FC Bayern | Trainer Gernot Rohr wollte Michael Olise für Nigeria gewinnen

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Frankreich-Experte Gernot Rohr spricht bei t-online über das Duell des FC Bayern mit Paris Saint-Germain. Und verrät ein brisantes Geheimnis, das einen Bayern-Star betrifft. Diesem Duell fiebert ganz Europa entgegen. Mit 15 Siegen in den ersten 15 Pflichtspielen im Gepäck reist der FC Bayern zum Kräftemessen mit Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain in die französische Hauptstadt. PSG geht als Tabellenführer der Königsklasse in die Partie – punktgleich mit den zweitplatzierten Bayern. Auch in Frankreich sind die Erwartungen an den Vergleich der beiden europäischen Topklubs riesig. Schon am 9. Spieltag: Die Bundesliga hisst die Weiße Flagge Nach Wiederwahl: Präsident richtet Appell an Bayern-Star Gernot Rohr macht da keine Ausnahme. Der 72-Jährige spielte einst selbst beim FC Bayern, unter anderem mit Franz Beckenbauer , Uli Hoeneß , Gerd Müller, Sepp Maier und Paul Breitner . Seit 1983 besitzt er die französische Staatsbürgerschaft und lebt in der Nähe von Bordeaux. Im Interview mit t-online sprach er über den Champions-League-Kracher zwischen Bayern und PSG. t-online: Herr Rohr, der FC Bayern tritt in der Ligaphase der Champions League bei Paris Saint-Germain an. Welche Bedeutung hat diese Partie in Frankreich? Wird es als vorweggenommenes Duell um den europäischen Fußballthron gesehen? Gernot Rohr: Hier spricht man auf jeden Fall von den beiden momentan besten Klub-Mannschaften der Welt. Jeder wartet auf dieses Spiel, es ist große Vorfreude darauf da. Man hat den Eindruck, dass Paris international immer stärker wird. Obwohl sie in der französischen Liga im Moment auch ein paar Probleme haben. Sie gewinnen nicht mehr alle Spiele wie teilweise noch in der Vergangenheit, haben ihre Schwierigkeiten, vor allem durch Verletzungen. Trotzdem haben sie in Europa einen Lauf, und den wollen sie fortsetzen. Wie schätzen Sie das Kräfteverhältnis zwischen PSG und dem FC Bayern aktuell ein? Paris ist der amtierende Champion, spielt zu Hause und ist eine sehr eingespielte Mannschaft. Deshalb sehe ich PSG schon als Favoriten, auch wenn ich natürlich den Bayern die Daumen drücke. Ousmane Dembélé ist jetzt wieder fit, dafür haben sie Désiré Doué , der sich verletzt hat, jetzt verloren. Nach diesem intensiven Sommer mit der Klub-WM war klar, dass mal ein kleines Tief kommen kann. Trotzdem erwartet man in Paris ein gutes Spiel und natürlich ein gutes Ergebnis – auch wenn es gegen Bayern geht. Aber es wird natürlich ein interessantes Duell. Vor allem, wenn man sich die Ergebnisse der beiden Mannschaften anschaut, besonders die der Bayern natürlich, die mit 15 Siegen in den ersten 15 Pflichtspielen einen neuen Rekord in Europa aufgestellt haben. PSG gewann in der Champions League mit 2:1 beim FC Barcelona und zuletzt mit 7:2 bei Bayer Leverkusen . Wie sind diese Siege einzuordnen? Das war einmalig, was da in Leverkusen passiert ist – ein Ausrufezeichen und Ausdruck der Stärke von PSG, ein weiteres Signal an Europa. Das wird sich gegen Bayern nicht wiederholen. Aber PSG hat keine Komplexe mehr. Wie meinen Sie das genau? Früher hieß es in Frankreich, gegen deutsche Mannschaften zu spielen, sei schwierig – und am Ende gewinnen immer die Deutschen. Das ist heute aber längst nicht mehr so. Wie kann der FC Bayern in Paris bestehen? Die Bayern müssen einfach so weitermachen wie bisher (lacht) . Sie haben ja bislang sämtliche Spiele in dieser Saison gewonnen. Sie müssen also mit der gleichen Organisation, der gleichen Taktik, der gleichen Einstellung antreten – auch, wenn es jetzt ein Spiel in Paris gegen PSG ist. Das ist momentan die Stärke der Bayern: Sie haben viel Selbstvertrauen und können auswärts