Lebenserwartung: Deutsche leben länger, aber verbringen mehr Jahre krank

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Die Lebenserwartung in Deutschland ist sehr hoch. Doch wie viele Jahre davon sind wirklich gute Jahre? Eine neue Studie offenbart die Lücke zwischen Lebenszeit und Lebensqualität. Weltweit werden die Menschen immer älter. Doch sie verbringen zunehmend mehr Jahre ihres Lebens mit Krankheiten oder gesundheitlichen Einschränkungen. Das zeigt eine neue Studie von Forschern der Mayo Clinic in den USA . Die Studie liefert erstmals eine umfassende Analyse der sogenannten "Healthspan-Lifespan Gap", also der Lücke zwischen der Lebenserwartung und der Zahl der Jahre, die Menschen tatsächlich gesund verbringen. Die Ergebnisse zeigen: Diese Lücke ist überall auf der Welt vorhanden, aber sie fällt je nach Region sehr unterschiedlich aus. Das wurde untersucht Die Forscher werteten Daten aus 183 Ländern aus, aufgeteilt in sechs Weltregionen der Weltgesundheitsorganisation WHO . Dabei verglichen sie die durchschnittliche Lebenserwartung mit der gesund verbrachten Lebenszeit, also den Jahren, die Menschen ohne chronische Erkrankungen oder dauerhafte Einschränkungen leben. Länger leben um jeden Preis? Studie zeigt Schattenseiten des Alterns. Das Ergebnis: Im weltweiten Durchschnitt liegt diese Lücke inzwischen bei 9,1 Jahren. Am größten ist sie mit 12,4 Jahren in den USA, am kleinsten mit 6,5 Jahren in Lesotho. Europa liegt mit durchschnittlich 9,9 Jahren im oberen Bereich. Der Stand in Deutschland Auch für Deutschland zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen Lebensdauer und Lebensqualität: Die Lebenserwartung liegt aktuell bei etwa 83 Jahren für Frauen und 78 Jahren für Männer. Die gesunde Lebenserwartung beträgt hingegen 67,3 Jahre bei Frauen und 65,3 Jahre bei Männern. Frauen verbringen im Schnitt rund 16 Jahre, Männer etwa 13 Jahre mit gesundheitlichen Einschränkungen oder chronischen Erkrankungen. Zwar steigt die Lebenserwartung weiter an, doch die Zahl der gesunden Lebensjahre wächst deutlich langsamer oder stagniert. Vor allem die zusätzlich gewonnenen Jahre im höheren Alter – also ab etwa 65 – sind häufig von chronischen Erkrankungen geprägt. Dadurch vergrößert sich die Lücke zwischen Lebenszeit und Lebensqualität gerade im letzten Lebensabschnitt. Denn die zusätzlich gewonnenen Lebensjahre sind häufig geprägt von chronischen Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Leiden, Diabetes oder Arthrose . Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland damit leicht besser ab als der europäische Durchschnitt, gehört aber nicht zu den Spitzenreitern. Länder wie Schweden , Spanien oder Malta erreichen sogar über 70 gesunde Lebensjahre. Dieser Erdteil ist besonders betroffen Weltweit zeigte sich: Afrika hat die kürzeste Lebenserwartung (64 Jahre) und die geringste Zahl gesunder Lebensjahre (55,6 Jahre). Die Lücke beträgt also etwa acht Jahre mit Krankheit oder Einschränkungen. Das klingt zuerst besser als in Europa, wo die Lücke rund zehn Jahre beträgt. Aber: Weil das Leben in Afrika insgesamt viel kürzer ist, machen diese acht kranken Jahre einen größeren Teil des Lebens aus. Die Forscher erklären das mit einem sogenannten "doppelten Krankheitsdruck": Infektionskrankheiten wie Malaria oder Tuberkulose bestehen weiter, während gleichzeitig nicht übertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Leiden, Diabetes oder Krebs stark zunehmen. Diese Faktoren spielen eine Rolle Laut den Studienautoren hängen die Unterschiede vor allem mit drei Faktoren zusammen: Lebenserwartung: In Ländern mit höherem Durchschnittsalter nimmt die Zeit mit chronischen Krankheiten oft zu. Wirtschaftliche Lage (Bruttoinlandsprodukt): Je nach Ressourcenlage können Gesundheitsmaßnahmen unterschiedlich gut umgesetzt werden. Krankheitslast durch chronische Leiden: Diese spielen fast überall eine immer größere Rolle und sind Haupttreiber der Lücke. Dazu zählen u. a. Krebserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Muskel- und Skeletterkrankungen sowie psychische Erkrankungen. So gingen die Forscher vor Spannend ist auch, wie die Forscher zu ihren Ergebnissen kamen: Mithilfe von Künstlicher Intelligenz ordneten sie Länder in drei Gruppen ein – je nachdem, welche Krankheiten dort am meisten zur Gesundheitsbelastung beitragen. Einige Beispiele: In Ländern wie Südafrika oder Bangladesch dominieren nach wie vor Infektionskrankheiten und Mangelernährung. In Ländern wie Mexiko oder Rumänien stehen Krankheiten wie Diabetes, Hörstörungen oder Nierenerkrankungen im Vordergrund. Und in wohlhabenderen Staaten wie Deutschland oder Frankreich sind es vor allem Krebs, Herzkrankheiten und neurologische Leiden, die das Leben einschränken. Der Blick in die Zukunft Die Forschenden blicken auch in die Zukunft – mit einem klaren Befund: Bis zum Jahr 2100 wird sich die Lücke zwischen Lebenserwartung und Gesundheit weiter vergrößern. Schon heute liegt sie in Europa bei rund zehn Jahren. Im Jahr 2100 dürfte sie im Schnitt auf etwa 11,7 Jahre steigen, in den USA sogar auf fast 19 Jahre. Die Zahl der Jahre, die Menschen mit einer Krankheit verbringen, wird also weiter zunehmen, wenn nicht gezielt gegengesteuert wird.
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