Mit Hebelprodukten lassen sich Gewinne vervielfachen – aber auch Verluste. Nach alarmierenden Zahlen greift die Bafin zu einer drastischen Maßnahme. Viele Kleinanleger haben mit Turbo-Zertifikaten Tausende Euro verloren. Nun zieht die Finanzaufsicht Bafin die Notbremse: Ab Mitte Juni 2026 gelten für Anbieter deutlich strengere Regeln. Ziel ist, Privatanleger besser vor hohen Verlusten zu schützen. Doch was genau ändert sich und warum greift die Behörde erst jetzt ein? Was Anbieter künftig beachten müssen Wer Turbo-Zertifikate verkauft, muss ab Juni 2026 neue Vorgaben der Bafin erfüllen. Anbieter müssen ihre Kunden künftig standardmäßig vor den hohen Verlustrisiken dieser Produkte warnen. Zusätzlich müssen sie prüfen, ob die Käufer überhaupt genügend Kenntnisse und Erfahrungen besitzen, um die Funktionsweise solcher Hebelprodukte zu verstehen. Überdies verbietet die Bafin Kaufanreize wie Willkommensboni, Gratis-Trades oder reduzierte Ordergebühren. Diese Maßnahmen sollen verhindern, dass Kleinanleger sich aus reiner Neugier oder wegen kurzfristiger Rabattaktionen auf riskante Geschäfte einlassen. Bafin-Exekutivdirektor Thorsten Pötzsch betont: "Turbo-Zertifikate können erhebliche Verluste verursachen, umso wichtiger ist es, Transparenz herzustellen und das Risikobewusstsein der Anleger zu schärfen." Wie Turbo-Zertifikate funktionieren und warum sie riskant sind Turbo-Zertifikate gehören zu den sogenannten strukturierten Wertpapieren. Sie basieren auf einem Basiswert, etwa einer Aktie, einem Index oder einem Rohstoff. Anleger setzen mit ihnen darauf, dass der Kurs dieses Basiswerts in die gewünschte Richtung läuft – meist auf steigende, manchmal auch auf fallende Kurse. Winkt das schnelle Geld? Für wen sich Zertifikate lohnen Begrenzte Gewinne: Was sind Discount-Zertifikate und lohnen sie sich überhaupt? Der entscheidende Punkt: Turbo-Zertifikate sind mit einem Hebel ausgestattet. Das bedeutet, Kursbewegungen des Basiswerts wirken sich überproportional stark auf den Gewinn oder Verlust aus. Steigt der Basiswert beispielsweise um zwei Prozent und der Hebel beträgt fünf, gewinnt das Zertifikat rund zehn Prozent an Wert. Fällt der Basiswert jedoch um denselben Betrag, kann der Verlust ebenso schnell auf minus zehn Prozent anwachsen – bis hin zum Totalausfall. Gerade unerfahrene Anleger unterschätzen dieses Risiko oft. Schon kleine Kursschwankungen können aus einem vermeintlich guten Tipp ein teures Fiasko machen. Warum die Bafin eingreift Die Finanzaufsicht reagiert auf alarmierende Zahlen: In einer Untersuchung über fünf Jahre stellte die Bafin fest, dass rund drei Viertel aller Privatanleger mit Turbo-Zertifikaten Verluste machten. Im Schnitt verlor jeder von ihnen 6.358 Euro – insgesamt summierten sich die Schäden auf mehr als 3,4 Milliarden Euro. Besonders betroffen waren Kleinanleger, die auf rasche Gewinne hofften, ohne die komplexen Mechanismen hinter den Papieren zu verstehen. "Viele Produkte sind zu kompliziert und führen Privatanleger regelmäßig in die Irre", kritisiert die Bafin. Warum die Bafin kein Totalverbot verhängt Ein vollständiges Verbot der Turbo-Zertifikate steht derzeit nicht zur Debatte. Zwar hatte die Bafin diesen Schritt geprüft, sich jedoch nach einer öffentlichen Anhörung dagegen entschieden. Stattdessen setzt sie auf schärfere Auflagen und eine verlängerte Übergangsfrist für Banken und Emittenten. Die Behörde will den Markt nicht vollständig austrocknen, sondern sicherstellen, dass nur noch informierte und erfahrene Anleger solche Produkte nutzen. Damit bleibt der Handel mit Turbo-Zertifikaten möglich, aber künftig unter strengeren Bedingungen und mit mehr Schutz für Kleinanleger.