Lange galt: In der Lebensmitte ist der Mensch am unglücklichsten. Doch die klassische Midlife-Crisis gibt es so nicht mehr. Das sagen neue Forschungen. Jahrzehntelang galt: In der Lebensmitte ist die Psyche am stärksten belastet. Das Leben verlief sozusagen in U-Form: Am Anfang und am Ende ist der Mensch am glücklichsten. Doch dieses Muster hat sich nun weltweit verschoben – mit alarmierenden Folgen. Midlife-Crisis – also die Krise in der Mitte des Lebens – ist fast ein Klischee. Männer fahren plötzlich Motorrad oder suchen nach jüngeren Frauen. Frauen färben ihre Haare oder lassen ihr Gesicht operieren. Ein Anzeichen dafür, dass Menschen in dieser Phase offenbar besonders unglücklich sind. Danach, hieß es, wird es besser. Es galt: Das Lebensglück verläuft in einer U-Kurve – mit einem Tiefpunkt zwischen 45 und 50 Jahren. Es ist nicht mehr die Jugend: In diesem Lebensalter sind die Menschen am glücklichsten. Doch diese These gerät jetzt ins Wanken. Eine neue Studie zeigt: Die psychische Belastung nimmt nicht mehr in der Lebensmitte zu, sondern ist bei jungen Menschen am höchsten – und nimmt mit dem Alter ab. Krise weit früher Untersucht wurden über 12 Millionen Menschen aus 44 Ländern, darunter auch Deutschland, die USA und Großbritannien . Das Ergebnis: Junge Erwachsene unter 25 Jahren leiden heute deutlich häufiger unter Depressionen, Angst, Hoffnungslosigkeit oder sogar Suizidgedanken als frühere Generationen. Auch in Deutschland fällt das Ergebnis so aus. Allein in den USA hat sich der Anteil junger Menschen, die über 30 Tage im Monat psychisch stark belastet sind, seit den 1990er-Jahren fast verdreifacht. Auch in Großbritannien stieg der Anteil junger Frauen in psychischem "Despair" (Verzweiflung) von 4,4 auf 12,7 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich weltweit – von Kanada bis Südafrika , von Frankreich bis Indien , sowie in Deutschland. Psychisches Tief: Früher Mitte 50 – heute mit Anfang 20 Die klassische "Hügelkurve" der psychischen Belastung ist damit verschwunden. Während Menschen früher in der Lebensmitte (etwa mit 50 Jahren) am meisten mit sich und der Welt haderten, ist es heute umgekehrt: Die älteren Generationen zeigen die stabilsten psychischen Werte – die jüngeren dagegen befinden sich oft im Dauerstress. Die Erklärung der Forscher Die Forscher nennen eine ganze Reihe möglicher Ursachen: Zukunftssorgen und wirtschaftlicher Druck : Junge Menschen starten in eine Welt voller Unsicherheiten – hohe Wohnkosten, Klimakrise, instabile Arbeitsmärkte. Die Folgen sind Stress, Angst und Erschöpfung. Psychische Probleme beginnen früher : Schon bei Jugendlichen zwischen 10 und 16 Jahren steigen die Anzeichen von Depressionen und Angst, lange bevor sie ins Berufsleben starten. Mangelhafte Versorgung : Gerade für junge Menschen fehlen in vielen Ländern ausreichende Angebote im Bereich der psychischen Gesundheit. Soziale Medien und Smartphones : Der zunehmende Vergleich mit anderen und die Dauerverfügbarkeit von (oft verzerrten) Informationen belasten das Selbstwertgefühl, insbesondere bei jungen Frauen. Weitreichende Folgen Die Autoren der Studie sehen in den Ergebnissen eine stille Krise: Wenn bereits Jugendliche und junge Erwachsene in einem Zustand tiefer Unzufriedenheit leben, hat das Folgen – für Bildung, Beruf, Familienplanung und gesellschaftliches Engagement. "Die psychische Gesundheit der jungen Generation hat sich über die letzten zehn Jahre relativ und absolut verschlechtert", heißt es in der Studie. Diese Entwicklung zeige sich "weltweit und unabhängig von Kultur oder Einkommen."