – was sich deutlich ungünstiger auf den Harnsäurespiegel auswirkt als ein maßvoller Umgang mit Fleisch und Fisch. Wie so ein maßvoller Umgang aussehen kann, erfahren Sie im folgenden Kapitel.  Purintabelle: Purinhaltige und purinarme Lebensmittel  Eine Purintabelle kann Menschen mit Gicht dabei helfen, ihren Speiseplan zusammenzustellen. Die folgenden Tabellen zeigen nicht den Puringehalt der jeweiligen Lebensmittel an, sondern wie viele Milligramm Harnsäure der Körper bei deren Verwertung bildet.  Mithilfe der Werte können Erkrankte berechnen, welche Lebensmittel sie täglich in welcher Menge essen können, ohne insgesamt zu viel Purine zu sich zu nehmen. Bei einer purinarmen Kost sollten es nicht mehr als 300 Milligramm Purine pro Tag sein. Der Körper bildet daraus etwa 720 Milligramm Harnsäure.  Fleisch, Innereien und Wurst            Lebensmittel      Harnsäure in Milligramm pro 100 Gramm             Rindfleisch      140 bis 150             Schweinefleisch      150 bis 170             Kalbfleisch      140 bis 160             Hammel- und Lammfleisch      140             Rehfleisch      150             Hase      170             Huhn      240             Kalbsbries      900             Kalbsherz      180             Kalbsleber      260             gekochter Schinken      130             Mettwurst      62             Weißwurst      70           Tipp:    Beim Kochen geht ein Teil der Purine aus dem Fleisch ins Wasser über, daher ist Kochen besser als Braten.  Fisch und Meeresfrüchte            Lebensmittel      Harnsäure in Milligramm pro 100 Gramm             Forelle      200             Karpfen      150             Scholle      130             Kabeljau      108             Anchovis und Sardellen      260             Krabben      165             Thunfisch in Öl      180           Milchprodukte und Eier            Lebensmittel      Harnsäure in Milligramm pro 100 Gramm             Milch      0             Joghurt      0             Quark      0             Ei      5             Butter      0             Emmentaler      10             Camembert      30           Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte            Lebensmittel      Harnsäure in Milligramm pro 100 Gramm             Kartoffeln      15             Paprika      10             Tomaten      10             Gurken      7             Kopfsalat      10             Feldsalat      25             frischer Spinat      50             Äpfel      15             Bananen      25             Erdbeeren      25             helle Weintrauben      20             Champignons      25             Spargel      25             Erbsen      150             Linsen      200             Blumenkohl      45             Rosenkohl      60           Brot, Backwaren und andere Lebensmittel            Lebensmittel      Harnsäure in Milligramm pro 100 Gramm             Brötchen      45             Mischbrot      45             Weißbrot      40             Nudeln      22             Reis      35             Haferflocken      100           Für die korrekte Berechnung müssen die Werte zusammengezählt werden, und zwar in den am jeweiligen Tag verzehrten Portionsgrößen. Die Summe sollte unter der Obergrenze von 720 Milligramm Harnsäure liegen. Für eine ungefähre Einschätzung gibt es eine einfache Faustregel: Bis zu 150 Gramm Fleisch, Wurst oder Fisch am Tag gelten als unbedenklich.  Wie viel bringt eine purinarme Kost bei Gicht?  Etwa ein Drittel der Harnsäure im Blut stammt aus der Ernährung, den Rest bildet der Körper beim Abbau eigener Zellen. Eine purinarme Kost kann den Harnsäurespiegel daher nur zu einem gewissen Maße senken. Gichtanfälle lassen sich allein über die Ernährung also nicht sicher verhindern.  Bei purinarmer Diät besteht zwar definitiv ein geringeres Risiko für erneute Gichtanfälle als bei einer fleisch- und fischlastigen Kost. Wie viel geringer, ist aber unklar, weil es dazu noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt.  Fazit: Welche Ernährung bei Gicht?  Folgende Ernährungstipps können Menschen mit Gicht zur Orientierung dienen:  Essen Sie viel Gemüse und Obst.   Trinken Sie täglich etwa anderthalb Liter Wasser oder ungezuckerten Tee – Trinken hilft dem Körper bei der Ausscheidung von Harnsäure.   Decken Sie Ihren Eiweißbedarf hauptsächlich mit fettarmen Milchprodukten wie Quark, zuckerfreiem Joghurt und Käse.   Nehmen Sie viel Vitamin C zu sich, etwa aus rotem Paprika, Zitrusfrüchten und Feldsalat: Vitamin C trägt zur Senkung des Harnsäurespiegels bei.   Essen Sie Fleisch und Fisch nur in Maßen.   Verzichten Sie möglichst auf Innereien und bestimmte Fischsorten (welche, steht in der Verbotsliste).   Meiden Sie Alkohol, Fruchtsäfte und zuckerhaltige Limonaden.   Ernähren Sie sich so, dass Sie ein gesundes Gewicht erreichen und halten können. Führen Sie aber keine radikalen Diäten oder Fastenkuren durch, sonst riskieren Sie Gichtanfälle.   Die ideale Ernährung bei Gicht muss vieles auf einmal bewirken: den Harnsäurespiegel niedrig halten, zur Normalisierung des Gewichts beitragen und vor häufigen Begleiterkrankungen der Gicht schützen – vor allem Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen. Obendrein sollte sie über Jahrzehnte hinweg durchzuhalten sein.  Ob eine der vielen Diäten, die bislang entwickelt wurden, all das ermöglicht, ist bislang nicht ausreichend erforscht und unter Fachleuten umstritten. Eine Ernährungsform, die diese Kriterien zumindest teilweise erfüllt, ist die Mittelmeerdiät. Wer sich daran hält, meidet Fertigkost, isst selten Fleisch und ernährt sich hauptsächlich von Gemüse und Obst, Vollkornprodukten, Nüssen sowie Olivenöl.  Studien belegen, dass die mediterrane Ernährung tatsächlich vor zahlreichen Erkrankungen schützt, die häufig zusammen mit Gicht auftreten. Auch zum Abnehmen eignet sie sich. Einige Studien deuten darauf hin, dass sie sich zudem günstig auf den Harnsäurespiegel auswirkt. Um sie bei Gicht zu empfehlen, reichen diese Untersuchungen aber nicht aus.  Wenn überhaupt, dann ist die Mittelmeerkost bei Gicht nur in abgewandelter Form geeignet. Denn neben all den pflanzlichen Lebensmitteln sieht sie auch purinreiche Speisen wie Fisch, Meeresfrüchte und Hülsenfrüchte vor, die bei Gicht problematisch sein können. Besser eignen sich Milchprodukte als Eiweißquelle.  Grundsätzlich sollten Menschen mit Gicht immer zunächst mit der Ärztin oder dem Arzt sprechen, bevor sie ihre Ernährung umstellen. Denn welche Kost am besten geeignet ist, hängt auch von individuellen Faktoren wie Gewicht, Alter und möglichen Vorerkrankungen ab.