Kreatin statt Protein-Shake: So bauen Sie Muskeln ohne Akne auf

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Eiweißshakes fördern den Muskelaufbau, können aber auch Akne verschlimmern. Andere Stoffe sind daher viel interessanter, wenn es um Fitness und Gesundheit geht. In meiner Sprechstunde sitzen oft junge Männer, die sich hingebungsvoll bis fanatisch im Fitnessstudio abarbeiten: perfekte Muskulatur, junge Haut – aber belastenderweise auch Aknepickel. Ich frage dann, ob sie zum Muskelaufbau ergänzende Produkte nutzen. Oft lautet die Antwort: Ja. Sie nutzen Whey Protein mit den Aminosäuren Leucin, Isoleucin, Valin. Das oft aufgelöst in einem Shake mit Kuhmilch, was insgesamt die Akne befeuert. Sehr interessant für den Muskelaufbau mit weniger Nebenwirkungen und anderer Wirkweise ist Kreatin. Kreatin ist ein viel geschlucktes Nahrungsergänzungsmittel, um die kurzfristige Leistungsfähigkeit bei intensiver Belastung zu steigern: ein Dreier aus den Aminosäuren Arginin, Glycin und Methionin. Rund 90 Prozent davon verstecken sich im Körper in unseren Skelettmuskeln, wo Kreatin als Energiespeicher in Form von Kreatinphosphat bzw. Phosphokreatin in den Zellen herumschwimmt. Bei intensiver körperlicher Aktivität liefert es blitzschnell Energie und hat deshalb beim Sprint oder beim Gewichtheben große Bedeutung für schnelle Kontraktionen etwa in den weißen Muskelfasern (auch Fast-Twitch-Fasern genannt). Fleischkonsum hilft in diesem Fall Es findet sich auch in den Herzmuskelzellen: Unser Herz nutzt gern Fettsäuren zur Energiegewinnung und bezieht daraus 60 bis 70 Prozent der Energie. Und weil es so flexibel ist, nimmt es bei anderen Herausforderungen, bei Sauerstoffmangel oder nach dem Essen, auch Glukose oder Laktat. Körpereigenes Kreatin bringt es auf die stattliche Menge von etwa 120 bis 140 Gramm, wovon die Hälfte in Leber und Nieren hergestellt wird. Den Rest gewinnt der Körper über die Nahrung, Fleisch und Fisch und, deutlich weniger, aus Milchprodukten. Vegetarier und Veganer haben daher geringere Kreatinspiegel. Tägliche Fleischaufnahme ist aus gesundheitlicher, ökologischer sowie Tierwohlsicht nicht unbedingt angesagt, wäre aber optimal für die Kreatinversorgung. Unser Körper verliert täglich etwa 2 Gramm Kreatin, da kann man mit einem Rindersteak gut gegensteuern: 100 Gramm liefern bis 0,5 Gramm Kreatin, wobei ein Teil beim Erhitzen verloren geht. Kreatin ist jedoch längst nicht mehr nur das Wundermittel für den Muckibudenzauber. Inzwischen hat es auch Einzug in die Präventionsmedizin gehalten. Es mindert den Muskelkater Das sogenannte Phosphokreatin reichert bei intensiver Belastung in Windeseile ein Molekül mit einem weiteren Phosphatrest an, das so zu Adenosintriphosphat (ATP) wird. Dieses ATP ist ein universell einsetzbarer Energieträger mit Phosphatresten in den Zellen. Und der gute Helfer, der diese Wandlung angestoßen hat, wandelt sich anschließend selbst wieder zu Kreatin – bis das Ganze von Neuem beginnt, und ein Enzym Kreatin mit Phosphat belädt und es so wieder zu Phosphokreatin macht. Phosphokreatin ist wie eine Autobatterie, die fünfmal mehr Energie speichert, als in Form von ATP in der Zelle vorliegt. Es treibt die Mitochondrien – die Kraftwerke in den Zellen – an, Energie zu produzieren, wirkt als Förderband für frische Energie und reduziert zugleich schädliche Sauerstoffradikale. Das Enzym mit dem wunderbaren Namen Kreatinkinase, das den Auf- und Abbau von Kreatin zu Phosphokreatin bewerkstelligt, macht auch die Calciumpumpe effizienter, beliefert sie direkt mit Energie und versorgt somit auch die Muskelfasern im Innern. Calcium braucht es für gute Muskelarbeit und die Erholung, es mindert Muskelkater und sorgt dafür, dass die Muckis nicht überstrapaziert und leistungsfähiger werden. Frauen haben einen geringeren Speicher Auch andere Stakeholder unseres Körpers hungern nach Kreatin, etwa die glatte Muskulatur, die Organe wie den Magen-Darm-Trakt, die Blutgefäße oder unsere Atemwege auskleidet und sanft bewegt. Leber und Nieren profitieren ebenfalls. Überall, wo schnell verfügbare Energie gefragt ist – für besseren Zellstoffwechsel, bei chronischen Erkrankungen, Depressionen, Parkinsonsyndrom, Alzheimer, Stress –, ist Kreatin hilfreich. Stimmung und Wahrnehmung können profitieren, denn auch das Gehirn freut sich über mehr Energie. Kreatin ist also ein wichtiger, vielseitiger Akteur. Aber sollte man es – jenseits einer ausgewogenen Ernährung – supplementieren, also zusätzlich einnehmen? Studien zu Kreatin wurden bislang mehrheitlich an Männern durchgeführt und zeigen überwiegend