Sumup: Wie Gründer Christ dem Bargeld Konkurrenz macht

latest news headlines 7 std vor
Flipboard
Mit seiner ersten Start-up ist Gründer Marc-Alexander Christ gescheitert. Sein neues Unternehmen Sumup jedoch ist milliardenschwer. Wie er das angestellt hat. Wenn Marc-Alexander Christ in einem Café bezahlt, verlässt seine Partnerin oftmals sicherheitshalber den Raum. Denn das Bezahlen kann sich bei ihm schnell zu einem Verkaufsgespräch entwickeln. Nämlich dann, wenn er in dem Café noch nicht über Sumup bezahlen kann – dem Kartenlesegerät, das er und seine Mitgründer für Verkäufer entwickelt haben, die vergleichsweise wenig Umsatz machen, etwa Cafés und Stände auf dem Wochenmarkt. Eigentlich müsste Christ diese Gespräche längst nicht mehr führen, denn Sumup hat Berichten zufolge bereits 2023 mehr als eine Milliarde Euro Umsatz erzielt und nach eigenen Angaben 2024 weltweit mehr als eine Milliarde Transaktionen abgewickelt. Jede Sekunde müssten dafür mehr als 30 Menschen über ein Sumup-Gerät bezahlt haben. Vier Millionen Händler haben sich Sumup bereits angeschlossen. Das Unternehmen gibt an, international etwa 3000 Mitarbeiter zu beschäftigen, 500 davon in Deutschland. Doch Christ macht weiter mit seiner Verkaufsstrategie "vor Ort", die er seit der Sumup-Gründung 2012 so verfolgt. Er will direkt erfahren, wie sein Produkt bei potenziellen Kunden ankommt. Dass ein Start-up nämlich nur mit genügend zahlungsbereiten Kunden überleben und erfolgreich sein kann, musste Christ bei seiner ersten Gründung schmerzlich erfahren. Erstes Start-up Miosanto krachend gescheitert Schon 2010, Christ war damals 31 Jahre alt, hatte er sein erstes Start-up zusammen mit Max Laemmle gegründet. Christ hatte gerade seinen Posten als Vertriebsleiter des Schnäppchenportals Groupon aufgegeben, um zu gründen. Mit Miosato wollten sie eine Verkaufsplattform für aufstrebende Modelabels schaffen. Doch nicht mal ein halbes Jahr nachdem das noch junge Unternehmen seine Webseite an den Start gebracht hatte, mussten die Gründer die Plattform schon wieder einstellen. Das ist für Start-ups nicht ungewöhnlich. Das Institut für Mittelstandsforschung untersuchte, wie lange Unternehmen, die 2017 an den Markt gingen, tatsächlich überleben konnten. Ein Viertel der Firmen scheiterte bereits im ersten Jahr. Nicht einmal die Hälfte konnte sich fünf Jahre über Wasser halten. Wie blickt der erfolgreiche Unternehmer heute auf seine Anfänge als Gründer? "Erstmal, glaube ich, hatten wir nicht wirklich eine Ahnung von dem, was wir da gemacht haben", sagt Christ im Gespräch mit t-online. Mode sei ein schwieriger Bereich – und noch schwieriger sei es, wenn man teure Mode von unbekannten Designern verkaufen wolle. Das Start-up hatte finanzielle Unterstützung durch einen Risikokapitalgeber erhalten. Schnell hätten sie jedoch gemerkt, dass sie zu wenig verkaufen. Irgendwann sei ihnen dann das Geld ausgegangen. In einer weiteren Finanzierungsrunde hätten sie neues Kapital einsammeln können. "Das haben wir dann nicht gemacht, weil unsere Performance so unterirdisch war, dass klar war, dass niemand investieren würde", so Christ heute. Erfolgsgeschichte Schoeller: Ihre Rohre landen in Chinas Reaktoren Start-ups mit Milliardenbewertung: Zahl der "deutschen Einhörner" verdoppelt "Auf das Wesentliche konzentrieren" Mit dem Scheitern habe er aber gut umgehen können. Der Misserfolg sei dem Produkt geschuldet gewesen. Der Unternehmer wirkt abgeklärt, wenn er von seinem Misserfolg spricht, scherzt sogar. "Ich glaube, sowas sollte man nicht auf sich selbst projizieren", sagt er. "Also natürlich lag das an mir, ich habe das Produkt ja gebaut, aber damit habe ich jetzt keine großen Schwierigkeiten." Außerdem sei das Ende relativ frühzeitig abzusehen gewesen. In Deutschland haben Gründer eher Angst, gebrandmarkt zu werden, wenn sie mit einem Unternehmen scheitern. In den USA gehört das Scheitern und Wiederaufstehen dagegen zur Kultur. Berlin sei da vielleicht schon näher an den USA als der Rest Deutschlands, meint Christ. "Diese