Der frühere Nationalspieler Thomas Müller wird seine Karriere bei den Vancouver Whitecaps fortsetzen. Ein deutscher Ex-Spieler des Klubs erklärt, was ihn dort erwartet und was er dort bewirken kann. Jetzt steht es fest: Nach 25 Jahren beim FC Bayern wechselt Thomas Müller zu den Vancouver Whitecaps in die nordamerikanische Major League Soccer (MLS) . Der langjährige Torjäger der Münchner und der kanadische Klub gaben den Transfer am Mittwochabend offiziell bekannt. Doch was erwartet die Vereinslegende der Münchner an der Westküste Kanadas? Einer, der es genau wissen muss, ist Florian Jungwirth. Der 36-Jährige (144 Einsätze in 1. und 2. Bundesliga für Darmstadt 98 , den VfL Bochum , Dynamo Dresden und 1860 München) spielte ab 2021 zwei Saisons für die Whitecaps, arbeitete nach dem Karriereende im Januar 2023 noch bis Juni vergangenen Jahres als Co- und Jugendtrainer im Klub. Im Interview mit t-online spricht der heutige U17-Coach des VfL Bochum über die Bedeutung von Müllers Wechsel nach Kanada – und gibt dem Weltmeister von 2014 einen Tipp. t-online: Florian Jungwirth, was erwartet Thomas Müller bei den Vancouver Whitecaps? Florian Jungwirth: Der Klub ist sehr gut aufgestellt und organisiert. Mit Axel Schuster (von 2016 bis 2019 Sportdirektor bei Schalke 04 , Anm. d. Red.) hat man seit 2019 einen deutschen Geschäftsführer. Seitdem hat Vancouver es geschafft, sich auf allen Ebenen weiterzuentwickeln. Besonders in der Jugendarbeit sind die Fortschritte groß. Es ist erst wenige Jahre her, seit Alphono Davies für eine kurze Zeit in Vancouver war, aber wenn man die Verhältnisse damals mit denen von heute vergleicht – das ist wie Tag und Nacht. Was genau hat sich verändert? In den Nachwuchsleistungszentren wurde viel professionalisiert, die jungen Talente haben jetzt bessere Voraussetzungen, es weiter zu schaffen. Aber auch in der Transferpolitik hat sich einiges geändert, der Fokus liegt jetzt vor allem auf jungen Spielern. Vancouver steht in der Western Conference aktuell auf Platz zwei – was ist mit der Mannschaft für Thomas Müller möglich? Er wird mit den Whitecaps auf jeden Fall um Titel mitspielen können. Der Kader ist hochkarätig und ausgeglichen besetzt und seit mehreren Jahren eingespielt. Mit dem Dänen Jesper Sörensen, der seit Januar im Amt ist, haben sie einen fähigen Trainer aus Europa geholt, der der Mannschaft eine taktische Grundordnung verpasst, die es so in der MLS noch nicht ganz so oft gibt – und das zahlt sich aus. Das richtige Umfeld für Müller? Thomas kann und wird dort sicherlich auch noch mal etwas bewegen können – sowohl innerhalb der Mannschaft als auch in der Stadt. Seine neuen Teamkollegen dort werden ihn super aufnehmen und ihm direkt das Gefühl geben, dass er einer von ihnen ist. Das wird auch genau das sein, was Thomas sich wünscht und vorstellt. Und nicht vergessen: Die Whitecaps hatten mit mir ja schon mal einen Deutschen, der ständig blöde Sprüche geklopft hat, da wird sich Thomas gut einleben können (lacht). Und auch in Vancouver wird er etwas auslösen. Ja? Wenn ein Thomas Müller zu den Whitecaps wechselt, steigert das auch bei den Fans die Euphorie. Auch die ganze Liga profitiert von so einer Personalie: Das mediale Interesse wird größer, speziell in Kanada – für das Standing der MLS im Jahr vor der WM ist das eine absolute Hausnummer. Welches Standing hat der Sport im Land? In ganz Kanada ist eine gewisse Fußballbegeisterung da. Dazu beigetragen haben sowohl erfreuliche Ergebnisse der kanadischen Nationalmannschaft als auch die WM 2026, die zum Teil im Land ausgetragen wird. Die Verhältnisse sind aber ähnlich wie in den USA: Ob ein Klub großen Fanzulauf erfährt, hängt auch vom Umfeld ab: Hat eine Stadt auch noch Teams in der NFL (Football), NBA (Basketball), MLB (Baseball) oder NHL (Eishockey), dann ist es schwierig für den Fußball, da eine Lücke zu finden und große Begeisterung zu entfachen. In Vancouver ist das anders … Genau. Dort gibt es die Canucks als absolutes Eishockey-Aushängeschild, ansonsten kein weiteres Team in den anderen großen Sportarten Nordamerikas. Die Sportfans der Stadt lieben ihre Whitecaps, und das wird auch Thomas Müller merken. Müller hatte im Vorfeld schon mit "entfernteren und exotischen Ländern" geliebäugelt. Bis Vancouver sind es von München aus 8.350 Kilometer. Entfernt ist die Stadt also – aber auch exotisch? Vancouver ist eine multikulturelle Stadt mit großem asiatischem Einfluss – für mich ist es von der Lebensqualität her die beste Stadt der Welt, mit großem Abstand. Diese Kombination ist einfach einzigartig: Meer auf der einen Seite, Berge auf der anderen, und mittendrin eine hochmoderne, schöne Stadt. Das ist sehr selten. Irgendwelche besonderen Empfehlungen? Geheimtipps kann ich dem Thomas gerne selbst mitteilen, da habe ich schon eine schöne Liste erstellt (lacht). Aber so viel kann ich schon mal sagen: Das Schönste für mich war immer, nach Tofino auf Vancouver Island zu fahren. Ein malerischer 2.500-Einwohner-Ort auf der Insel. Für mich ist das der magischste Ort in ganz Kanada. Ein absolutes Muss. Anmerkung der Redaktion: Das Interview wurde vor Bekanntgabe des Wechsels von Thomas Müller nach Vancouver geführt.