genauso dominant auftreten wie zu Hause. Sie sind wirklich sehr offensivstark, gleichzeitig aber auch defensiv sehr stabil. Das ist ein Fortschritt auch im Vergleich zur vergangenen Saison. Gegen Paris müssen sie einen soliden Defensivblock aufbauen und gleichzeitig das eigene Offensivspiel beibehalten. Die Bayern können das schaffen und auch in Paris bestehen. PSG hat vor allem in der Defensive auch so seine Probleme. Inwieweit ist diese von Ihnen angesprochene Entwicklung des FC Bayern auch ein Verdienst von Chefcoach Vincent Kompany ? Die Mannschaft hat sich unter ihm auf jeden Fall enorm weiterentwickelt. Er war selbst ein großartiger Defensivspieler, und das hilft ihm, diese Stabilität zu vermitteln. Gleichzeitig verfolgt er eine sehr auf Ballbesitz und Dominanz ausgerichtete Spielidee. Bei seiner Verpflichtung galt Vincent Kompany noch als eine Art Notlösung. Kürzlich hat der FC Bayern nun den Vertrag mit ihm vorzeitig verlängert. Hat er Sie mit der Entwicklung, die er als Bayern-Coach in kurzer Zeit gemacht hat, positiv überrascht? Das muss ich schon zugeben: Wie viele andere war auch ich anfangs etwas skeptisch. Jetzt muss man aber festhalten, dass die Bayern mit ihm wirklich ein gutes Händchen hatten. Er hat viel gelernt und die Mannschaft stabilisiert. Jetzt hat er sich auch den Status erarbeitet, den er am Anfang noch nicht hatte – das gibt ihm Selbstvertrauen. Kompany hat lange unter Pep Guardiola gespielt, war sein Kapitän. Er verfolgt nun eine ähnliche Spielphilosophie. Sehen Sie Parallelen zwischen beiden? Jeder Trainer, den du als Spieler hattest, hinterlässt seine Spuren. Bei mir war es zuerst mein Vater, dann Udo Lattek beim FC Bayern, später Otto Rehhagel in Offenbach, in Frankreich Aimé Jacquet. Von jedem lernt man und nimmt etwas mit. Das ist bei Kompany genauso. Man erkennt bei ihm schon große Einflüsse von Guardiola. Der Fußball, den Kompany spielen lässt, erinnert schon sehr an Guardiolas Ideen. Gewissermaßen tritt er jetzt ja auch beim FC Bayern in seine Fußstapfen. Inwieweit hat Sie die Entwicklung, die PSG unmittelbar nach dem Abschied von Kylian Mbappé im vergangenen Jahr genommen hat, überrascht? Nachdem in den Jahren zuvor mit Lionel Messi und Neymar bereits die anderen beiden großen Superstars den Klub verlassen hatten, gelang ausgerechnet dann der Champions-League-Triumph. Das zeigt, dass nicht ein Spieler, sondern eine Mannschaft die Champions League gewinnt. Das ist die große Lektion für alle, die das noch nicht kapiert hatten, die PSG jetzt gelernt hat. Du brauchst ein Ensemble, das gut zusammen funktioniert und nicht nur herausragende Einzelspieler. Nur als funktionierende Mannschaft kannst du erfolgreich sein. Vielleicht ist das bei Real Madrid jetzt auch wieder der Fall. Ich wünsche es Mbappé, dass er das auch mal schafft, die Champions League zu gewinnen. Für ihn ist das ein bisschen unglücklich gelaufen. Persönlich hat er sich aber nichts vorzuwerfen. Er war auch bei PSG schon brillant und ihr bester Torschütze. Ousmane Dembélé wurde nach dem Champions-League-Sieg nun sogar mit dem Ballon d’Or ausgezeichnet. Wie ordnen Sie das ein? Das ist eine Krönung – für ihn, die Mannschaft, den Klub und ganz Frankreich. Er ist ein einfacher, netter, großartiger Typ. Dass er den Ballon d’Or gewonnen hat, ist eine Belohnung für harte Arbeit – und natürlich auch eine Verpflichtung, weiterhin auf Topniveau zu spielen. Er steht jetzt noch mehr im Fokus und muss noch mehr abliefern, um diesen Status weiter zu rechtfertigen. Was fehlt Mbappé, der den Gewinn des Ballon d’Or ebenfalls anstrebt, im Vergleich – ist es "nur" der Champions League-Titel? Der Champions-League-Titel hat da schon viel ausgemacht und die Auszeichnung war absolut verdient. Aber beide sind wirklich großartige Spieler. Mbappé zeigt jetzt bei Real Madrid auch wieder, was in ihm steckt, ist in großartiger Form. Ich wünsche ihm, dass er den Ballon d’Or ebenfalls noch gewinnt. Und bin mir auch sicher, dass er das in naher Zukunft noch schaffen wird. Als Dembélé noch bei Borussia Dortmund spielte, galt er als schwieriger Charakter. Er streikte sich damals zu seinem Wechsel zum FC Barcelona. Jetzt ist er bei PSG eine Art Vorzeigeprofi. