Mercedes: Nach Gewinneinbruch droht die nächste Krise

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70 Prozent weniger Gewinn im dritten Quartal für Mercedes – und kurzfristig scheint keine Besserung in Sicht. Denn eine neue Krise zieht auf. Die Aktionäre von Mercedes sind in letzter Zeit nicht gerade verwöhnt: Seit Jahresbeginn ist ein Investment in die Aktie ein Nullsummenspiel. Strategische Fehler in China , Zölle sowie die Konjunktur haben ihre Spuren hinterlassen. Ein neuer Aktienrückkauf soll den Kurs und die Stimmung retten. Die Zahlen tun es nicht. Im dritten Quartal brach erneut der Gewinn ein . Operativ gingen 70 Prozent verloren. Der Umsatz sank um 7 Prozent auf 32,1 Milliarden Euro. Ob China, USA , Europa – in allen drei wichtigen Regionen läuft es holprig, vor allem in China und den USA verkaufte Mercedes im dritten Jahresviertel weniger Autos. Die Ursachen sind zum Teil hausgemacht. In China sind die Elektromodelle nach wie vor kaum gefragt. Dort konkurrieren die deutschen Hersteller inzwischen mit mehr als 100 heimischen Anbietern. Gerade Mercedes hatte unterschätzt, wie attraktiv die Konkurrenz dort inzwischen ist: beim Preisschild, bei der Qualität, bei der Technik. Und wie schnell der Hochlauf der Elektroautoproduktion dort gelang. Doch Mercedes will keine hohen Rabatte für seine hochwertigen Modelle geben, um die Nachfrage anzukurbeln. Stattdessen soll es in den nächsten Jahren 40 neue Modelle geben – darauf ruhen die Hoffnungen der Stuttgarter. Zölle belasten US-Geschäft In den USA schlagen Zölle zu Buche, obwohl Mercedes viele Autos für den US-Markt auch dort fertigt und somit Importzölle nur einen Teil der Produktpalette treffen – etwa Modelle der S-Klasse. Zunächst waren 27,5 Prozent Zölle auf Importe fällig. Seit dem 1. August sind es noch 15 Prozent . Auch das ist noch ein schmerzlicher Einschnitt. Der zweitwichtigste Absatzmarkt USA ist damit zum zweiten Problem geworden. Durch die Schwierigkeiten in den beiden Absatzmärkten ist Europa für die Stuttgarter wichtiger denn je. Doch Europas Autofahrer tun sich mit Elektroautos schwer. Und wenn sie eins kaufen, dann ein günstiges. Die Konjunktur und die Sorge um den Arbeitsplatz – in der Industrie gehen jeden Monat 10.000 Stellen in Deutschland verloren – lassen potenzielle Käufer zögern. Dazu kommen für Mercedes hohe Einmalkosten: Derzeit bietet der Autobauer hohe Abfindungen für freiwillig ausscheidende Beschäftigte an, um künftig Personalkosten einzusparen. Doch zunächst belastet dieser Sondereffekt das Ergebnis. Und so stand im dritten Quartal operativ ein Gewinneinbruch in der Bilanz. China limitiert Seltene Erden: Ein neuer Schlag für die Autoindustrie (Börsenkolumne) Mercedes-Krise: Warum die Aktie dennoch steigt Aktienrückkauf-Pläne verfangen an der Börse Die Zahlen waren an der Börse schnell abgeschüttelt. Hier zählte, dass das zuvor angekündigte Aktienrückkaufprogramm nun startet. Binnen zwölf Monaten will Mercedes Aktien im Wert bis zu zwei Milliarden Euro zurückkaufen. Ein Mittel, zu dem viele Unternehmen derzeit greifen. Wenn es operativ nicht so läuft, verknappen Unternehmen durch Aufkäufe das Aktien-Angebot am Markt, sodass die Aktie wieder anspringt. Damit steigt der Kurs. Gut für die Aktionäre. Schwierig für das Unternehmen. Aktionäre am Erfolg einer Unternehmung teilhaben zu lassen, ist gut und richtig – keine Frage. Doch wenn der Erfolg gerade ausbleibt, könnte man das Geld auch investieren, statt es zu verteilen. Hatte Mercedes zuletzt voll auf eine Luxusstrategie gesetzt, gibt es hier eine lockerere Haltung: Auch künftig soll es nämlich Kleinwagen geben. Auch wenn die nicht so lukrativ sind: Die Einstiegsmodelle der A-Klasse, die eigentlich ab dem kommenden Jahr nicht mehr gebaut werden sollten, laufen doch noch bis 2028 vom Band. Und auch dann soll es mit einem günstigen Einsteiger weitergehen. Klare Ansage. Ministeriumspläne: Das soll sich für E-Auto-Fahrer bald ändern E-Autos Mittelklasse: Die spannendsten Modelle im Schnellcheck Ein neues Problem: Es fehlt an Chips Ein Problem aber eint die meisten Wettbewerber aktuell: Es fehlen Chips. Mal wieder. Im Zuge des Handelskonflikts mit den USA hat China den Export von Halbleiter-Chips der Firma Nexperia gestoppt . Die sind aber zu Hunderten in Autos verbaut. Mehr als 80 Prozent der Hersteller sollen auf diese Chips setzen. Der chinesische Hersteller Wingtech Technology hatte 2019 die Mehrheit an dem niederländischen Unternehmen übernommen. Chinas Machtdemonstration kann nun aber dazu führen, dass bei vielen Unternehmen demnächst die Bänder stillstehen – auch in der Autobranche – und Deutschland allein durch diese Chip-Krise in die Rezession gleitet. Immerhin hat Mercedes nach eigenen Angaben noch Vorräte. Denn zur Pandemie waren Chips ebenfalls ein knappes Gut, und die Erinnerung daran ist noch nicht verblasst. Nun können auch Hersteller wie Infineon diese Ware bauen – aber das dauert. Doch offenbar haben viele Unternehmen nach der Pandemie nicht gelernt, auf verschiedene Lieferanten und Hersteller zu setzen und so Abhängigkeiten zu senken. Und so werden Chips oder auch Rohstoffe wie Seltene Erden zu politischen Waffen zum Schaden europäischer und US-amerikanischer Unternehmen. Bei Chips lassen sich immerhin absehbar verschiedene Zulieferer ausfindig machen und Lagerbestände erhöhen. Bei Seltenen Erden, die zu 70 Prozent aus China kommen und zu 90 Prozent dort verarbeitet werden, weil kein anderes Land der Welt entsprechend große und professionelle Anlagen hat, ist das nicht der Fall. Und so kommt die Autobranche nicht zur Ruhe – und nicht aus der Krise.
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