Kölner Drogenkrieg: Polizei stößt auf gefesselte Geiseln

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Polizisten berichten von schockierenden Szenen bei der Drogen-Geiselnahme in Hürth. Ein Angeklagter wird zunächst laufen gelassen. Als das blaue Tor der Lagerhalle hochfährt, wissen die eintreffenden Polizisten, dass das kein normaler Einsatz wird. Mehrere Männer sitzen in der Halle, mit Kabelbindern gefesselt, auf dem Boden liegen Holzlatten, Plastikfolie und etwas, das wie eine selbstgebaute Machete aussieht . "Wie im Film", beschreibt ein Polizist die Szene später vor Gericht. In den Prozessen um den Kölner Drogenkrieg kommen nun neue Details ans Licht. Am zweiten Verhandlungstag gegen Serkan F. (Name geändert) werden mehrere Polizisten als Zeugen vernommen. Sie waren mit als Erste am Tatort an einer Lagerhalle in Hürth. Und sollen dabei helfen, die Frage zu beantworten, inwiefern der Angeklagte sich der Geiselnahme im Kölner Drogenkrieg schuldig gemacht hat. Kölner Drogenkrieg: Polizei trifft auf gefesselte Geiseln Als zwei Polizisten mit einem großen Einsatzwagen in der Nähe der Lagerhalle eintreffen, entdecken sie zunächst einen aufgewühlten Mann. Es ist der Zeuge, der kurz zuvor durch einen Spalt in die Halle geschaut und dann den Notruf gewählt hatte. Dabei gab er an, von einem dunklen VW Golf verfolgt worden zu sein – genau dieses Auto kommt den Beamten kurz darauf entgegen. In ihm sitzt laut Angaben der Polizisten Serkan F. Heller Leinen-Anzug, gepflegtes Äußeres, er riecht nach Parfüm. "Er wirkte so, als würde er dort nicht hingehören", berichtet der Polizist, der ihn noch am Tatort kontrollierte. Das Auto sei frisch gewaschen gewesen, auch der Innenraum war sauber. Mutmaßlicher Vertrauter des Drogenbosses: Polizei findet drei iPhones Serkan F. gibt gegenüber der Polizei an, sich verfahren zu haben. Er wollte eine Freundin bei einer nahegelegenen Produktionsfirma abholen. Auf den Polizisten wirkt diese Geschichte plausibel: "Wenn man sich dort nicht auskennt, kann es schon sein, dass man sich da mal verfährt", sagt er vor Gericht. Zum Beweis zeigt Serkan F. ihm einen WhatsApp-Chat auf seinem Handy, der die Geschichte bestätigen soll. Das Einzige, was den Beamten stutzig werden lässt: Serkan F. besitzt drei Handys. Alles iPhones, alles neuere Modelle. "Da habe ich mich schon gefragt, warum so jemand drei Handys besitzt", berichtet der Beamte weiter. Der Angeklagte hätte aber alle drei Handys entsperren können und auf allen auch private Bilder gehabt. Er erklärte, eins der Handys privat zu nutzen, die anderen beruflich. "Auffällig war nur, dass er für alle Handys einen sehr langen Code zum Entsperren hatte." Polizei lässt wichtige Figur im Kölner Drogenkomplex zunächst gehen Serkan F. hätte nervös gewirkt, sich mit der Zeit aber beruhigt und von Beginn an kooperativ gezeigt. Dann trifft er noch einmal auf den Mann, der den Notruf gewählt hatte. Dieser sagt aber plötzlich, dass er sich geirrt hätte und der Fahrer des VW Golf nichts mit der Geiselnahme zu tun hätte. Serkan F. darf daraufhin fahren. Er wird erst im November 2024 festgenommen. Währenddessen kümmern sich weitere Ermittler um die Geiseln. Diese haben lange rote Striemen auf dem Rücken, einer eine Kopfverletzung. "Sie sahen aus, als wären sie gefoltert worden", berichtet ein Polizist. Aus Angst vor den Tätern wollen sie nichts sagen. Nur einer sagt einer Polizistin, er habe eine Nachricht bekommen, dass er aus den Niederlanden herkommen solle. Dann wurde ihm das Handy abgenommen und er wurde gefesselt. Geiselnahme in Lagerhalle: Niederländer bedrohen und schlagen Opfer Die Frage bleibt, was Serkan F. getan hat, bevor er den Bereich an der Lagerhalle verlassen hat. Laut Staatsanwaltschaft zeigen Videoaufnahmen, wie sich sein Auto seit Längerem in dem Industriegebiet aufhält, er sich also nicht verfahren hat. Auch ein Mann, der in unmittelbarer Nachbarschaft der Lagerhalle ein Unternehmen besitzt, will den dunklen VW Golf dort schon vorher gesehen haben. An den Fahrer kann er sich aber nicht erinnern. Laut Rekonstruktionen der Geiselnahme sollen drei Niederländer, die für die Tat gegen Geld beauftragt wurden, zunächst drei Geiseln gefesselt haben. Später wurde dann auch Ozan F. (Name geändert), der zunächst als Bindeglied zwischen Opfern und Geiselnehmern agiert hatte, ebenfalls festgebunden. Ein Unbekannter hatte den Niederländern mitgeteilt, ihm sei nicht zu vertrauen. Ozan F. ist gemeinsam mit dem mutmaßlichen Bandenboss Sermet A. angeklagt, er soll als seine rechte Hand agiert haben. Kölner Drogenkrieg: Hauptbelastungszeuge will vor Gericht aussagen Als neues Bindeglied wurde im Laufe des Abends Serkan F. hinzugerufen, so die Anklage. Er soll im Anschluss die Befragung der Opfer fortgesetzt haben. Dabei war Sermet A. laut Ermittlern per Videoanruf zugeschaltet. Während der Geiselnahme sollen die Opfer geschlagen und teils mit dem Tod bedroht worden sein. Wie sehr Serkan F. in die Taten involviert gewesen sein soll, ist nicht klar. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm gemeinschaftlich begangene Geiselnahme vor. Der Angeklagte schweigt weiterhin zu den Vorwürfen. Möglicherweise will er sich am dritten Verhandlungstag einlassen, wenn der Hauptbelastungszeuge Y. für eine Aussage geladen ist. Ein weiterer wichtiger Zeuge könnte hinzukommen. Eines der Urteile gegen die drei niederländischen Geiselnehmer ist bereits rechtskräftig . Er könnte also im Prozess gegen Serkan F. aussagen.
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