Fehlerkultur hat sich hier schon ganz gut etabliert." Sein Umfeld in Berlin habe ihn unterstützt, auch als er mit Sumup den zweiten Anlauf zur Unternehmensgründung wagte. Zwei Monate nachdem Christ Miosato zugemacht hatten, lernte er Daniel Klein kennen – mit dem er später Sumup gründete. Der hatte schon eine Idee im Kopf: ein möglichst simples Kartenlesegerät für jedermann. Von der Idee konnte er noch drei weitere junge Männer überzeugen, sodass sie schließlich 2012 zu fünft gründeten; inzwischen ist am laufenden Geschäft nur noch Christ beteiligt. Aus seinem ersten Fehlversuch hatte er einiges gelernt: "Man muss sich auf die wesentlichen Sachen konzentrieren und die richtig gut machen", sagt er. Sumup brauchte nicht nur eine Webseite wie Miosato damals, sondern vor allem ein funktionierendes physisches Produkt, das die fünf Gründer neu entwickeln mussten. Kleine Händler können das kleinste Lesegerät bereits für 34 Euro relativ günstig kaufen und zahlen dann 1,4 Prozent von jeder Transaktion an Sumup. Mittlerweile bietet Sumup auch eine Software an, mit der Verkäufer ein Handy als Kartenlesegerät verwenden können. Frag t-online: Was darf ich mit meinem Bargeld tun – und was nicht? Lesen Sie auch: So viel Bargeld sollten Sie als Notgroschen zu Hause haben Gutes Produkt, guter Vertrieb Sumup verlangt keine monatliche Nutzergebühr und ist damit günstiger als Konkurrenten wie Zettle oder Qonto. Das macht sie besonders interessant für Händler, die nur wenig verkaufen oder zum Beispiel mit einem Stand nur unregelmäßig auf Märkten vertreten sind. Wer das Gerät häufig nutzt, kann für 19 Euro im Monat die Transaktionsgebühr auf etwa 0,8 Prozent fast halbieren. Neben einem guten Produkt seien auch motivierte Vertriebler ein Erfolgsfaktor für Sumup, meint Christ. Ohne Menschen, die für das Produkt brennen, sei es schwierig. Das Unternehmen setzte in der Vergangenheit auch immer wieder auf Übernahmen anderer Unternehmen. Für mehr als 300 Millionen Euro übernahm Sumup beispielsweise 2021 den US-Marketingexperten Fivestars, unter anderem um die eigene Position in den USA zu stärken. Investoren glauben an Sumup: 2021 hatte die Firma etwa 750 Millionen Euro von Investoren eingesammelt, 2022 mehr als 500 Millionen Euro. Die Firmenbewertung soll damals bei rund acht Milliarden Euro gelegen haben. In einer weiteren Finanzierungsrunde 2023 kamen erneut etwa 300 Millionen zusammen. Damit will Sumup weiter expandieren und seinen Umsatz steigern. Den mache das Start-up aber nicht primär in Deutschland, sondern zum Großteil im Ausland, sagt Christ. Sumup bietet seine Dienstleistungen mittlerweile in mehr als 30 Ländern an – wie viel die Firma in einzelnen Märkten erlöst, will Christ nicht sagen. Deutsche lieben Barzahlungen Der deutsche Markt sei nicht der einfachste Markt für ein Produkt, das sich um Kartenzahlung dreht, erklärt der Gründer. Deutschland ist schließlich immer noch als Land der Barzahler bekannt. Bei einer Umfrage im Auftrag des Vergleichsportals Verivox aus dem August gab nur etwa die Hälfte der Befragten an, beim Einkaufen am liebsten mit Karte zu zahlen . In Skandinavien sieht das ganz anders aus. Hier zahlen die Menschen mittlerweile fast ausschließlich per Karte oder sogar mit dem Smartphone. "Britische Unternehmen müssen wir nicht generell von der Kartenzahlung überzeugen, sondern nur von unserem Produkt", erklärt Christ. In Deutschland hingegen müsse man manche erst dafür gewinnen, überhaupt Kartenzahlung anzubieten. Da könnte Sumup bald jedoch von der deutschen Gesetzgebung profitieren. Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien vereinbart, dass es künftig möglich sein muss, überall mit Karte zu zahlen . Mit einem großen Schub dadurch rechnet Christ allerdings nicht – weiterhelfen könne es dennoch. Sumup wolle als nächstes weitere Märkte erobern – und natürlich weitere Händler für sich gewinnen. Wenn Marc-Alexander Christ also morgen in ein Café geht, könnte dort schon der nächste potenzielle Kunde auf ihn warten.
Aus der Quelle lesen