Als Touristen bewundern wir gern Japans Schönheit und Ordnung. Dabei werden die wirtschaftlichen Probleme dort drängender. Das Erste, was einem Deutschen in Tokio auffällt, ist die Abwesenheit von Mülleimern. In Frankfurt an der Konstablerwache stehen, ebenso wie in Berlin am Mauerpark, Dutzende Mülleimer und trotzdem oder gerade deshalb sieht der öffentliche Raum desaströs aus. Dreck, wohin man schaut. Der öffentliche Raum in Japan dagegen ist ein Traum für alle Sauberkeitsfanatiker. In den Großstädten Japans könnte man vermutlich sowohl im Bahnhof als auch auf der Straße sein Sushi versehentlich fallen lassen – es wäre danach immer noch genießbar und sauber. Dass Tokio so gut wie keine Mülleimer anbietet, liegt daran, dass man nach einem Giftgasanschlag der Aum-Sekte in den 90er-Jahren alle Mülleimer entfernt hat, da die Behälter als Depots genutzt wurden. Öffentlicher Raum ein Sauberkeitstraum Ohnehin sieht man weder in der U-Bahn noch im öffentlichen Raum Japaner essen, trinken oder auch nur ein Stück ihres Abfalls irgendwo entsorgen. Japanreisende dürfen sich auf maximale Sauberkeit, gepaart mit großer Höflichkeit freuen. In den Bahnhöfen Kyotos oder Hiroshimas stehen nicht selten ältere Männer mit einem Tablet in der Hand und antworten mittels Übersetzungsprogramm orientierungslosen Touristen. Ohnehin prägen ältere Menschen das Stadtbild. Viele von ihnen sieht man arbeiten. Dies zeugt von einer Schattenseite Japans: Die Gesellschaft ist alt. Sehr alt. Das Durchschnittsalter ist mit 48 Jahren das höchste der Welt. Selbst Deutschland ist mit durchschnittlich 44,6 Jahren (Stand: 2023) deutlich jünger. Junge Leute in Japan fühlen sich mitunter fremd und einsam in ihrem Land. Tatkräftiger Nachwuchs fehlt. Migration und alte Gesellschaft Womit wir bei den wirtschaftlichen Problemen Japans angekommen wären. Japan ist nicht nur eine alte Gesellschaft, sondern man hat sehr lange auch auf Migration weitgehend verzichtet. Wo die Servicekräfte in Berlin oder Frankfurt bunt gemischt aus allen möglichen Ländern stammen, wird man in Japan in der Regel – mit wenigen Ausnahmen – von Japanern bedient. Angesichts der Demografie stößt dieses Konzept nun an seine Grenzen. Stadt hui – Land pfui Noch hilft die hohe technische Entwicklung Japans in den Städten. Auf dem Land aber lässt sich ein Japan besichtigen, das anders aussieht. Auf einigen Inseln nördlich von Hiroshima beispielsweise ist der Verfall offenkundig. Ferienanlagen, Strandbars, Industrieanlagen und Wohnblocks sind heruntergekommen. In manchen Kleinstädten kann aufgrund des Personalmangels nicht einmal mehr das Krankenhaus passabel am Laufen gehalten werden, und ein schönes Café muss man lange suchen. Die beste Anlaufstelle bleibt eher der omnipräsente "Seven Eleven"-Supermarkt. Inflation auf Japanisch Doch wirtschaftlich hat Japan neben seiner Demografie im Jahr 2025 noch ein weiteres Problem: die Inflation . Lange Zeit waren die Preise für Grundnahrungsmittel wie Reis, aber auch Obst und Gemüse immer stabil. Ein Apfel für zwei Euro oder eine Schale Erdbeeren für 10 Euro, wie wir es aus Europa kennen, waren in Japan undenkbar. Das ist jetzt vorbei, jetzt hat Japan auch europäische Verhältnisse. Für Japaner war Inflation lange Zeit ein Fremdwort. Jetzt mischt sie sich auch noch mit Niedrigwachstum; beides zusammen führt zur sogenannten Stagflation. Nichts geht voran, nur die Preise. Wie blank die Nerven liegen, sah man zuletzt am Rücktritt des Agrarministers. Der hatte gesagt, er hätte noch nie seinen Reis selbst bezahlen müssen. Die Aussage war so abgehoben und weltfremd; er musste von seinem Amt zurücktreten Zinsen wie lange nicht Die japanische Schwäche zeigt sich jetzt auch an den Staatsanleihen. Für japanische Bonds, auf 30 Jahre angelegt, gab es zuletzt mehr als drei Prozent Zinsen. Na und, denkt da der Europäer? Aber für Japaner war das eine Zäsur. Seit mehr als 25 Jahren lagen die Zinsen für Geld, das Investoren dem Staat geborgt haben, unter dieser Marke. Geldgeber lassen sich die japanischen Wirtschaftsprobleme gut bezahlen. Nur als Tourist kann man die Probleme weitgehend ausklammern – und sich freuen: Der japanische Yen ist zum Euro mit einem Verhältnis von 164:1 sehr attraktiv und macht einen Japanurlaub entgegen aller Vorurteile absolut erschwinglich.