Parkinson: Frühe Anzeichen erkennen und rechtzeitig handeln

latest news headlines 1 woche vor
Flipboard
Ungefähr 400.000 Menschen in Deutschland leiden an Parkinson. Oft bleibt die neurodegenerative Erkrankung viele Jahre unbemerkt. Dabei gibt es Hinweise, die eine frühzeitige Behandlung möglich machen. Zittern, steife Muskeln, verlangsamte Bewegungen – ungefähr 400.000 Menschen sind in Deutschland von Morbus Parkinson betroffen. Das Hinterhältige an dieser Erkrankung: Bevor sie sich mit ersten Symptomen meldet, kann sie schon viele Jahre in uns angelegt sein. Es ist eine neurodegenerative Erkrankung. Neurodegenerativ weist darauf hin, dass dabei Nervenzellen zugrunde gehen. Ob die Degeneration der Nervenzellen eine Entzündung im Körper auslöst, oder aber die Entzündung Ursache des Absterbens der Zellen ist, darüber ist sich die Wissenschaft derzeit noch nicht einig. Risikofaktor Nummer Eins ist – schlicht gesagt – das Alter: In der Mehrheit der Fälle treten erste Symptome zwischen dem 60. und dem 65. Lebensjahr auf. Doch auch wer älter ist, ist davor nicht gefeit. Wahrscheinlich wird unsere im Laufe der Jahrzehnte anwachsende Lebenserwartung auch dazu führen, dass Parkinsonerkrankungen in der Zukunft eher noch zunehmen werden. Auch wenn die Medizin auf Hochtouren daran arbeitet, dieses schwere Leiden zu heilen: Schon in der Mitte unseres Jahrhunderts werden Parkinson und Alzheimer absehbar Todesursache Nummer Eins sein und die gegenwärtig führenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf den zweiten Rang verweisen. Zellen ersticken an Dopamin Ursache der Krankheit ist nach dem derzeitigen Wissensstand ein Eiweißdefekt: Der Botenstoff Dopamin hat in den Funktionsabläufen unseres Gehirns vielfältige Aufgaben. In den Nervenzellen, die das Hormon Dopamin als Botenstoff produzieren, zumeist in der Substantia nigra, der Mittelhirnregion, verklumpt das Eiweiß Alpha-Synuclein. Die Folge: Die Bläschen, die das Dopamin transportieren, können nicht mehr aus der Zelle ausgeschleust werden. Die Zelle erstickt quasi am Dopamin und gibt anderen Nervenzellen folglich nicht mehr genügend Dopamin für den Nerven-Zellstoffwechsel frei. Wie bei einem Flächenbrand wird die Neigung zur Verklumpung des Alpha-Synucleins über die Nachbarzellen weitergegeben – mit dem Voranschreiten der Erkrankung werden also auch andere Hirnregionen in Mitleidenschaft gezogen, wie das für unser Gedächtnis zuständige Areal. Der Gang ist verräterisch Erste Anzeichen beim Patienten sind motorische Einschränkungen. Aus den verlangsamten Bewegungen erwachsen mitunter richtige Bewegungsblockaden, zuallererst Gangstörungen; der Betroffene bewegt sich nur noch in gebeugter Haltung vorwärts, in zaghaft wirkenden kleineren Schritten, wobei die Arme weniger mitschwingen als bei gesunden Menschen. Auch aus den Muskeln im Nacken und in den Schultern wird jetzt häufig Schmerz verspürt, oft zunächst nur auf einer Seite. Versucht man dann den Arm eines Erkrankten zu strecken, geht dies nur in kleinen Rucken, als wäre sein Ende mit einem Zahnrad verbunden. In Ruhe zittern die Hände, nicht bei Bewegung oder im Schlaf. Manchmal bewegen sich die Finger wie beim Münzenzählen, früher redete man diesbezüglich auch vom Pillendrehertremor. Insgesamt ist die Körperbalance gestört, es besteht Sturzneigung. Auch das Gesicht spiegelt die Erkrankung wider: Es beginnt fettig zu glänzen („Salbengesicht“), die Mimik ist eingeschränkt. Schlafstörungen , Depression, Demenz , weitere Störungen der Körperfunktionen treten hinzu. In Nervenzellen finden sich Vorboten Der Darm spielt bei Morbus Parkinson eine wichtige Rolle: Untersuchungen bei betroffenen Patienten haben gezeigt, dass sich bereits Jahre vor den akuten Störungen diffuse Symptome wie Rücken- und Schulterschmerzen, Störungen des Geruchsempfindens oder Kreislaufstörungen einstellen können. In den Nervenzellen von Darm und Haut findet man noch andere Vorboten einer Parkinson-Erkrankung, wie etwa Ablagerungen von Alpha-Synuclein im Magen-Darm-Trakt und in der Haut. Das kleine lösliche Protein kann vom Gehirn über den Nervus vagus, den Hauptnerv des Parasympathikus, der die Tätigkeit vieler Organe reguliert, in den Magen-Darm-Trakt und die Haut reisen. Und es gibt die Theorie, dass der Weg auch umgekehrt laufen könnte, also über den Darm ins Gehirn: Nicht abbaubares Alpha-Synuclein bewirkt den Rückgang der Dopaminproduktion in den zuständigen Hirnzellen und breitet sich weiter auf Nachbarregionen aus. Die Ablagerungen sind mikroskopisch sichtbar und werden (nach dem Neurologen Frederic H. Lewy) "Lewy-Körperchen" genannt. Die Nervenzellen sterben dadurch ab. Beschwerden lassen sich reduzieren Bei vielen Parkinson-Patienten finden sich auch Veränderungen im Darmmikrobiom. Die Darmbakterien setzen andere Stoffwechselprodukte frei, als das bei Gesunden der Fall wäre. Sie können schon zwanzig Jahre vor Ausbruch der Krankheit Symptome wie Verstopfung bewirken. Studien haben zudem ergeben, dass Darmbarriere und Immunfunktion des Darmmikrobioms gestört waren. Das Mikrobiom könnte also ein früher Parkinson-Marker sein, die Erkenntnisse könnten eines Tages vielleicht auch therapeutisch genutzt werden. Die Vorbeugung dieser Erkrankung ist wegen genetischer und anderer noch unbekannter Ursachen schwierig. Rechtzeitig entdeckt und behandelt, lassen sich Beschwerden reduzieren und das Leben der Betroffenen verlängern. Mittels kleiner Hautbiopsie konnten Forscher innerhalb der in der Haut liegenden freien Nervenendigungen Alpha-Synuclein frühzeitig entdecken. Auch das ist ein Frühmarker. Der Verlust an Nervenfasern in der Haut stört die Funktion von Drüsen und Blutgefäßen und die Hautabwehr. Betroffene haben daher eine fettige Haut, schwitzen zu viel oder zu wenig, haben trockene Schleimhäute, gerötete Haut und neigen zu Hautentzündungen und Wundheilungsstörungen. Forscher arbeiten mit Hochdruck Auch Schlafstörungen mit aggressiven Träumen und auffälligen Bewegungen beim Traumschlaf können ein Frühsymptom sein. Parkinson ist derzeit noch nicht heilbar. Neurologen behandeln mit Dopamin-Vorstufen, Dopamin-Entsprechern und anderen Medikamenten. Damit kann man Symptome der Erkrankung stadiengerecht gut behandeln, auch wenn sie weiter fortschreitet. Die Forschung versucht, die abgestorbenen Nervenzellen mittels Stammzelltherapie zu ersetzen. Bisher ist das aber noch Zukunftsmusik. Weitere Medikamente, die das kaputte Eiweiß eliminieren sollen, etwa mit Antikörpern, sind in der Entwicklung, ihre Wirksamkeit aber ist bislang nicht hinreichend belegt. Neurochirurgen können mit Hirnschrittmachern helfen. Bei bestehender Diagnose sollten alle Gehirn- und Körperfunktionen trainiert werden: Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie; auch Psychotherapie und der Anschluss an Selbsthilfegruppen ist ratsam. Bleiben Sie wachsam und kommen Sie gesund durch die Zeit!
Aus der Quelle lesen