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung? Er wurde teilweise schlecht beraten. Junge Spieler hören oft auf ihre Agenten. Aber er ist gereift, erwachsen geworden. Heute ist er eine Persönlichkeit, die in Frankreich sehr positiv wahrgenommen wird. Der Schritt zu PSG hat einfach perfekt gepasst und war genau der richtige für ihn. Gilt das Gleiche für Michael Olise und den Wechsel zum FC Bayern im vergangenen Jahr? Er ist ein fantastischer Spieler. Ich schätze ihn wirklich sehr und kenne ihn schon aus meiner Zeit als Nationaltrainer in Nigeria. Interessant. Das müssen Sie bitte erklären. Olises Vater stammt ja aus Nigeria. Genau – er hat nigerianische Wurzeln und hätte theoretisch auch für Nigeria spielen können. Wir haben damals ein bisschen etwas unternommen, um ihn davon zu überzeugen. Ich wollte ihn für Nigeria und meine Mannschaft gewinnen. Wann war das genau? Das war in der Zeit von 2019 bis 2020, als er noch in England spielte. Schon damals war das große Potenzial, das in ihm steckt, nicht zu übersehen. Am Ende hat er aber leider abgelehnt. Er wusste, dass er es auch bei noch größeren Fußballnationen schaffen kann und hat sich letztlich dafür entschieden, für Frankreich zu spielen. Beim FC Bayern ist er auf dem besten Weg, in die großen Fußstapfen seines Landsmanns Franck Ribéry zu treten. Trauen Sie ihm das zu? Das kann er schon schaffen und ein würdiger Nachfolger von Ribéry bei Bayern werden. Michael Olise ist ein toller Spieler, wirklich außergewöhnlich und bewundernswert. Er kann jederzeit den Unterschied machen, mit genialen Pässen, Dribblings, seiner Übersicht. Die Bayern haben mit ihm auf jeden Fall wirklich sehr gut eingekauft. Er wird auch im Duell mit PSG einer der Schlüsselspieler sein. Beim FC Bayern liefert Olise eine Topleistung nach der anderen. In der französischen Nationalmannschaft ist ihm das noch nicht in dieser Konstanz gelungen. Können Sie nachvollziehen, dass er deshalb in Frankreich teilweise kritischer als bei Bayern gesehen wird? Bixente Lizarazu sagte t-online dazu: "In Frankreich erwarten wir mehr von ihm." Das ist deshalb verständlich, weil er bei Bayern einfach so brillant spielt. Aber es ist nicht so einfach, sich bei der Nationalmannschaft einzufügen. Er ist ja noch nicht allzu lange dabei. Es ist ganz logisch, dass er sich da in der für ihn neuen Mannschaft erst mal zurechtfinden muss. Zudem ist die Konkurrenz in der Offensive wirklich groß. Inzwischen ist man hier in Frankreich aber schon zufrieden mit ihm. Und er wird sich auch in der Nationalelf noch weiter steigern. Welchen Stellenwert hat Dayot Upamecano beim FC Bayern? Sein Vertrag läuft am Saisonende aus. Unter anderem Real Madrid und der FC Chelsea sollen an ihm interessiert sein. Er ist sehr wichtig für die Mannschaft. Gerade gegen Paris wird man noch einmal sehen, welche großen Fortschritte er gemacht hat. Er ist noch mal stärker in den Zweikämpfen und selbstbewusster geworden, leistet sich mittlerweile auch kaum noch Fehler, spielt hochkonzentriert. Er passt sehr gut zum FC Bayern. Es wäre schade und fast schon tragisch, so einen Spieler ablösefrei zu verlieren. Er wäre nur schwer zu ersetzen. Aber die Spieler sind heute clever – sie lassen sich nicht unter Druck setzen. Ich hoffe, dass er noch lange in München bleibt. Aber es ist seine Entscheidung.
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