positive Effekte. Inzwischen ist es auch für Frauen interessant: Sie haben einen um bis zu 80 Prozent geringeren Kreatinspeicher als Männer, je nach Muskelmenge und Sportlichkeit, und nehmen es auch in geringerem Maße über die Nahrung auf. Noch fehlen sichere Daten Während der Menstruation, rund um die Menopause und danach ist Kreatin als Nahrungsergänzungsmittel eine interessante Option. Einige Studien sehen es positiv bei Schwangerschaft und Stillzeit. Belastbare Daten zur Sicherheit in Schwangerschaft und Stillzeit fehlen jedoch bislang. Die Sicherheit dieser Angaben muss noch abschließend bestätigt werden. Vor der Menopause ist Kreatin wirksam, um Kraft und Trainingsleistung zu verbessern. In der Peri- und Postmenopause zeigt sich in Verbindung mit Krafttraining eine positive Auswirkung auf Größe und Funktion der Muskulatur und auch auf die Knochen. Bei älteren Menschen beugt gute Kreatinversorgung dem Muskelabbau vor: Sie können sich besser bewegen, haben mehr Balance und können auch kognitiv besser alle Abläufe planen. Das heißt nicht, dass man nach einer zusätzlichen Portion Kreatin die Hände in den Schoß legen sollte: Seine Wirkung wird nämlich durch Muskeltraining und andere Bewegungsformen wie Gehen oder Power-Gardening gesteigert. Auch Vegetarier – sie haben reduzierte Kreatinspeicher – können von einer Nahrungsergänzung profitieren. Hier wird es normalerweise in Dosierungen von 3 bis 5 Gramm täglich verabreicht. Bei neurodegenerativen Erkrankungen liegen die Kreatindosierungen höher als im Breitensport oder zur allgemeinen Prophylaxe; hier kann der Arzt bis zu 10 Gramm empfehlen. Bei Fitnesstraining den Arzt informieren Beim Sport nimmt man es eine Stunde vor der Belastung oder unmittelbar danach ein. Die Einnahme von Kreatin mit Kohlenhydraten fördert die Speicherung im Muskel, weil Insulin die Aufnahme unterstützt. Salz kann helfen, Flüssigkeit im Muskel zu binden, was die Hydration verbessert. Gleichzeitig muss jedoch ausreichend Wasser getrunken werden, da Kreatin Wasser im Muskel bindet und man sonst leichter austrocknet. Wegen des Plus an Muskelwasser kann man mitunter ein Kilo mehr auf die Waage bringen, was somit aber eher ein Grund zur Freude ist. Bei einer Blutabnahme durch den Hausarzt sollten Sie ihm mitteilen, dass und in welcher Menge Sie Kreatin einnehmen. Im Blut wird Kreatinin nämlich gemessen, um die Nierenausscheidungsfunktion zu überprüfen. Dieser Wert kann erhöht ausfallen: Wenn Sie mit einer Supplementierung oder Ihren Exzessen beim Fitnesstraining hinter dem Berg halten, könnte der Arzt fälschlicherweise auf eine Nierenschwäche tippen. Kein Beweis beim Menschen Energielieferant rund ums Fitnesstraining ist auch ein Drink, der, glaubt man der Werbung, Flügel verleiht. Der enthält Taurin und Koffein, Zucker oder Süßstoff. Taurus ist das lateinische Wort für Stier, weil Taurin erstmals in der Rindergalle entdeckt wurde. In taurinhaltigen Getränken finden sich Mengen von 1.000 mg Taurin pro Dose. Es ist allerdings keine Aminosäure, sondern eine Aminosulfonsäure, ein Abbauprodukt der Aminosäure Cystein. Im Fettstoffwechsel ist es als Bestandteil der Gallensäuren dabei. Diskutiert wird noch, ob es auch relevanter Botenstoffhelfer im Gehirn sein könnte. Tatsächlich beeinflusst Taurin unter anderem das Nervensystem und die Signalübertragung an Rezeptoren. Unbestritten jedoch ist Taurin ein interessanter Stoff, der naturgemäß in Fleisch und Fisch steckt und es auf die Liste der beliebtesten Sport- und Longevity-Supplemente geschafft hat – mit 500 bis 2.000 mg pro Dosis. Mit Taurin behandelte Labormäuse genossen eine Lebensverlängerung um 10 bis 12 Prozent – bei gesteigerter Aktivität. Auch Rhesusaffen sprachen gut darauf an. Beim Menschen gibt es bisher keine Beweise für eine Lebensverlängerung durch Taurin als Nahrungsergänzungsmittel, nur dass gesündere Menschen häufiger höhere Spiegel haben. Vorsicht vor der Zuckerfalle Bei Menschen ab 60 Jahren werden höhere Taurinspiegel mit seltenerem Auftreten von Diabetes, weniger Übergewicht, normalem Blutdruck und weniger Entzündungen in Verbindung gebracht. Studien legen nahe, dass auch die Herzgesundheit, unsere Gehirnfunktionen und das Immunsystem profitieren. Die krebshemmende Wirkung wird weiter erforscht. Allerdings tappt man beim exzessiven Genuss des flügelverleihenden Drinks schnell mal in eine Zucker- oder mittlerweile auch Süßstofffalle. Sport dagegen kann den Taurinspiegel nebenwirkungsfrei erhöhen. Entscheiden Sie, was gut für Sie ist, und kommen Sie gesund durch die Zeit!
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